Moonshine - Stadt der Dunkelheit
einem Ruck riss ich die Arme aus dem Mantel und wirbelte zu ihm herum. »Troy, du bist so ein …«
»Ach, lass sie in Ruhe«, sagte Daddy, der kaum von der Waffe aufgeblickt hatte, die er gerade lud. »Zeph ist mitfühlend. Sie glaubt, dass es besser ist, den Monstern zu helfen, als sie zu töten.«
Troy zog die blonden Augenbrauen zusammen und schürzte die Lippen auf eine Art, die ich mir vor noch fünf Jahren zu lieben eingebildet hätte.
»Haben Sie die Zeitung denn nicht gelesen, Mr. Hollis?«, fragte Troy. »Derek, zeig sie ihm.«
Der größere der beiden
Defender
zuckte die Schultern und griff unter seinen Stuhl, um die Morgenzeitung hervorzuziehen. Auch ich sah sie zum ersten Mal, und so machte ich ganz gegen meinen Willen einen Schritt nach vorn, um besser lesen zu können.
Verdammter Mist. Tja, Lily hatte es ein »unbezahlbares Spitzenbild« genannt. Mein Hut war heruntergefallen, und mein Haar schien zu fliegen, als ich allem Anschein nach einen Vampir über die Schulter schleuderte. Sein Mund war seltsam weit aufgerissen, und ich hatte eine Miene aufgesetzt, die sehr gut zu einer Rachegöttin gepasst hätte. Obwohl er es nicht wollte, wirkte Daddy beeindruckt.
»Wann ist das passiert, Süße?«, fragte er.
»Heute Morgen«, murmelte ich.
»Ich wette, du hast keinen von denen zum Platzen gebracht.«
»Daddy!«
Er wandte sich Troy zu. Sein Lächeln war merkwürdig – herablassend, wenngleich mit einem Hauch von Zärtlichkeit.
Troy sah seltsamerweise enttäuscht aus. »Stimmt das, Zephyr?« Es war beinahe schmeichelhaft, anzunehmen, dass er mich derart gern wieder zurück in der Gruppe der
Defender
sehen wollte.
»Ich möchte doch nur, dass ihr eure Aktion etwas … verschiebt. Bloß für eine Weile. Gebt mir eine Woche.«
»Wozu?« Die Frage kam von Derek, der mich argwöhnisch betrachtete.
»Ich habe einen … Nebenjob, den ich für jemanden erledigen soll, und dieser Job erfordert, dass die
Turn Boys
in den nächsten Tagen noch leben, okay?«
»Soll das ein Trick sein?«, fragte Derek. »Ich habe gehört, dass du für sie arbeitest. Einige meiner Kumpel haben dich in den letzten Tagen immer mal wieder in der Nähe der Lieblingskneipe dieser Typen gesehen.«
Na, toll. Jetzt musterten Daddy und Troy mich, als hätten sie soeben herausgefunden, dass ich Babys verschacherte. »Ich arbeite nicht für sie, zumindest nicht im eigentlichen Sinne … Na ja, Nicholas glaubt, dass ich ihm Lesen und Schreiben beibringe, aber im Grunde genommen horche ich ihn aus – für den Job, von dem ich euch erzählt habe. Versteht ihr?«
Troy verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an den Tisch. »Tja, es scheint so, als stünden wir in dieser Sache auf unterschiedlichen Seiten, Zephyr. Ich fürchte, es besteht keine Chance, dass der Kunde uns erlaubt, den Schlag hinauszuzögern.«
Daddy blickte mich finster an. »Diese Jungs sind böse, Zephyr. Ich weiß, dass du glaubst, die Blutsauger wären wie wir, aber diese Typen sind anders. Dein verdammter Kameltreiber muss lernen, allein mit seinen Problemen fertig zu werden.«
»Daddy, du klingst wie ein engstirniger Bauerntrampel. Ich bin durchaus in der Lage, meine eigenen …«
Er stand auf und warf die Waffe auf den Boden. Ich zuckte zusammen, doch die Sicherung hielt.
»Oh, das sehe ich! Ein Techtelmechtel mit einem Dschinn, Leseunterricht für Gangster … Man nennt dich Vampirrechtlerin. Ist es das, Zephyr? Willst du, dass die Monster die Macht über uns alle ergreifen und unser Land zerstören?« Daddy beendete seine Rede mit einem wirkungsvollen Kopfschütteln und einem tiefen, markerschütternden Seufzen.
Das machte mich wütend. »Du bist der selbstsüchtigste, ignoranteste …«
Offenbar hatte Troy beschlossen, dass es reichte. »Komm schon, Zephyr, er ist dein Vater …«
»… störrischste«, fuhr ich noch lauter fort, »scheinheiligste, intoleranteste kleine Mann, den ich kenne. Es geht dich nicht das Geringste an, warum ich tue, was ich tue. Aber ich versichere dir, dass es einen feuchten Dreck mit der Zerstörung des Landes zu tun hat!«
»Was du in beeindruckender Weise zeigst, meine Süße«, sagte Daddy so mild, dass ich wie ein kleines Mädchen mit dem Fuß aufstampfen wollte.
»Es gibt Mittel und Wege, den Menschen zu helfen, ohne gleich mit einer eigenen kleinen Armee vorzurücken und die Probleme gnadenlos zu zerschlagen. Hast du schon mal was von Diplomatie gehört, Daddy? Wahrscheinlich nicht – immerhin
Weitere Kostenlose Bücher