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Mondstahl - Die Schlucht (German Edition)

Mondstahl - Die Schlucht (German Edition)

Titel: Mondstahl - Die Schlucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabian Kaiser
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verbrachte. Sie schwiegen, denn es gab nichts, was ausgesprochen werden musste.
     
    Nach einiger Zeit kam Galenis ins Zimmer und holte sie ab, um die Beerdigung zu beginnen. Der Zauberkundige hatte das Grab bereits geschlossen und es mit frisch geschnittenen Blumen bestreut. Parus trat heran und legte ebenfalls einen Strauß hinzu. Er hielt inne und dachte an seinen verstorbenen Vater. Ein kühler Wind kam auf, zog über sein Gesicht und wirbelte sein schwarzes Haar durcheinander. Dann trat er zur Seite und machte Platz für seine Mutter. Sie war, ganz nach Tradition, in den dunklen Mantel des Verstorbenen gekleidet. Sie kniete sich vor das Grab und hielt inne.
     
    Parus ging ein paar Schritte zurück, hob seinen Kopf und sah in Richtung Himmel. Die Wolken zogen träge und lustlos vorbei, während die Sonne wie eine riesige Kerze durch sie hindurch schien. Galenis sah ihn nachdenklich an. Dann zog er einen braunen Lederbeutel hervor, in dem einige bitter riechende Samenkörnen lagen. Diese verteilte der Magier über die Erde und schüttete danach eine grünlich schimmernde Flüssigkeit darüber. Wie durch ein Wunder begannen die Körner sofort zu keimen und bildeten kleine Verästelungen aus.
     
    „Die Erde wird nicht lange kahl sein.“
     
    Bei diesen Worten nahm Galenis Parus zur Seite und ging mit ihm ein paar Schritte auf dem Friedhof umher. In seinen Augen stand geschrieben, dass ihm etwas Unangenehmes bevorstand.
     
    „Es tut mir leid, es dir sagen zu müssen, aber du wirst nicht viel Zeit zum Trauern haben. Wir müssen aufbrechen. Lieber heute als morgen.“
     
    Der junge Mann blieb augenblicklich stehen, schüttelte die Hand des anderen ab.
     
    „Was bildest du dir ein? Wir haben gerade meinen Vater beerdigt.“
     
    „Ich weiß. Und es tut mir leid, dass es nichts an unseren Plänen ändern kann. Wenn wir jetzt nicht gehen, lenken wir die Aufmerksamkeit unseres Feindes erneut auf deine Familie. Solange du auf diesem Hof bist, ist deine Mutter in Gefahr.“
     
    Parus warf einen erschrockenen Blick hinüber zu Mathilde, die noch immer auf dem Boden kniete. Dann sah er wieder Galenis an.
     
    „Und was soll ich ihr sagen? Dass ich sie verlasse, im Zeitpunkt ihres Verlustes? Soll ich ihr und dem Hof den Rücken zukehren, als ob nichts gewesen wäre? Es dauert nur noch wenige Monate und der Winter kommt. Wie soll sie…“
     
    „Sie wird den Winter überstehen, auch alleine. Dein Vater war ein kluger Wirtschafter. Die Vorratskammern sind voll, das Vieh fett genug. Und das Holz hast du selbst geschlagen.“
     
    „Und ihre Trauer?“
     
    Nun warf der Zauberkundige der Witwe einen kurzen Blick zu.
     
    „Ich habe bereits mit ihr gesprochen. Ich habe ihr alles erzählt, zumindest insofern es für sie von Belang ist. Und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass sie glücklich damit wäre. Aber sie akzeptiert es.“
     
    Parus stützte sich mit einer Hand auf den Grabstein seines Urgroßvaters, mit der anderen fuhr er sich über das Gesicht.
     
    „Und es gibt keine andere Möglichkeit?“
     
    Der Zauberkundige schüttelte den Kopf.
     
    „Nein, die gibt es nicht.“
     
    Während sie sprachen, erhob sich Mathilde und kam zu ihnen herüber. Ohne ein Wort zu sagen nahm sie Parus in den Arm, drückte ihr Gesicht in seine Brust. So verharrte sie einige Minuten. Als sie ihn schließlich losließ, waren ihre Augen feucht und gerötet.
     
    „Ihr müsst gehen.“
     
    Parus wusste nicht, was er ihr sagen sollte.
     
    „Der Fremde hat recht. Es gibt keine andere Möglichkeit. Und es bricht mir das Herz, doch ich habe dich lieber lebend in der Ferne als tot hier bei mir.“
     
    Bei den Worten brach ihre Stimme.
     
    „Und ich werde den Winter überstehen. Und gerne auch einen zweiten – wenn du mir versprichst, dass du eines Tages zu mir zurückkehren wirst.“
     
    Parus wollte etwas erwidern, doch die Worte blieben ihm im Hals stecken. Er wischte sich über das Gesicht. Mathilde rang sich ein Lächeln ab, mit einer Träne in den Augenwinkeln. Galenis trat an die beiden heran.
     
    „Ich werde auf ihn Acht geben, so gut es in meiner Macht steht.“
     
    Die Witwe nickte ihm kurz zu. Parus schloss für einen Moment die Augen. Er konnte nicht akzeptieren, was sich hier abspielte. Aber er begann zu begreifen, dass dieser Lebensabschnitt nun vorbei war. Und mit ihm seine Kindheit. Er drehte sich um, sah dem Zauberer in die Augen und sprach:
     
    „Dann werden wir noch heute

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