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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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schlecht sagen, dass sie mir als Zwölfjährige
aufgefallen war, als ich das Jahrbuch meiner Schwester durchblätterte. Sie
hätte vielleicht einen falschen Eindruck bekommen, und ich wollte auch nicht
mit der Tür ins Haus fallen mit irgendwelchem Gerede über Schicksal. »Äh...«,
sagte ich.
    »Christabel
hat gesagt, du willst was über Versicherungen wissen«, sagte sie taktvoll.
    »Ja«,
sagte ich und griff zu. »Ja, stimmt. Versicherung, klar, in all ihren, äh,
Formen und Facetten ... Versicherungen ... elektrisieren mich geradezu, ja...«
    »Sie hat
was von einer Vase gesagt, die du versichern willst«, sagte Laura so langsam,
als müsse sie jemanden mit geistig beschränkten Mitteln bei der Hand nehmen.
    »Vasen,
richtig, ja, ich hab da eine Vase, die würde ich gern versichern. Ich dachte,
du könntest vielleicht mal abends vorbeikommen, dann könnten wir das
besprechen. Zum Abendessen vielleicht. Wie wär's mit nächsten Samstag?«
    Sie schien
etwas verunsichert zu sein. »Kannst du nicht einfach im Büro vorbeikommen?«
    »Nein«,
sagte ich. »Na ja, es geht eigentlich um mehrere Vasen. Ziemlich viele sogar,
die kann ich gar nicht alle tragen. Außerdem rede ich über geschäftliche Dinge
lieber bei einem guten Essen. Dann, äh, verhungert auch keiner.«
    »Oh«,
sagte sie. Es folgte eine lange Pause. Ich wartete, mahlte lautlos mit den
Zähnen und verfluchte mich. Dann verhungert auch keiner - was, um
Himmels willen, hatte ich mir dabei gedacht? Litt ich immer noch an den Nachwehen
des Ole-Zwischenfalls? Würde ich nie mehr mit einer Frau sprechen können?
    »Einverstanden«,
sagte Laura plötzlich. »Normalerweise machen wir das ja nicht so, aber
schließlich bist du Christabels Bruder.«
    »Ja«,
sagte ich albernerweise und unterdrückte den Drang, hin und her zu hüpfen und
Tränen der Dankbarkeit zu vergießen. »Dann sehen wir uns also am Samstag? So um
acht?«
    »Tja,
denke schon.« Ihre Stimme knisterte. »Ach, noch was, ich leide unter
Laktoseunverträglichkeit. Das heißt, dass ich nichts mit Milchzucker essen
kann, okay?«
    »Sicher,
sicher ... mach dir keine Sorgen«, sagte ich und legte auf. Für einige Sekunden
verharrte ich im Nachglanz des Augenblicks, der noch zögerte, das Wesen des
soeben Geschehenen preiszugeben. Dann stieß ich einen Jubelschrei aus und
reckte die Faust in die Luft. Sieg! Zugegeben, ich hatte mich nicht im vorteilhaftesten
Licht präsentiert, ein klein wenig exzentrisch vielleicht, oder derangiert.
Aber was zählte, war ihre Zusage. War sie erst mal im Haus, wo ich alles unter
Kontrolle hatte, würde sich schon eins zum andern fügen. Dann würde sie
erkennen, dass hier eine Welt auf sie wartete, die nach ihren Wünschen neu
erschaffen werden wollte. Berge würden versetzt, Meere geleert, Laktose verbannt
bis an die Enden der Welt. All das würde ihr gehören, und sofort würde sie
verstehen, dass auch wir einander gehörten.
    Um die
gute Neuigkeit zu verbreiten, ging ich ins Frühstückszimmer, traf dort jedoch
auf Frank, der lediglich rudimentär bekleidet am anderen Ende des Tisches
lümmelte und mir den Augenblick gründlich verdarb. »Alles paletti, Kumpel?«,
rief er mir entgegen, lehnte sich schamlos postkoital gähnend auf dem Stuhl
zurück und entblößte seinen weißen Schwabbelbauch. Mich schauderte. Wie konnte Bel
es nur ertragen, so etwas anzuschauen, geschweige denn, so etwas zu spüren,
wenn es fettig klatschend ... Stop! Ich hatte bekommen, was ich wollte. Sie
hatte ihren Teil des Abkommens erfüllt, jetzt musste auch ich zur Detente
beitragen. Ich schluckte meinen Ekel hinunter, nickte ihm so wenig feindselig,
wie es mir möglich war, zu und nahm mir einen Stuhl.
    Bel saß
zusammengesunken über einem Haufen geöffneter Briefe. Sie sah ziemlich erregt
aus: die Backen rot, die Haare ausgefranst, als hätte sie daran herumgerupft,
und auf die scharfe Frage, wer die ganze Marmelade gegessen habe, gab sie keine
Antwort. Ich wechselte das Thema und erzählte ihr von Lauras Anruf. »Komisch,
dass sie in der Versicherungsbranche ist. Für den Typ hätte ich sie gar nicht
gehalten.«
    »Mmm.« Bel
schaute weiterhin finster auf den Papierhaufen.
    »Gibt's
noch Marmelade?«, sagte Frank.
    »Ich
meine, ist doch komisch, oder?«
    »Nicht für
Leute, die sie kennen«, blaffte sie mich an. »Was hast du denn geglaubt, was
sie ist?«
    »Weiß
nicht«, sagte ich wahrheitsgetreu. Allerdings hatte ich mir eher vorgestellt,
dass sie zu den Klängen von Smooth Jazz, in

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