Mein mutiges Herz
nähern. Von Anfang an hatte er versucht, ihr klarzumachen, dass eine Affäre zwischen ihnen zu nichts führen konnte. Vielleicht ahnte er, sie habe endlich akzeptiert, dass er recht hatte.
„Ich wünschte, ich könnte noch bleiben“, sagte sie in gespielter Gleichgültigkeit. „Aber ich muss zurück sein, bevor meine Tante sich Sorgen macht.“
Thor wandte sich ab. Als er sie wieder ansah, war sein Blick undurchdringlich. „Ja, das ist vernünftig.“
Sie nickte und ging schweren Herzens zu ihrem Pferd. Thor hob sie in den Sattel.
Lindsey räusperte sich. „Hast du noch etwas über Penelope Barker herausgefunden?“
„Noch nicht, aber ich versuche es weiter. Versprichst du mir, vorsichtig zu sein?“
„Ja, ich verspreche es.“ Sie wünschte sich so sehr, ihn zu berühren, sich hinunterbeugen und ihn zu küssen, wusste indes, was danach geschehen würde. Nach letzter Nacht war sie sich dessen deutlicher bewusst denn je. Vor ihr lag eine andere Zukunft, ein anderes Leben – ein Leben, in dem kein Platz für Thor war. Es war höchste Zeit, die Affäre zu beenden.
„Ich muss los“, fuhr sie mit belegter Stimme fort.
Thors tiefblaue Augen sahen sie forschend an, aber er machte keine Anstalten, sie zurückzuhalten.
Lindsey wandte sich ab, schwenkte ihr Pferd herum und drückte ihm die Fersen in die Flanken.
„Versprich mir, vorsichtig zu sein“, hatte er gesagt. Ach, hätte sie seine Worte nur beherzigt, bevor sie sich in ihn verliebt hatte.
20. KAPITEL
Thor hielt Saber in einiger Entfernung zu den Zuschauern am kurzen Zügel und wartete ungeduldig auf Lindseys Erscheinen. Die Jockeys begannen bereits, sich am Start zu versammeln. Aber sie war immer noch nicht da.
Vielleicht ist es besser so, redete Thor sich ein. Und dann erfasste ihn eine Welle der Erleichterung, als er sie entdeckte, wie sie sich im Laufschritt näherte in ihrer männlichen Reitkluft, das Haar unter einer schwarzen Reiterschirmmütze verborgen.
„Tut mir leid, dass ich mich verspäte“, erklärte sie atemlos. „Ich musste warten, bis alle anderen aus dem Haus waren.“
„Du hast deine Meinung also nicht geändert?“
Lächelnd schüttelte sie den Kopf. „Ich habe den anderen gesagt, ich fühlte mich unpässlich und käme später nach.“
„Und diese fadenscheinige Ausrede hat man dir geglaubt?“
„Nun ja, Tante Dee und die anderen wissen, wie sehr ich das Derby liebe und dass ich es nicht verpassen würde, wäre ich nicht ernsthaft krank. Krista bot sich an, bei mir zu bleiben, aber ich beschwor sie, sich mit Leif das Rennen anzusehen.“
Thor furchte die Stirn. „Es stört mich irgendwie, dass du eine so gute Lügnerin bist.“
Lindsey schmunzelte. „Es geht schließlich um meinen Sieg.“
Hinter einem dicken Baumstamm, vor neugierigen Blicken geschützt, nahm er ihr Gesicht in beide Hände. „Bitte versprich mir, nicht tollkühn zu sein.“
„Natürlich nicht“, entgegnete sie schnippisch und verstärkte damit seine Unruhe nur noch. Nach einem kurzen Kuss hob er sie aufs Pferd, führte Saber im Kreis, während Lindsey den Hengst streichelte und ihm gut zuredete.
Dann schaute Thor ihr mit bangem Herzen hinterher, als sie zur Startlinie ritt, um ihre Position neben den anderen Pferden und Jockeys einzunehmen. Der Schuss der Startpistole erklang, bevor Saber Zeit hatte, nervös zu werden, und Lindsey preschte im gestreckten Galopp los, legte ein halsbrecherisches Tempo vor, um sich noch im ersten Viertel des Rundkurses in die Spitzengruppe der Konkurrenten einzureihen.
Thor beobachtete, wie Pferd und Reiter sich in dritter Position der ersten Hecke näherten. Saber, der sich völlig auf das Hindernis konzentrierte, nahm es mit Leichtigkeit und setzte auf der anderen Seite sicher auf. Nach ein paar weiteren Sprüngen verschwand das dicht gedrängte Feld hinter der ersten Biegung, Thor spähte angestrengt in die Richtung, bis der letzte Teilnehmer verschwunden war.
Man hörte nur noch donnernde Hufschläge auf der zweieinhalb Meilen umfassenden Rundstrecke, die für das Rennen abgesteckt worden war. Thors Herz trommelte gegen die Rippen; er schickte ein stummes Stoßgebet zum Himmel und flehte, Lindsey möge das Rennen heil überstehen.
Schließlich schweifte sein Blick über die aufgeregte Zuschauermenge. Das ganze Dorf und viele Menschen aus der Umgebung hatten sich eingefunden. Lindseys Tante und ihre Gäste standen in einiger Entfernung und verfolgten das Rennen in höchster Spannung. Leif und
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