Mira und die verwunschenen Kugeln (German Edition)
einfallslos, und ahnte nichts von Arachondas außergewöhnlichen Fähigkeiten. Eine prächtige Hochzeit wurde gefeiert mit Gelächter und Tanz. Nur Arachonda saß unter den fröhlichen Gästen wie eine Fremde, und ihr war, als wäre das weiße Brautkleid ihr Leichentuch, unter dem ihr wildes freies Herz für immer aufhören würde zu schlagen.
Doch Arachonda starb nicht an jenem Tag. Ihr Herz schlug weiter, doch es war klein, hart und böse geworden.
Sie bauten sich ein elegantes Haus in der Stadt, und zur Erinnerung an den Tag, an dem sie Cyril das erste Mal begegnet war, ließ Arachonda auf den höchsten Punkt des Hauses eine Krähe setzen.«
»Die Krähe auf dem Turm!«, rief Mira. »Wo ist dieses Haus?«
Das Silbermännchen sah sie überrascht an. »Die schwarze Hexe ist nie aus diesem Haus ausgezogen.«
»Es ist das Haus der schwarzen Hexe?«, fragte Mira aufgeregt.
Das Silbermännchen nickte.
»Ich suche ein Zimmer mit runden Fenstern, von dem aus ich diese Krähe sehen kann!«
Das Silbermännchen sah sie kurz an.
»Du meinst das Nachbarhaus. Es hat einen kleinen Turm mit einem runden Fenster. Es ist übrigens mit einem Geheimgang mit dem Haus der schwarzen Hexe verbunden. Etwas, was sie nie wusste. Wie so vieles, was sie nicht weiß.« Das Silbermännchen sah wehmütig aus. »Aber ihr wollt sicher hören, wie die Geschichte weitergeht?«
Mira und Rabeus nickten.
»Arachonda lebte sehr zurückgezogen in ihrem neuen Haus und begann, sich heimlich mit dunkler Magie zu beschäftigen. Nach kurzer Zeit schon konnte sie besser zaubern als je eine Hexe vor ihr. Und dann kam Cyril zurück. Vier Jahre war er weg gewesen, hatte die unglaublichsten Abenteuer bestanden und die Kugeln mitgebracht.
Kaum einer erkannte in dem gut angezogenen Edelmann den Gaukler wieder, der vor Jahren hier gelebt hatte. Als Cyril erfuhr, dass Arachonda geheiratet hatte, brach ihm das Herz. Nun besaß er die Kugeln und war reicher noch als der Fürst, dem er auf der Burg gedient hatte, aber er selbst fühlte sich wie der unglücklichste Mensch auf Erden. Wie hatte Arachonda nur einen anderen heiraten können?
Am liebsten wäre er gleich wieder in die Ferne aufgebrochen, doch der Fürst, der selbst kinderlos war, nahm ihn an Sohnes statt auf und bot ihm an, auf der Burg zu leben.«
Das Silbermännchen sah zu Rabeus auf, der plötzlich zusammengezuckt war. »Was ist?«
»Ich dachte, ich hätte Schritte gehört«, murmelte Rabeus. Mira und das Silbermännchen hielten für einen Augenblick die Luft an. Doch Rabeus schüttelte den Kopf. »Sie sind weitergegangen.«
»Cyril aber brachte nicht nur die Kugeln mit«, fuhr das Silbermännchen fort. »Auf seinen Reisen hatte er viele Zauberer kennengelernt und manche folgten ihm und ließen sich in Schwarzburg nieder.«
»Und er und Arachonda sind sich nie mehr begegnet?«, fragte Mira.
Das Silbermännchen nickte. »Doch, einmal! Ein einziges Mal suchte sie Cyril noch auf. Er war mittlerweile alt geworden und lebte allein mit seinen Büchern und Zeichnungen im Turm seiner Burg.«
»Aber weshalb wollte sie ihn denn noch sehen?«, fragte Mira.
Das Silbermännchen machte eine kleine dramatische Pause. Mira und Rabeus sahen es gespannt an.
»Sie hatte das Geheimnis der Unsterblichkeit entdeckt und wollte es kurz vor seinem Tod mit ihm teilen«, flüsterte es.
Mira schluckte. Dunkel gurgelte der Fluss zu ihren Füßen.
In diesem Moment drang ein Klirren, gefolgt von einem Quietschen vom Tunnel durch die Halle. Aufgeregte Stimmen sprachen schnell durcheinander.
Mira sah Rabeus an. Jemand musste das Gitter hochgezogen haben.
Drei dunkle Figuren wateten durch das Wasser auf die kleine Gruppe in der Halle zu.
»Ich wusste, dass sie hier sind«, sagte eine Männerstimme triumphierend, als er die Kinder und das Silbermännchen entdeckte.
»Und was soll ’n das da sein?«, rief eine durchdringende hellere Jungenstimme.
»Ein Geistwesen!«, jubelte Xenia, die plötzlich hinter den Männern auftauchte. »Die schwarze Hexe wird entzückt sein, wenn wir dich wieder zu ihr bringen!«
»Das glaube ich nicht«, rief das Silbermännchen, das nun sehr blass aussah. Es hob die Hand, und in diesem Moment erfasste ein Windstoß die graue Karte und wirbelte sie hoch. Mira wollte nach ihr greifen, doch sie flog nach oben, tanzte dort kurz in der Luft und wurde auf das schwarze Wasser des Kanals geweht. Dort trieb sie auf den Wellen.
»Nein!«, rief Mira verzweifelt.
Das Silbermännchen war immer
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