Mehr als nur Traeume
beeilten, Dougless’ Befehle auszuführen.
»Da hast du dir was Feines angelacht, Bruder«, meinte Kit vergnügt. »Die hat Haare auf den Zähnen.« Nicholas hielt seinen Bruder noch immer umklammert, als fürchtete er, Kit würde sterben, wenn er ihn losließe. »Vielleicht könntest du mal meine Kleider für mich holen«, raunte er dann in Nicholas’ Ohr, als er sah, wie Dougless zum Ufer des Sees rannte, wo er seine Sachen abgelegt hatte.
Nicholas nahm die Arme von Kits Schultern und setzte sich in Bewegung. Es war eher ein Torkeln als ein Gehen. Der Blutverlust, der scharfe Ritt, die Angst um Kits Leben, die Aufregung - das alles hatte ihn sehr geschwächt. Dougless trat von Kits KIeiderbündel weg und sah zu, wie Nicholas die Kleider seines Bruders einsammelte und sie Kit brachte.
Der nahm sie so feierlich entgegen wie ein Prinz die Krone, wenn er zum König gesalbt wird. Dann grinste er. »Und jetzt solltest du dich lieber hinsetzen, kleiner Bruder«, sagte er, als Nicholas ihm beim Anziehen helfen wollte.
Nicholas machte einen Schritt von ihm weg, taumelte, und Dougless fing ihn auf, damit er nicht auf den Boden fiel, statt sich zu setzen. Dann kauerte sie neben ihm nieder. Er drehte ihr den Rücken zu und legte dann den Kopf in ihren Schoß.
»Nun erkenne ich meinen Bruder schon eher wieder«, sagte Kit lachend. Dann blickte er hoch, weil seine Männer auf die Lichtung zurückkamen.
Dougless sah auf Nicholas hinunter und strich ihm die verschwitzten schwarzen Locken aus der Stirn. Endlich hatte sie ihren Nicholas wiedergefunden - den Mann, den sie geliebt und dann verloren hatte.
»Hast du wieder Zwiebeln in den Augen?«
Als sie die ihr von damals noch so vertrauten Worte hörte, wurden ihr tatsächlich die Augen naß. »Es ist der Wind«, murmelte sie. »Sonst nichts.« Sie lächelte ihm zu. »Gib mir deinen Arm. Ich will sehen, was du mit ihm angestellt hast.«
Gehorsam hielt er ihr den Arm hin, und der Magen wollte sich ihr umdrehen, als sie den nassen, mit Blut durchtränkten Verband sah und das verkrustete Blut an seiner Hand.
»Wie schlimm ist es?«
»Ich glaube nicht, daß ich den Arm verlieren werde. Die Blutegel werden .. .«
»Blutegel! Du kannst dir keinen Blutverlust mehr leisten.« Sie blickte hoch und sah, daß Kit nun wieder angezogen war und zwei Männer ihn stützten, als er zu seinem Pferd ging.
»Nicholas, steh auf. Wir reiten zum Haus zurück, wo ich deinen Arm versorgen werde«, sagte sie.
»Nein«, murmelte er. »Es wäre mir lieber, wenn wir beide hierblieben.«
Er hatte diesen weichen, warmen, sinnlichen Blick unter halbgesenkten Lidern, der ihr versprach, sie glücklich zu machen, wenn sie hierbliebe.
»Nein«, sagte sie, obwohl sie sich unwillkürlich zu ihm hinunterbeugte, um ihn zu küssen.
»Das >Nein< einer Frau hatte schon immer einen besonderen Reiz für mich«, flüsterte Nicholas, während er seinen unverletzten Arm um ihren Hals legte.
Ihre Lippen trafen sich nicht.
»Nein, das tust du nicht«, sagte Dougless streng. »Du stehst jetzt auf. Los, Nicholas, es ist mein Ernst. Du wirst mich nicht dazu überreden, das zu tun, was du jetzt vielleicht gern möchtest, während dein Arm inzwischen brandig wird. Wir müssen ins Haus zurück, die Wunde säubern und sie dann von Honoria nähen lassen.«
»Honoria?«
»Sie kann besser nähen als irgendwer sonst.«
Er runzelte die Stirn. »Der Arm tut ziemlich weh.« Er hob langsam, widerstrebend, den Kopf aus ihrem Schoß, aber als er auf der Höhe ihres Gesichts war, drückte er rasch einen Kuß auf ihre Lippen.
Sie ritten langsam zum Haus der Staffords zurück, und als sie sich dem Gebäude näherten, versuchte Dougless ihre Kleider zu ordnen. Aber ihr Oberteil war blutig, schmutzig und zerrissen. Damit ließ sich kein Staat mehr machen. Und irgendwo im Wald hatte sie auch noch ihre kleine, mit Perlen besetzte Kappe verloren. Und jetzt fiel ihr zudem ein, daß sie an Lady Margaret vorbeigerannt war, ohne ein Wort mit ihr zu sprechen oder sie gar zu grüßen. Und dann hatte sie die hintere Gartenpforte Lady Margaret praktisch vor der Nase zugeworfen. Und nun kehrte sie wie eine Straßendirne ins Haus zurück, mit zerissenen Kleidern und gegrätschten Beinen auf einem Männersattel, wobei ihr die Röcke fast bis zu den Knien hinaufrutschten.
»Ich glaube nicht, daß ich in diesem Aufzug vor deiner Mutter erscheinen kann«, sagte sie zu Nicholas.
Der warf ihr nur einen verwunderten Blick zu, sah dann aber zur
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