Montana Creeds - Das Herz aller Dinge (German Edition)
Zukunft voraus”, stellte er lächelnd fest und bezog sich auf den oder die Kunden, die bei ihr gewesen waren, als er hier eintraf.
“Man kann davon leben”, antwortete sie mit einem Schulterzucken und einem etwas verlegenen Lächeln.
“Du musst nicht irgendwelchen Leuten Karten legen, um Geld zu verdienen, Cassie”, machte er ihr sicher zum hundertsten Mal klar. “Du bekommst regelmäßig deinen Scheck vom Stammesrat.”
“Vielleicht geht es mir ja gar nicht ums Geld”, wandte Cassie ein und lachte auf, als Sidekick sie mit der Nase anstieß und Anstalten machte, sich auf ihren Schoß zu legen.
“Was erzählst du ihnen?”, wollte er wissen. “Was erzählst du deinen Kunden?”
“Das kommt darauf an, was ich glaube, was sie hören müssen.” Sie warf ihm einen so durchdringenden Blick zu, dass er sich sofort unbehaglich fühlte. “Hast du Dylan und Tyler angerufen?”
“Ja”, bestätigte er. “Dylan hat mich mehr oder weniger abblitzen lassen, und Ty habe ich eine Nachricht auf seine Mailbox gesprochen. Er hat bislang nicht zurückgerufen.” Er grinste sie an und ergänzte: “Damit wäre das erledigt.”
“Davon träumst du”, kommentierte sie.
“Ist das jetzt der Punkt, an dem du mir das sagst, von dem du glaubst, dass ich es hören muss?”
“Ja”, gab sie knapp zurück.
Er stieß einen schweren Seufzer aus.
Sidekick machte es sich unterdessen auf Cassies breiten Oberschenkeln bequem. Cassie ließ ihn gewähren und streichelte ihn beiläufig. Ihre Aufmerksamkeit war aber noch immer zu hundert Prozent auf Logan gerichtet. Ihr Blick kam ihm vor wie ein schmaler Sonnenstrahl, der durch eine Lupe fiel und sich seinen Weg bis zu jener Stelle freibrannte, an dem er all seine Geheimnis versteckt hielt.
“Jake wird keine Ruhe finden, solange du nicht akzeptierst, dass du sein Sohn bist, Logan”, machte sie ihm klar.
Logans Nackenhaare sträubten sich. “Was soll das heißen, er wird keine Ruhe finden? Er ist tot, weg, auf und davon oder wie immer du es nennen willst. Vielleicht haben sie ihn ja in den Himmel eingelassen, allerdings glaube ich eher, dass ihm seine Post in die Hölle nachgeschickt wird.”
“So verbittert”, sagte Cassie bestürzt. “Kein Mensch ist nur schlecht, Logan. Das gilt auch für Jake Creed.”
“Er war ein verdammter Hurensohn.”
Cassie legte die Stirn in Falten. “Falsch. Deine Großmutter war eine gute und anständige Frau.”
Logan schwieg. Seine Großeltern hatte er nie kennengelernt; sie starben, lange bevor er zur Welt gekommen war. Jake hatte nie über sie gesprochen und ihm auch kein Foto von ihnen zeigen können.
“Jeder Mensch kommt auf diese Welt, um bestimmte Aufgaben zu erledigen”, sprach sie leise. “Manchmal sind es leichte Aufgaben, andere dagegen sind sehr kompliziert. Jake tat nur das, was er auch hatte tun sollen.”
“Was denn? Uns das Leben zur Hölle machen?”
“Er hat euch stark gemacht, dich, Dylan und Tyler. Ihr drei seid so stark wie die Wände dieses Tipis.”
“Es hätte leichter sein können”, hielt Logan dagegen.
Cassie lachte. “Leichter ist nicht zwangsläufig besser”, betonte sie.
Logan wollte dieses Argument abschmettern, aber trotz seiner juristischen Ausbildung kam ihm einfach nichts Stichhaltiges in den Sinn. “Ich habe meine Brüder angerufen”, sagte er stattdessen. “Jetzt sind die beiden an der Reihe. Was muss ich sonst noch tun?”
“Du warst noch nicht an Jakes Grab, oder?”
Unwillkürlich verkrampfte er sich und schüttelte den Kopf. Anscheinend hatte Cassie ihre Augen und Ohren überall: im Gebüsch, auf Bäumen, an Wänden. Irgendwie wusste sie stets ganz genau, was er getan oder nicht getan hatte. Schlimmer aber war, dass sie glaubte, sie habe das Recht, seine Versäumnisse auch noch zu kommentieren.
“Und seine Sachen sind auch noch alle weggeräumt. Sehr praktisch, nicht wahr? Denn auf diese Weise wirst du nicht so schnell an ihn erinnert.”
“Ich bin wieder hergekommen, oder etwa nicht?”
Cassie zuckte flüchtig mit einer Schulter. “Du wirst nicht bleiben, wenn du mit Jake nicht ins Reine kommst”, beharrte sie. “Ich kenne deinen Traum, aus dem Namen Creed etwas Gutes und Ehrbares zu machen, und ich spüre, dass es für dich mehr als nur ein Traum ist. Es ist eine Mission. Das Wichtigste, was du jemals leisten wirst.” Sie hielt inne und sah sich im Tipi um, als würden ihre Vorfahren über ihr in der Luft schweben. Als ihr Blick zu Logan zurückkehrte, kam er
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