Mord in Babelsberg
Blumen mitbrachte, einen neuen Hut bewunderte, und freute sich darüber. So hatten sie beide etwas davon.
Er öffnete seine Aktentasche, die auf einem Stuhl stand,warf einen Blick über die Schulter, als könnte man ihn bei etwas Verbotenem ertappen, und schlug den Prospekt einer Pelzhandlung auf. Die Modelle waren ausgesucht schön. Nerz oder vielleicht Goldzobel? Nein, der würde nicht so gut zu ihren Haaren passen. Ein Nerz, schlicht und edel. Er stellte sich vor, wie er ihr den Mantel um die Schultern legte, wie sie ihm über die Schulter zulächelte.
Das Telefon klingelte. Seine Sekretärin. »Der Herr Minister fragt an, wann er mit den Unterlagen rechnen kann.«
»In einer Stunde.« Rasch schob er den Prospekt zurück in die Tasche. Der Nerz musste warten.
Um kurz vor vier hatten sich alle Mitglieder der Mordkommission bis auf Jakob Sonnenschein im Besprechungszimmer eingefunden. Fräulein Meinelt hatte Kaffee und belegte Brote besorgt, und die Beamten nahmen am großen Tisch Platz. In der Mitte hatte Leo sämtliche bisherigen Ergebnisse der Ermittlung angeordnet: Zeugenaussagen, Tatortfotografien, mögliche Beweismittel.
Er schaute in die Runde. »Meine Herren, wir warten noch auf Dr. Lehnbachs Autopsiebericht. Er müsste jeden Moment eintreffen. Da wir in der Wohnung einen Safeschlüssel und Kontoauszüge der Dresdner Bank gefunden haben, gehen wir davon aus, dass der Schlüssel von dort stammt. Der Kollege Sonnenschein ist in die Zentrale in der Behrenstraße gefahren, um das zu überprüfen. Er wird vermutlich gleich hier sein.« Er schaute zu Walther, der großzügig Zucker in seinen Kaffee rührte. »Robert, wenn du bitte die Ergebnisse der Befragung zusammenfassen könntest.«
Walther räusperte sich. »Wir haben sämtliche Bewohner der Anlage, die wir angetroffen haben, befragt. Keiner hat das Opfer näher gekannt. Und niemand hat etwas gehört oder gesehen. Aber es war auch mitten in der Nacht. Das ist eine gutbürgerliche Gegend, da schlafen die meisten um diese Zeit.«
»Dann müssen wir die Befragung auf die angrenzenden Straßen ausdehnen«, sagte Leo und deutete auf den Stadtplan an der Wand. »Dort gibt es Kneipen, die möglicherweise noch geöffnet hatten. Und Bäckereien, die beginnen früh mit der Arbeit.«
In diesem Augenblick klopfte Fräulein Meinelt und reichte ihm den Bericht über die gerichtsmedizinische Untersuchung. Leo war erleichtert, dass Lehnbach die Sektion durchgeführt hatte, während er mit Sonnenschein in Marlens Wohnung war. Er fand die Besuche in der Hannoverschen Straße nie angenehm, doch diesmal war ihm der Gedanke unerträglich erschienen.
Er schlug die Mappe auf und überflog den Bericht, der nach dem üblichen Muster verfasst war und keine Überraschungen bot.
»Wie wir vermutet haben«, sagte er und blickte in die Runde. »Keine Anzeichen für ein Sexualdelikt. Tod durch Schnitt in den Hals. Die am Tatort gefundene Glasscherbe wurde auf Fingerabdrücke untersucht, ohne Ergebnis. Sie wurde Lehnbach übergeben, der sie mit der Wunde abgeglichen hat. Seiner Ansicht nach kommt sie als Tatwaffe in Frage. Der Täter muss Handschuhe getragen haben, weil er so Abdrücke vermeiden und zugleich seine eigene Hand vor den scharfen Kanten schützen konnte. Danke, Paul«, sagte er zu Delbrück, der die Untersuchung der Scherbe durchgeführt hatte. »Der Stoß wurde mit großer Gewalt geführt. Der Täter hat die Frau von hinten angegriffen. Er ist Rechtshänder, der Angriff wurde von links nach rechts geführt. Die Einstichstelle ist am tiefsten, danach hat er die Waffe nach rechts gerissen. Die unregelmäßigen Wundränder sprechen für die Annahme, dass die Scherbe verwendet wurde. Die Abwehrverletzung an der rechten Hand lässt erkennen, dass sich das Opfer noch gewehrt, durch den Schock und den sofort einsetzenden starken Blutverlust aber rasch an Kraft verloren hat.« Er klappte dieMappe zu und verdrängte die Bilder, die bei der Lektüre aufgetaucht waren. Dann rief er sich ins Gedächtnis, was er zu Sonnenschein gesagt hatte: Ich werde vorgehen, als wäre sie eine völlig Fremde.
»Wissen wir schon, um was für eine Scherbe es sich handelt?«, fragte Walther den Kollegen Delbrück.
»Kein Trinkglas, dafür ist sie zu dick. Sie könnte von einer Blumenvase stammen. Das würde auch die Farbe erklären. Gängige Flaschen für Bier, Wein oder Milch sind nicht rot.«
Leo nickte. »Noch etwas. Warum hat der Täter die Scherbe am Tatort zurückgelassen?«
Walther
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