Mein Weg mit Buddha
Kaschmirpullover von Chanel. Jaaaa!
Also erst einmal abwarten. Ich setze mich vor unseren Gohonson und chante eine Weile. Dann fällt mir ein, dass ich für den Fall, dass wir heute Abend ausgehen, noch schnell mein »kleines Schwarzes« aufbügeln könnte. Ich schnappe mir auch noch das Lieblingshemd meines Gefährten (ehrlich gesagt: nicht sein, sondern mein Lieblingshemd) und unterziehe es dieser schrecklich öden Prozedur. Ich hasse Hemdenbügeln! Angeödet betrachte ich, während das Eisen hin und her gleitet, den Bezug des Bügelbretts und studiere die dort als Deko aufgedruckten Textilpflegesymbole. Interessant. Einige dieser Piktogramme fallen mir heute zum ersten Mal auf.
Erneut klingelt das Telefon, mein Freund L. kann tatsächlich mit Austrian Airlines fliegen. Problem gelöst! Also auf zum Flughafen. Doch wo ist mein Auto? Das glaube ich jetzt nicht. Das glaube ich einfach nicht! Putain de merde! Ich renne im Zickzack die ganze Straße auf und ab. Dann nehme ich mir die Nebenstraßen vor. Absolut nichts. Na bravo! Da hat mir also wirklich jemand das Auto geklaut! Also wieder nach oben in die Wohnung. Papiere holen, für die Polizei. Und meinen Mann anrufen. Ich drehe fast durch, als er zu lachen anfängt. »Ist dir klar, chérie«, so nennt er mich sonst nie, ich hasse dieses Wort, »dass wir gestern bei meinen Eltern waren und du das Auto dort stehen gelassen hast? War wohl doch ein bisschen zu viel von dem guten Rotwein. Wir sind mit dem Taxi gefahren, tu te souviens?« Er lacht sich kaputt und mir fällt ein Stein vom Herzen. »Je vous aimes, Monsieur. Merci«, und damit rase ich los, springe in die Métro, erstehe bei Fauchon noch schnell eine Flasche Rosé-Champagner und finde mein Auto unversehrt vor dem Haus meiner zukünftigen Schwiegereltern. Ich gebe den Champagner ab – ich weiß, der ist für sie das Größte! – trinke kurz noch einen Kaffee, dann ein bisous und ab zum Flughafen …
L. ist gerade angekommen. Ich sehe ihn schon hinter der Glastür. Die Glastür … An genau dieser Stelle hatte alles begonnen vor etwas mehr als drei Jahren. Eine Liebe auf den ersten Blick … »Hallo, in welchem Universum bist du gerade?«, reißt mich L. aus meiner Träumerei. »Entschuldigung … Ähmmm … Ich freue mich total, dass du da bist.«
Inzwischen ist es später Nachmittag. Wir geraten in die Rushhour, aber wir haben uns so viel zu erzählen, dass die Zeit im Stop-and-go auf den Boulevards périphériques wie im Fluge vergeht. Ich bin gespannt, was die beiden Männer voneinander halten, schließlich haben sie sich noch nie gesehen. Aber sie haben eines gemeinsam: den Buddhismus, den sie in mein Leben gebracht haben …
Diese Geschichte ist relativ unspektakulär. Ein Tag, wie er bei jedem von uns – so oder so ähnlich – ablaufen könnte.
Die »Zehn Welten« sind gewissermaßen die Grundbausteine und neben dem Prinzip von Ursache und Wirkung das Fundament des Buddhismus.
Sie bestehen aus:
1. Hölle (Zustand des Leidens)
2. Hunger (Welt der Begierden)
3. Animalität (wir werden von Trieben beherrscht)
4. Ärger (Zustand von Arroganz und Konkurrenzdenken; Welt der Konflikte) Diese Zustände werden die »Vier bösen Pfade« genannt. Sie bedeuten schlicht und einfach Unglück und Unruhe.
5. Ruhe (ein neutraler Zustand der Ausgeglichenheit)
6. Vorübergehende Freude (ein Zustand, in dem wir überglücklich sind, weil ein Wunsch oder eine Begierde erfüllt wurde; doch dieser Zustand ist temporär und dauert nur so lange an, wie es die Umstände zulassen). Diese »Sechs Pfade« werden durch äußere Ursachen ausgelöst.
7. Lernen (wir lernen etwas von anderen)
8. Teilerleuchtung (wir begreifen das Leben durch eigene Beobachtung)
9. Bodhisattva (Zustand von Mitgefühl und Selbstlosigkeit; die Freude darüber, anderen zu helfen)
10. Buddhaschaft (Zustand undefinierbaren Glücks, das nicht mehr von äußeren Umständen abhängt; wenn wir als Bodhisattva handeln, ebnen wir den Weg zu unserer Buddhaschaft)
Die letztgenannten Welten werden die »Vier edlen Pfade« genannt, die nur durch eigenes Bemühen und innere Anstrengung erreicht werden können.
Die kleine Geschichte zeigt, dass all diese Lebenszustände permanent und gleichzeitig in unserem Leben präsent sind. Wir können sie innerhalb kürzester Zeit durchlaufen und in Sekundenschnelle von einem Zustand zum anderen wechseln. Die ersten neun Welten sind ganz klar erfassbar, nur der Buddhazustand nicht. Das bedeutet aber nicht, dass es ihn
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