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Meeres-Braut

Titel: Meeres-Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
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Mutter hinüber und umarmte sie. »Aber meine Liebe, du hast ja abgenommen! Hast du denn auch genug gegessen?« rief Godiva. Das war natürlich ein Scherz, denn sie wußte um die Zentaurenmagie und konnte selbst sehen, daß Gwenny alles andere als abgemagert war, sondern daß sie inzwischen eine recht hübsche Koboldmädchenfigur abgab. Immerhin war sie schließlich vierzehn Jahre alt, was für ein Koboldmädchen auch ungefähr alt genug war. Natürlich hätte ihr keiner der Erwachsenen jemals verraten, wozu sie alt genug sein sollte. Manchmal konnten Erwachsene wirklich furchtbar lästig sein.
    »Weshalb bist du gekommen, Mutter?« fragte Gwenny.
    Da wurde Godiva todernst. »Dein Vater ist tot. Du weißt selbst, was das heißt.« Sie tat gar nicht erst so, als würde sie trauern; Gichtig Kobold war ein typischer Koboldmann gewesen, was wiederum bedeutete, daß er nur wenige gewinnende Züge besessen hatte.
    Plötzlich durchfuhr Gwenny ein eisiger Schauer. Sie wußte in der Tat, was das zu bedeuten hatte: daß ihre idyllische Zeit bei der Zentaurenfamilie zu Ende war, möglicherweise sogar ihr Leben selbst. Denn sie stand an nächster Stelle in der Erblinie des Häuptlingsamts der Kobolde vom Koboldberg – das erste weibliche Wesen, das jemals dieses Amt übernehmen würde.
    »Mutter, ich bin noch nicht bereit!« sagte sie.
    »Das weiß ich, Liebes. Ich hatte gehofft, daß dein Vater noch ein paar Jahre länger leben würde, damit du entsprechend Zeit gewinnst. Doch nicht einmal darin war er entgegenkommend. Nun heißt es, jetzt oder nie.«
    »Aber die Brille… zu Hause kann ich sie nicht tragen, und ohne sie sehe ich nicht gut genug, um überhaupt irgend etwas unternehmen zu können. Das würde mich doch sofort disqualifizieren.«
    »Auch das weiß ich, Liebes. Aber es gibt andere Möglichkeiten. Wir müssen dir ein paar magische Kontaktlinsen besorgen.«
    Da meldete sich Chex zu Wort. »Wir haben schon zwei Jahre lang nach einem geeigneten Linsenstrauch gesucht, aber sie scheinen einer Seuche zum Opfer gefallen zu sein.«
    Godiva seufzte. »Das hatte ich befürchtet. Dann können wir nur noch eins tun: Wir müssen sie zum Guten Magier bringen, um herauszufinden, wie sie diesen Makel wettmachen kann.«
    »Warte, Mutter«, warf Gwenny ein. »Du sollst nicht so etwas für mich tun.«
    »Aber meine Liebe, die Zeit drängt. Wir haben nur noch einen Monat, bis der neue Häuptling sein Amt antreten soll. Nur der Gute Magier kann wissen, wo man sofort Kontaktlinsen herbekommt.«
    »Das stimmt, Mutter. Aber ich muß allein zu ihm. Wenn ich das nicht ohne Hilfe von Erwachsenen kann, wie soll ich da jemals Häuptling werden?«
    »Sie hat recht, Godiva«, meinte Chex. »Sie muß jetzt ihre eigenen Herausforderungen meistern. Im Koboldberg wird man dir nicht gestatten, ihr zu helfen, und die Herausforderung, den Guten Magier zu erreichen, ist gewiß sehr viel weniger anstrengend. Sie muß in der verbliebenen Zeit praktische Erfahrung sammeln, so kurz diese auch sein mag.«
    Die Koboldin schwieg auf angewiderte Art. Zentaurenlogik war eben unwiderlegbar.
    »Aber ich denke, es wäre zulässig, wenn ihr Gefährte sie begleitet«, fuhr Chex fort.
    »Aber Che ist doch noch jünger«, wandte Godiva ein. »Die Gefahr…«
    »Die Flügelungeheuer werden ihn beschützen wie einen der Ihren.«
    Godiva nickte. »Diesen Schutz haben wir schon kennengelernt.«
    Da wußte Gwenny, daß es in Ordnung war. In letzter Zeit hatte sie gelernt, einige der Feinheiten der Erwachsenenunterhaltung zu begreifen, die doch manchmal um einiges feinsinniger war, als Kinder es zu würdigen wußten. Die Zentaurin hatte tatsächlich gesagt, daß die Flügelungeheuer sich um Che und seine Gefährtin, Gwenny selbst, kümmern würden. Chex war selbst ein Flügelungeheuer und hatte schon die ganze Zeit für beide gesorgt. Godiva hatte dies anerkannt: Sie hatte Chex deswegen gerade ein Kompliment gemacht.
    Also würden sie zulassen, daß Gwenny und Che allein loszogen, um den Guten Magier aufzusuchen. Sollte wirklich irgendeine schlimme Gefahr drohen, würden die Flügelungeheuer eingreifen, die alle einen Eid geleistet hatten, Che zu beschützen. Das könnte einen recht formidablen Eingriff bedeuten; einmal hatten sie beinahe den Koboldberg selbst zerstört, als sie geglaubt hatten, daß Che dort gefangen sei.
    »Morgen früh gehen wir los«, sagte Gwenny. »Wir können die magischen Wege nehmen, dazu Oma Chems Landkarte.« Tatsächlich würde es nur eine Kopie

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