Mordswiesn: Der fünfte Fall für Max Raintaler (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Seeberger legte besitzergreifend seinen Arm um seine Begleiterin und lächelte Max von oben herab an. Er schien nicht im Geringsten sauer darüber zu sein, dass der Detektiv, der ihn heute Mittag noch als Verdächtigen befragt hatte, ihm hier und jetzt sozusagen privat gegenübersaß. Anscheinend hatte er wirklich nichts zu verbergen. Oder er war ein hervorragender Schauspieler, was ja schließlich auch sein Beruf war.
»Leider noch nicht.« Da schau her. Gibt’s denn so was? Wenn man Verdächtige sucht, findet man keine. Aber kaum will man sich einmal kurz von der Verbrecherjagd ausruhen, laufen sie einem von selbst über den Weg, stellte Max innerlich fest. Da sieht man mal, wie stressig mein Job als Privatdetektiv ist. »Aber ich arbeite daran.«
»Wird sicher nicht leicht werden. Schorsch Huber hatte jede Menge Feinde. Gerade im Geschäftsleben. Und privat wohl auch, wie man so hört. Kein Wunder, wenn man seine Geschäftspraktiken betrachtet.«
»Ach, wirklich?« Woher wollte der eingebildete Pfau das denn so genau wissen? Schorschs Witwer Gerd hatte da doch etwas ganz anderes gesagt. Oder wollte Seeberger bloß von sich selbst ablenken?
»Rosi, hier fehlt noch eine Maß für unseren Bekannten«, rief der Schauspieler, als die Kellnerin geschäftig mit frischem Bier vorbeilief. Er zückte seine Brieftasche.
»Das ist aber wirklich nicht nötig«, protestierte Max. Was war den heuer bloß los? Andauernd wollte ihm jemand etwas spendieren. Schaute er etwa so arm aus, als könnte er sich selbst kein Bier leisten? Oder war er den Menschen einfach so sympathisch, dass sie ihn glücklich machen wollten? Wahrscheinlich. Er grinste. Wie auch immer. Nimm es, wie es kommt, Raintaler. Dein Geldbeutel freut sich. Und deine Kehle noch mehr.
»Passt schon, Herr Raintaler«, erwiderte Seeberger. »Eine Wiesn ohne Bier ist nämlich wie eine Metzgerei ohne Wurst.« Er lachte, hob seinen Krug, und sie stießen miteinander an.
»Na gut. Dann sage ich danke, der Herr.« Mit Verdächtigen Biertrinken gehörte sich zwar normalerweise nicht. Aber wer weiß? Vielleicht plauderte der große Starschauspieler dabei noch etwas Brauchbares aus.
»Bitte, der Herr. Gern geschehen.«
Sie tranken ausgiebig.
»Ich bin übrigens der Hannes«, fuhr Seeberger fort, nachdem sie ihre schaumgezierten Münder mit dem Handrücken abgewischt und die Maßkrüge wieder auf dem Tisch abgestellt hatten.
»Angenehm. Ich bin der Max«, meinte Max. »Was für Feinde hat der Schorsch denn so gehabt?«, nahm er den ursprünglichen Gesprächsfaden wieder auf.
»Soweit ich weiß, waren viele seiner Kunden unzufrieden mit seiner Art von Geschäften. Er hat die Leute bei uns in Grünwald draußen reihenweise über den Tisch gezogen.« Seeberger schaute Max direkt in die Augen.
Dem fiel dabei eine plötzliche Kälte in Seebergers Blick auf, die vorher so noch nicht zu sehen gewesen war. Dann war sie mit einem Schlag wieder verschwunden. Der scheint wirklich nichts zu verbergen zu haben, dachte er. Sonst würde er sich doch nicht so kritisch über Schorsch äußern. Oder ist er einfach nur sehr geschickt. Schwer zu sagen. »Dich etwa auch?«, erkundigte er sich.
»Mich auch. Er hat mich sogar um gut 200.000 Euro beschissen.« Seeberger grinste, als würde ihn das nicht im Geringsten berühren.
»Wenn das kein Grund für einen Mord ist, was dann?« Max lachte laut auf.
»Stimmt.« Seeberger lachte mit. »Aber ich war es nicht. Ich war, wie schon gesagt, bei meiner Susanna in Salzburg.«
»Weiß ich doch.« Max blinzelte ihm verschwörerisch zu. Aber ob ich es dir endgültig glaube, wird sich erst noch herausstellen, dachte er. Ganz blöd bin ich schließlich auch nicht.
»Außerdem, wenn ich etwas habe, dann ist es Geld.« Seeberger zog einen Packen Fünfhunderter aus seiner Hosentasche und strich seiner Freundin damit übers Gesicht. »Stimmt’s, Hasi?«
»Stimmt, Hannes.« Sie lächelte ausdruckslos ins weite Rund des Bierzeltes hinein, während er das Geld wieder wegsteckte.
»Na dann. Prost.« Max hob sein Glas und trank erneut. Er ist dem toten Schorsch nicht unähnlich, sagte er sich währenddessen. Reich und oberflächlich sympathisch. Doch was steckt hinter der Angeberfassade? Na gut. Wenn ich schon bei einem großmäuligen Verdächtigen sitzen muss, lasse ich mir wenigstens sein Bier schmecken. Logisch.
»Hast du gewusst, dass das Oktoberfest ursprünglich ein Pferderennen war, das man anlässlich der Hochzeit von Kronprinz Ludwig und
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