Meagan McKinney
unbelastetes Leben führen. Und wollte er Kinder? Sie dachte wieder an
seinen Kommentar in Fenian Court, als Mara sich nach der Möglichkeit eines
Neffen oder einer Nichte erkundigte. Er hätte gesagt, sie könne ein Kind haben,
wann immer sie wollte, aber er hatte es nur wegen Mara gesagt. Er hatte es
nicht wirklich gemeint. Sein Augenmerk lag auf der Börse und auf seinem
Vermögen. Er würde nicht wollen, daß die Unbequemlichkeit einer Familie ihn
behinderte.
Der letzte
Gedanke deprimierte sie besonders. Aber wenn sie einen Traum aufgeben mußte, um
zu bekommen, was sie wirklich wollte, so würde sie es ohne Reue tun und nie
wieder zurückblicken. Sie wollte einen echten, wirklichen Ehemann, mit allem,
was dieses Wort beinhaltete.
Der Morgen
graute schon, als sie endlich Schlaf fand. Es war spät, als Margaret sie weckte,
indem sie mit dem Frühstück hereinkam. Alana stand auf und zog sich rasch an.
Sie hielt sich nicht lange mit dem Kaffee auf, denn sie wollte bald mit Trevor
sprechen und ihr Verhalten vom gestrigen Abend irgendwie erklären und
wiedergutmachen. Sie wollte sich entschuldigen und ihm vielleicht zeigen, daß
sie nicht mehr verwirrt und widerwillig war.
Als sie
sich ein rotes Samtband um den Haarknoten wand, sah sie in den Spiegel und war
zufrieden mit ihrem Aussehen. Sie trug ein bescheidenes Kleid aus grasgrünem
Satin, das die Farbe ihrer Augen hervorhob. Sie kniff sich in die Wangen, um
ihnen eine rosige Tönung zu verleihen, und plötzlich war die Eisprinzessin
verschwunden. In ihrem Spiegel sah sie eine mädchenhafte Frau, die darauf
brannte, mit ihrem Ehemann zu sprechen.
Sie entließ
Margaret und wandte sich zu den Türen, die Trevors Zimmer von ihrem trennte.
Anders als in Newport waren diese nicht vergoldet, sondern geschnitzt und mit
mittelalterlichen Motiven wie Schilden und Kleeblättern verziert. Diese Türen
hätten der Eingang zu einer finsteren, verbotenen Festung sein können.
Sie
ignorierte ihr Schaudern, klopfte an die Tür und wartete auf Trevors knurrige
Antwort. Aber es kam keine. Sie klopfte wieder und wieder, aber er antwortete
immer noch nicht. Sie wollte sich gerade abwenden, als ihr die Idee kam, daß er
in seinem Ankleidezimmer sein konnte, wo er sie nicht hören würde. Langsam
drehte sie an dem schweren Knauf, öffnete und lugte hinein. Sein Zimmermädchen
hatte das Bett noch nicht gemacht, also war es wahrscheinlich, daß er sich
noch anzog. Sie trat ein, ohne die Furcht und das Unbehagen unterdrücken zu
können, die plötzlich in ihr aufstiegen. Sie war ziemlich dreist, aber sie
wollte hier mit ihm sprechen, und nicht unten, wo viele Leute zuhören konnten.
Und sie wollte ihm auch keine Nachricht schicken. Sie hatte das in letzter Zeit
häufig genug getan, um ihre verletzten Gefühle zu verdecken. Nun war Zeit für
Worte.
»Trevor!«
rief sie in Richtung seines Ankleidezimmers, und ihre Stimme wurde plötzlich
schüchtern. Als sie wieder keine Antwort bekam, rief sie erneut, diesmal
kräftiger und lauter, aber ihr Ruf hallte nur unbeantwortet in dem leeren Raum
wider. Sie hielt an seinem
Schreibtisch an, ohne es zu wagen, einfach in sein Ankleidezimmer zu schauen.
Er war aufgestanden und gegangen. Nun mußte sie ihn in diesem Labyrinth von
Haus finden und hoffen, daß sie ihn überreden konnte, mit ihr unter vier Augen
zu sprechen.
Enttäuscht
wollte sie gerade gehen, als ein Brief auf dem Tisch ihre Aufmerksamkeit anzog.
Besser: Es war nicht der Brief, der sie neugierig machte, sondern die
Unterschrift, die mit blauer Tinte in geschwungenen Buchstaben darunter
gesetzt worden war. Der Name lautete Daisy.
All ihre
Erziehung, ihr Anstand und ihr Bedürfnis nach Selbstschutz schrien in ihr auf,
diesen achtlos auf den Tisch geworfenen Brief nicht zu lesen. Ihre Vernunft
befahl ihr, sich zurückzuziehen, in ihr Schlafzimmer zu flüchten und den Kopf
in den Sand zu stecken. Doch ihr Herz, das verzweifelt wissen wollte, ob es
Hoffnung für ihre neuentdeckten Gefühle geben konnte, ließ sie die Hand nach
dem Papier ausstrecken.
Mein
Liebling Trevor,
Du hattest
gelogen! Welch eine lästige Störung Deine Ehe mir jetzt schon ist! Und wie
entsetzlich, daß ich sie tolerieren muß! Wenn Dir wirklich etwas an mir liegt,
kommst Du heute zu mir. Ich bin so einsam, mon cher.
Dein Engel,
Daisy!
Postscript: Ich weiß, daß Deine Flitterwochen vorbei sind. Es stand in der Zeitung.
Alana richtete sich auf, ihr Gesicht war
bleich, ihr Herz schwer. Wenn sie nicht so
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