Miss Monster
gelassen.
»Du weißt auch mehr.«
»Kaum.«
Sie zerknackte ein Stück Apfel zwischen ihren Zähnen und machte den Eindruck, als würde sie sich sehr wohl fühlen.
Brenda stieß sie an. Sie richtete ihre grünen Augen auf die Freundin.
»Weißt du, was ich für ein Gefühl habe?«
»Nein.«
»Daß mit Redstone irgend etwas passiert ist. Ich glaube fast, daß es ihn erwischt hat.«
»Wie meinst du das denn?«
»Kann ich dir auch nicht sagen. Ich habe auch weiterhin das Gefühl, daß die Schule für heute ausfällt.«
»Wegen Redstone?«
»Klar doch. Er hat die Flatter gemacht, die Fliege.« Sie wischte mit der Hand durch die Luft.
»Ich trauere ihm bestimmt nicht nach.«
Wer aus dem Fenster schaute, dem mußte auffallen, daß sich einige Lehrpersonen an der Rückseite des Hauses versammelt hatten und miteinander redeten. Einen glücklichen Eindruck machte keiner von ihnen. Männer und Frauen sahen eher ratlos aus.
Mrs. Paulsen befand sich nicht unter ihnen, die erschien plötzlich im Speisesaal und hatte kaum die Schwelle übertreten, als die Gespräche verstummten.
Die jüngeren Schüler hatten einen noch größeren Respekt vor ihr. Sie wußten genau, daß Mrs. Paulsen sehr sauer reagierte, wenn es in ihrer Gegenwart zu laut war. Alle Gespräche versickerten. Nur Brenda flüsterte: »Gleich geht es rund, Wiebke. Da können wir uns warm anziehen.«
»Mal schauen.«
Ohne auch nur einen Schüler anzusehen, ging Mrs. Paulsen bis nach vorn durch. Sie trug an diesem Tag ein strenggeschnittenes Kostüm aus dunkelbraunem Stoff. In ihrem Gesicht regte sich kein Muskel, aber sie hatte etwas Rouge aufgelegt.
Sie blieb stehen und drehte sich den Schülern zu. Dann schaute sie mit starren Augen in die gespannten Gesichter. Es kam nur selten vor, daß sie plötzlich nach dem Frühstück erschien. Wenn sie das tat, mußte ein besonderer Grund vorliegen.
Die Rektorin ließ ihre Blicke schweifen, wartete, bis auch der letzte Schüler sich nicht mehr räusperte und sprach dann die ersten Worte in die Stille hinein, wobei sie abermals keinen anschaute. »Ich bin gekommen, um euch mitzuteilen, daß wir die Schule heute ausfallen lassen, was natürlich seinen Grund hat.«
Keiner rührte sich. Selbst die Kleinen trauten sich nicht zu jubeln. Es blieb still, man wartete ab, und man wartete darauf, daß die Paulsen weitersprach.
»Wie ich sagte, fällt die Schule heute aus, weil wir Lehrer mit einem anderen Problem beschäftigt sind. Einer unserer Kollegen ist verschwunden. Es ist der von uns allen geschätzte Mister Redstone.«
Sie legte eine Pause ein, aber die Schüler reagierten nicht. Es gab nur wenige, die darüber nicht froh gewesen waren. Wiebke Crotano zeigte ein knappes Lächeln, was von Brenda und auch von der Rektorin genau registriert wurde.
»Hat man denn schon eine Spur?« fragte ein Junge.
»Nein, aber wir wissen, daß Mister Redstone in der Nacht des öfteren Spaziergänge unternahm, denn er ist ein Mensch, der diese Gegend hier liebt. Er ging häufig in der Dunkelheit in Richtung Moor, weil er die Stille liebte. Zudem muß ich sagen, daß er sich gut auskennt, so können wir einfach nicht glauben, daß er den falschen Weg eingeschlagen haben soll. Jedenfalls werden die Lehrer sich auf die Suche nach ihm begeben. Es kann natürlich sein, daß er sich einen Fuß verstaucht hat oder Ähnliches…«
»Sollen wir mitsuchen?« rief ein Junge.
»Nein!« Die Antwort klang hart wie ein Peitschenhieb. »Ihr werdet im Haus bleiben. Ich will keinen von euch draußen sehen. Wir übernehmen die Suche.«
»Klettern Sie auch über den Zaun?« fragte ein Mädchen aus Wiebkes Klasse.
»Das kann dir egal sein.«
»Pardon, Mrs. Paulsen.«
Die Rektorin räusperte sich. »Ich hoffe, ihr habt mich verstanden und richtet euch nach meinen Anweisungen. Wenn nicht, wird derjenige die Folgen zu tragen haben. Das war’s dann.« Sie nickte gegen die Gesichter der Schüler, drehte sich um und schritt zum Ausgang. Viele hielten die Köpfe gesenkt, damit man ihr Lächeln und ihre stille Freude nicht sah.
Wiebke Crotano gehörte nicht dazu. Das Mädchen schaute die Leiterin direkt an, und zwar so, daß diese es einfach nicht übersehen konnte. Feige war Mrs. Paulsen nicht. Sie blieb am Rand der Sitzreihe stehen und beugte sich leicht vor.
»Du hast noch einmal Glück gehabt, Wiebke. Aber glaube nicht, daß es anhält. Die Befragung ist nicht aufgehoben, nur aufgeschoben. Wenn Mister Redstone zurückkehrt, dann…«
»Falls
Weitere Kostenlose Bücher