Mörderisch verliebt: Roman (German Edition)
Apparat.
»Hallo«, sagte ich und betete zu Gott, dass ich mir den Namen unserer Kellnerin richtig gemerkt hatte. »Könnte ich bitte mit Grace sprechen?«
»Grace?«, fragte die Stimme. »He, beeil dich mal mit der Suppe! Wenn’s nicht gerade ein Gurkensalat ist, servieren wir hier die Gerichte heiß!«, brüllte er. Dann wandte er sich wieder mir zu. »Grace Hyat?«
Hyat. Ich kritzelte den Namen auf einen Zettel, den ich aus dem Papiermüll gefischt hatte. »Ja«, antwortete ich.
»Verdammt!«, fluchte er. »Ich sagte kurz anbraten! Von Anbrennenlassen war keine Rede!« Egal, mit wem ich da gerade sprach – derjenige sollte dringend an einem Kommunikationsseminar teilnehmen oder sich gegen Tollwut impfen lassen. »Was wollen Sie?« Wahrscheinlich wäre beides nicht verkehrt.
Mein Mitleid für Grace wuchs von Minute zu Minute. Todsicher würde Cujo mir nicht erlauben, mit seiner unterjochten Kellnerin zu sprechen, wenn es sich nicht gerade um einen Gerichtsbefehl handelte. Ich ließ es dennoch auf einen Versuch ankommen. »Ich bin ihre Cousine, Jules Montgomery … aus Fresno. Ich bin nur für ein paar Stunden in der Stadt und hatte gehofft, dass …«
»Sie hat zu tun«, sagte er und legte ohne ein weiteres Wort auf.
Ich machte mir nicht die Mühe, mich großartig umzuziehen, bevor ich ins Auto sprang und zum Restaurant fuhr. Ich hatte keine Zeit zu verlieren.
Im Safari herrschte viel Betrieb durch die Mittagsgäste. Offensichtlich war Amerika durch Thanksgiving auf den Geschmack gekommen und hatte nicht vor, bis Weihnachten den Appetit zu zügeln.
Vielleicht wäre es besser gewesen, noch ein wenig zu warten, aber ich hatte keine Ahnung, wann Grace ihre nächste Schicht hatte oder ob sie den Ansturm überhaupt überlebte.
Ich sah sie kurz, als sie weiter hinten an einem Tisch mit acht Gästen Essen servierte.
Die Empfangsdame kam mit einem Notizblock und einem strahlenden Lächeln auf mich zu. Meine Eltern hatten sich nicht besonders um meine Zahnpflege gekümmert. Ich war vor etwa eineinhalb Jahren zum ersten Mal bei einem Kieferorthopäden gewesen. Er hatte eine Liste der absolut notwendigsten Dinge aufgestellt, die gemacht werden mussten – etwa so lang wie eine Angelrute – und mir die Kosten aufgezählt. Ich hatte mich entschieden, stattdessen einfach weiterzuessen.
»Wie ist Ihr Name?«
»Chrissy«, antwortete ich, »aber ich würde gerne auf den Tisch dort drüben am Fenster warten.« Ich zeigte dorthin, wo ich die gehetzte Grace gesehen hatte.
Sie warf mir einen mitleidigen Blick zu. Ich war nicht sicher, ob sie meine Kleidung betrachtet und beschlossen hatte, dass ich obdachlos sein musste. Vielleicht dachte sie auch, dass ich offensichtlich einen an der Waffel hatte. »Ich fürchte, das könnte noch einige Zeit dauern.«
»Kein Problem«, gab ich zurück. »Ich mache sowieso gerade eine Diät.«
Sie bedachte mich mit einem nicht mehr ganz so strahlenden Lächeln, kritzelte etwas auf ihren Block und wandte sich an das Pärchen hinter mir. Sie hatten ein widerspenstiges Kleinkind mit laufender Nase dabei, das einen Glanz in den Augen hatte, der chaotische Mahlzeiten für die nächsten vierzehn Jahre erahnen ließ.
In der Zwischenzeit bahnte ich mir einen Weg zu der Kunstledercouch neben der Eingangstür, um nicht zu verpassen, wenn jemand ins innerste Heilige gerufen wurde.
Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis ein kleiner Platz auf dem Plastiksofa frei wurde. Ich quetschte meinen Hintern in die Lücke und wartete wieder. Die Mehrheit der Leute war bedeutend besser angezogen als ich. Selbst das Kleinkind hatte mich schon um Längen geschlagen, aber immerhin lief mir kein Rotz aus der Nase, den ich dann gelegentlich an meinem Ärmel abwischte.
Eine Dreiviertelstunde später wurde ich endlich zu meinem Tisch geführt.
Ich bestellte ein heißes Wasser mit Zitrone als Zugeständnis an meine wachsende Taille und meine dahinschwindenden Finanzen. Heißes Wasser wird nicht berechnet. Das hatte ich während der Zeit vor meinem Hochschulabschluss gelernt, als ich noch McDonald’s für ein Vier-Sterne-Restaurant gehalten hatte.
Grace kam mit ihrem kindlich bemalten Notizblock und ziemlich offensichtlichen Kopfschmerzen auf mich zu. Auch in meinem Kopf begann es langsam zu hämmern. Ich glaube, das Kleinkind war schuld daran.
Grace trug immer noch keinen Ehering, und trotz ihrer professionellen Miene merkte man, dass sie müde war. Ich war der Meinung, dass alle Kellnerinnen bei der ersten
Weitere Kostenlose Bücher