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McJesus

McJesus

Titel: McJesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Fitzhugh
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Er hatte nie gewusst, dass sie so über ihn dachte. Er hatte immer gedacht, dass sie böse auf ihn war, weil er sie in Heimen unterbrachte, statt sich selbst um sie zu kümmern. Sicher – er hatte das Heim bezahlt, aber das hatte er zu seiner eigenen Bequemlichkeit und niemals mit einem Lächeln getan. Und als Besucher war er nur aufgetaucht, wenn sie Probleme verursacht hatte. Vielleicht wird es Zeit, dass ich anfange, die Wahrheit zu sagen, dachte er. Aber wie wird sie auf die Nachricht von Michaels Tod reagieren? Was geschieht, wenn sie durchdreht und meine Tarnung aufdeckt? Vielleicht fange ich mit der Wahrheit über das Care Center an und arbeite mich langsam zu der wirklich schlechten Nachricht vor.
    »Weißt du, was ich mir gerade gedacht habe? Wir sollten ihn besuchen. Wir kommen eines Tages einfach in sein Büro und rufen: ›Kinderüberraschung!‹ Das wär doch was, oder?«
    »Mmm. Aber das geht nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Naja … weil …«
    »Stimmt etwas nicht?«
    »Hör zu. Ich denke, ich sollte jetzt die restlichen Beichten hören, und über alles andere sprechen wir später.«
    »Weißt du noch das vierte Gebot?«
    Verdammt, warum fragt sie mich plötzlich den Katechismus ab?
    »Äh … lass mir eine Sekunde Zeit. Das vierte, hast du gesagt?«
    »Lass dir ruhig Zeit.«
    Dan zählte die Gebote an den Fingern ab. Keine anderen Götter, Namen Gottes nicht missbrauchen, Sabbat heiligen …
    »Oh. Du sollst Vater und Mutter ehren.«
    »Gut. Und du weißt, was das bedeutet, nicht wahr? Es bedeutet, dass es eine Sünde ist, wenn du mich anlügst.«
    »Das stimmt«, sagte Dan. »Können wir später darüber reden?«
    »Okay, aber dann bist du an der Reihe.«
    »Womit?«
    »Mit beichten«, sagte Ruth.
    »Beichten?«, wiederholte Dan mit schwacher Stimme.
    »Was ist mit Michael passiert?«
    »Ähhh, dem heiligen oder dem Erzengel?«
    »Deinem Bruder«, sagte Ruth wie eine genervte Mutter. »Er ist tot, nicht wahr?«
    »Du weißt es?« Dan war bestürzt. »Wieso?«
    »Eine Mutter weiß alles.«
    »Seit wann weißt du es?«
    »Ich habe gesehen, dass Michael krank war, als er mich hierher gebracht hat. Dann ist er verschwunden, und zwei Wochen später tauchst du als Priester verkleidet auf und gehst mir aus dem Weg. Also habe ich in deinem Büro angerufen, und dort hat man mir gesagt, du seist tot. Weil ich aber wusste, dass du nicht tot bist, konnte es nur Michael sein.«
    Sie hörte, wie aufgeregt Dan atmete. »Beruhige dich. Ich häng das nicht an die große Glocke. Du bist alles, was ich noch habe. Ich will nur wissen, was passiert ist.«
    Dan erzählte Ruth die ganze Geschichte, von dem Versicherungsschwindel bis zur Beerdigung. »Warum hast du nicht schon früher etwas gesagt?«, fragte er.
    »Ich dachte mir, du hast auch so schon genug um die Ohren und würdest es mir früher oder später erzählen. Doch weil du mir ständig ausgewichen bist, hast du mich gewissermaßen zum Handeln gezwungen.«
    »Es tut mir Leid«, sagte Dan. »Ich hätte mit dir reden müssen.«
    »Ist schon in Ordnung«, sagte Ruth. »Was geschehen ist, ist geschehen. Ich habe geweint und für Michael gebetet. Und jetzt haben wir andere Probleme. Es heißt, dass man uns hier rauswirft.«
    »Ja«, sagte Dan. »Leider. Ich denke schon eine ganze Weile darüber nach, aber ich muss dir gestehen, mir fällt einfach nichts ein.«
     
    Für Millionen Menschen war Los Angeles das Gelobte Land. Leider konnte Scott Emmons sich nicht dazuzählen. An Stelle von Milch und Honig fand Scott wenig mehr als Missgunst und Chaos. Die Armen verkamen im Barrio, während die Kinder der Reichen Pläne schmiedeten und verwilderten und ihre eigenen Filme drehten. Aber wenigstens hatte er jetzt einen Job.
    Dank Ted Tibbletts warmer Empfehlung arbeitete Scott zurzeit zehn Stunden täglich im Stereo Central, einem der wenigen Geschäfte in Südkalifornien, die keine Fujioka-Produkte verkauften. Scott war sehr froh, nicht mehr ständig von More is more -Plakaten umgeben zu sein.
    Seit man ihn bei Prescott gefeuert hatte, musste er von seinem Vater Hohn und Spott über sich ergehen lassen. »Vermutlich hindert man die Unbedeutenden, die Firma zu verlassen«, war ein beliebter Satz seines Vaters. Unter dem Leidensdruck wuchs Scotts Entschlossenheit, Dan Steele zu finden – den Mann, der ihn der einzigen Gelegenheit, die er je hatte und haben würde, beraubt hatte, seinem alten Herrn zu beweisen, dass er kein Versager war. Für diese Sünde würde Dan ihm büßen

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