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Mein Name ist Eugen

Mein Name ist Eugen

Titel: Mein Name ist Eugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Schädelin
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goldene Hosenböden heimbrachten. Sie fragten uns, woher das komme, und der Wrigley in seiner Verlegenheit antwortete philosophisch, Handwerk habe nun einmal goldenen Boden.
    Auf den Rat der Schwester klopften sie die Hosen kräftig aus — leidigerweise, während wir noch darin waren. So fing es an, und während vieler Wochen bereitete mir mein ehemaliges Oxyd Verdruss: Was man auch für Vorkehren traf — jeder, der es bestieg, erwischte Gold, und wenns regnete, hinterliess es einen goldenen Schweif — bis es nach vielen Zwischenfällen und Abreibungen am Ende wieder mein altes Oxyd war.
    Seither möchte ich jedem Freunde raten: Probiert nie etwas von der Schwester aus! Denn auch jene andere Sache mit dem Parfüm hatte ein übles Ende genommen!
    Das kam so:
    Wrigley’s hatten im Kurdistan, dem Land des sechsundvierzigsten Bandes von Karl May, einen Onkel, welcher dort eine Rosenplantage betrieb. Der schickte jener Schwester einmal eine Flasche mit
    «Fatimas Rosenessenz, 1000-fach»
    und auf dem Prospekt stand geschrieben, der Duft des Orients sei in eine Flasche gebannt und der Traum aller Frauen.
    Die Wirkung war in der Tat verblüffend: Gleich nach dem Empfang strich sich Wrigleys Schwester einen Tropfen ans Ohrläppchen, und das roch so stark und unabreiblich, dass man lange Zeit befürchtete, man müsse das Ohrläppchen amputieren. Seitdem stand die Flasche zu hinterst im Apothekerschrank, bis zu jenem ganz und gar ungeahnten Verwendungszweck:
    Dummerweise hatten Wrigleys eine Katze. Sie war Vaters Stolz. Er erzog sie spartanisch, wie er das nannte, und nährte sie lange Zeit redlich mit Brot, Salat und Obst.
    Aber nur so lange, bis sie verführt wurde!
    Immer öfter verschwand sie nämlich tagelang, und wenn sie heimkam, konnte ihr der Vater Brot einbrocken, so viel er wollte, und sie zuckte nicht mit der Wimper. Es war ganz klar, dass ihr jemand in der Nachbarschaft gemeinerweise Fleisch zu fressen gab, worauf sie zu Hause eine Kostverächterin wurde.
    Den Vater machte dieser Umstand grimmig, und er erteilte uns den Auftrag, herauszubringen, wo die Fleischtöpfe Ägyptens, wie er dem sagte, standen.
    Das war eher gesagt als getan!
    Bis zum Dachfirst verfolgten wir sie mit Leichtigkeit. Aber nach einem Sprung über die Brandmauer entschwand sie unseren Blicken, und wenn wir uns mit Mühe hinaufgehangelt hatten, war sie verschwunden: Durch irgendeine der hundert Lukarnen machte sie sich in ein anderes Haus hinunter, und ich glaube, wir hätten ihre Fährte auf ewig verloren, wäre der Wrigley nicht auf die Idee mit der Geruchspur gekommen.
    Wir brachten die Katze in einer ihrer satten Stunden in den Garten hinaus, hielten sie an den Beinen fest, und der Wrigley leerte die ganze Flasche «Fatimas Rosenessenz 1000-fach» über ihr aus, worauf wir sie durchnässt laufen Hessen.
    Die Geruchspur wirkte — aber ganz anders, als wir meinten!
    Allüberall roch es nach Fatima, im Haus und auf der Strasse, und noch kein Tag war vergangen, da war das ganze Quartier eine einzige Geruchspur. Das Kätzlein wurde nicht ein Traum der Frauen, sondern ein Angsttraum von uns braven Knaben, und der Duft des Orients brachte uns viel Klagen und Unbill ein, weil jeder, welcher der Katze begegnete, mindestens fünfzigfach nach Fatimas Rosenessenz roch.
    Der Vater prügelte uns weich, und in der Schule wurden wir verspottet, weil man uns die Essenz auf hundert Schritte anmerkte: Für einen Knaben gibt es nichts entehrenderes, als Rosenaroma!
    Das Resultat unserer ganzen Bemühungen war am Ende bloss, dass die Katze im buchstäblichen Sinn des Wortes verduftete und nie mehr gesehen ward.
    Das lasse sich darum jeder Knabe als Warnung dienen, wenn er es in guten Treuen mit den Sachen der Schwester zu tun bekommt.
    Kurz und gut: Wir bestiegen unsere Fahrräder und ich mein Oxyd und machten uns heimlich gotthardwärts davon. Alles wäre gut gegangen, aber leider kamen wir bei Tageslicht nach Bodio, dorthin, wo es immer Rauch hat. Wir sassen auf den Dorfbrunnen und assen eine Melone, welche der Eduard gemietet hatte. Am niedrigen Kirchturm, an welchem unglücklicherweise eine Leiter lehnte, schlug es halb neun, und der Wrigley stellte ganz beiläufig die Frage, was wohl geschähe, wenn man die Finger zwischen beide Zeiger hielte, bis es viertel vor ist: Ob es wohl den Finger abklemme, oder ob die Uhr stehen bleibe?
    Nach heftiger Diskussion waren wir zwei zu zwei geteilter Meinung, und darum musste es der Eduard ausprobieren. Er bestieg

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