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Mordsonate

Mordsonate

Titel: Mordsonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O. P. Zier
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der Klavierstudent sehr recht gewesen. »Betuchtes Elternhaus, nehme ich an. Er war sofort einverstanden und hat die Miete für ein ganzes Jahr im Voraus bezahlt. Ein Jahr Ruhe, Sie verstehen.«
    »Haben Sie einen Vertrag gemacht?«
    Brammer sah den Chefinspektor überrascht an. »Nein … nein, nein. Alles mit Handschlag. Ich war doch so froh, dass es endlich geklappt hat. Zu dem Preis, den ich inseriert habe. Er hatte das Geld mit.«
    »Aber Sie haben die Daten des Mieters?«
    »Natürlich. Joachim Bernberger. Klavierstudent am Mozarteum. Das Pianino hat sicher er dort hineingestellt,um ungestört üben zu können.« Brammer lachte gelöst, als er erzählte: »Vielleicht hat den jungen Mann der Ehrgeiz gepackt … das war alles genau zu der Zeit, als das Mädel überall in den Medien war, nach ihrem Sieg. Vielleicht hat er am Mozarteum sogar dieselbe Klavierlehrerin wie die Kleine. Einfach ein Irrsinn, was dem Kind dann angetan wurde! Unvorstellbar, dass das kleine Haus etwas damit zu tun haben könnte.«
    Der Chefinspektor gab Harlander ein Zeichen, und der verließ den Raum.
    Erich überlegte, ob Roland Brammer seine Vorstrafe vielleicht deshalb so restlos verdrängt hatte, weil es um eine einmalige Verfehlung ging, die ihm zutiefst peinlich war. Der Chefinspektor wollte auf eine passende Gelegenheit warten, um diesen Punkt endlich zu klären.
    »Sie würden Herrn Bernberger wiedererkennen?«
    »Aber sicher, natürlich. Der war ja nicht maskiert. Auch wenn er die Baseballkappe so tief … nein, nein, natürlich würde ich den wiedererkennen.« Brammer lachte. »Etwas pummelig, wahrscheinlich so zwanzig Jahre alt, aber das ist schwer zu schätzen bei so einem Typ. Sehr gesprächig war er nicht. Er wollte nicht einmal von Musiker zu Musiker … war wohl mit seinen Gedanken woanders. Sollte mir recht sein, denn wir waren uns sehr schnell einig.«
    »Sie haben ihn seither nicht mehr getroffen?«
    »Nein, ich war doch so froh … ich habe ihm den Haustürschlüssel gegeben, er mir das Geld – und damit war für mich die Sache für ein Jahr erledigt.«
    Das Telefon im Verhörraum ließ sein elektronisches Wimmern vernehmen. Der aufgeregte Revierinspektor Harlander informierte Erich, dass ihm die sehr zuvorkommende Dame im Sekretariat für Tasteninstrumente versichert habe, dass es keinen Joachim Bernberger amMozarteum gebe. »Sie hat sämtliche Studierenden überprüft. Niemand dieses Namens, Chef. Ich bin gleich wieder drüben.«
    »In Ordnung.« Erich spürte eine starke Beklemmung. Die Enttäuschung ließ Wut in ihm aufsteigen: Der hielt sie also schamlos zum Narren! Als ob solche Behauptungen nicht sofort … spielte den Harmlosen, der schuldlos in Verdacht gerät – und nichts von dem, was er da so erzählte, hielt stand, nichts!
    Wie groß die Last gewesen sein musste, deren Gewicht sie niedergedrückt hatte, vermochte Gerlinde Brunner erst jetzt abzuschätzen, wo sie sich endgültig davon befreit wissen durfte. Wann hatte sie sich das letzte Mal in ihrem Leben so unbeschwert gefühlt?
    Sie hatte noch schnell den Waschraum der Toilette im Erdgeschoß aufgesucht, um nicht zusammen mit dem Polizisten das Verwaltungsgebäude verlassen zu müssen, da sie ja nicht in ihr Büro zurückkehren konnte, auch wenn sich ihr Amtsbesuch jetzt erledigt hatte. Und zwar ein für allemal, wie sie sich ständig wiederholte. Sie wollte dieses Gefühl in vollen Zügen genießen, bevor sie später im LKA das Protokoll unterschreiben und damit ja doch noch einen Amtsbesuch machen würde. Einen, für den sie dem DI gegenüber nicht einmal etwas erfinden musste.
    Sie sei außer Haus, der Chef wisse Bescheid, sagte sie im Vorbeigehen leichthin in Richtung Empfang, nachdem sie ihre Karte in den Schlitz der Stempeluhr gedrückt, sie danach in ihre Handtasche gesteckt und die Sonnenbrille hervorgeholt hatte. Sie badete förmlich im Gefühl ungetrübter Sorglosigkeit.
    So ausgelassen, wie Gerlinde nun war, wäre es ein unverzeihlicher Frevel gewesen, an so einem Tag noch einmalins Büro zurückzukehren. Voller Übermut rief sie auf ihrem Weg in die Innenstadt den DI an, um ihm vorzuschlagen, heute für den Rest des Tages Zeitausgleich zu nehmen, ihr Überschuss-Konto müsse ohnehin dringend abgebaut werden.
    »Gerlinde, Gerlinde!« ließ sich der Chef mit gespieltem Stöhnen vernehmen, um nach einem nicht gespielten Ausschnaufen fortzusetzen, als stünde ernsthaft zu befürchten, dass sie womöglich überhaupt nicht mehr in sein Vorzimmer

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