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Nach alter Sitte

Nach alter Sitte

Titel: Nach alter Sitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Breuer
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Das Foto darauf verschwand. Der Mann starrte das sich auflösende Bild an und presste die Finger zusammen, als die Glut sie erreichte. Er ließ nicht los, bis nur noch Asche übrig war.
    Lorenz wusste nicht, wie lange er so gehockt hatte. Als das Licht wieder anging, waren seine Beine jedenfalls so steif, dass er beim Versuch aufzustehen zur Seite kippte und erst einmal liegen blieb. Er hatte einen unflätigen Fluch auf der Zunge, behielt diesen aber für sich. Immerhin wurde er ja von einer Kamera überwacht. Jetzt wurde ihm bewusst, dass er tatsächlich eingeschlafen war. Wirre Traumfetzen hafteten noch im Gedächtnis, nichts davon sagte ihm etwas, außer das eine: Er hatte Angst. Lorenz musste sich eingestehen, womit er nie gerechnet hätte. Er hing an seinem Leben, er hatte Freude daran und wollte es gerne noch eine Weile genießen. Und er war nicht bereit, jetzt aufzugeben, obschon seine Chancen eher schlecht zu stehen schienen.
    »Warum knipst du das Licht noch an, bevor du es mir ausknipst?«
    Es dauerte eine ganze Weile, bis die seltsam verzerrte Stimme aus dem Lautsprecher antwortete: »So einfach kommst du mir nicht davon, du Schwein!«
    Lorenz grummelte leise: »Kommissar Wollbrand hatte das Gefühl, einen Nerv getroffen zu haben. Und er hoffte noch zu erleben, was das war.« Und laut sagte er: »Ich will vielleicht davonkommen. Aber in erster Linie will ich ein Bett, einen vernünftigen Kaffee und ein Klo. Wenn ich das nicht bekomme, passieren hier schlimme Dinge.«
    Er wunderte sich selbst, wie lässig er diesen Unsinn von sich geben konnte. Und wieder dauerte es eine ganze Weile, bis die Entgegnung kam: »Wie jetzt? So was gibt’s nicht.«
    Lorenz wunderte sich, warum der Mörder für diesen dummen Satz so lange gebraucht hatte. Das traute er sich jedoch nicht zu äußern, und so wartete er einfach stumm ab, was weiter geschehen würde.
    Dann meldete sich die Stimme wieder: »Bevor ich entscheide, was mit dir passiert, will ich eins wissen: Wie kann ein alter Mann, der so nett daherkommt, so böse sein?«
    Lorenz antwortete: »Böse? Man nennt mich kauzig, schräg, starrköpfig und stur, anstrengend, seltsam, ja sogar unmöglich. Aber böse? Das ist mir neu. Gefällt mir aber.«
    »Das ist kein Witz hier!«, schrie es aus dem Lautsprecher. »Du glaubst wohl, wir machen hier nur ein kurzes nettes Interview?«
    Lorenz sah in die Kamera und schüttelte langsam den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht. Aber was willst du denn von mir? Diese seltsamen Sprüche, die Rätsel, für deren Lösung ich nicht einmal annähernd genug Zeit bekam, das ergibt doch alles keinen wirklichen Sinn. Ist dir das bewusst oder fehlen mir noch ein paar Bausteine? Bin ich hier, damit du mich kurz vor meinem Ende noch aufklärst? So machen das doch die Bösewichte im Film.«
    »Was soll das heißen?« Die Stimmverzerrung konnte den verwirrten Unterton nicht verbergen. Lorenz hatte das Gefühl, die Situation langsam in den Griff zu bekommen. Er wusste nicht, wie empfindlich das Mikrofon war, das ihn belauschte, deshalb verbot er Kommissar Wollbrand einen passenden Kommentar. »Soll heißen, dass du mir keine Angst machen kannst. Bring mich um, wenn du dem natürlichen Lauf der Dinge ein paar Tage vorgreifen willst, aber erleichtere dein Gewissen vorher, indem du mir sagst, was mit Gerda geschehen ist. Du hast sie doch auf dem Gewissen, nicht wahr? Was hat es mit dem Bild auf sich, das du übermalt hast? Wie ist sie gestorben? Das bist du mir schuldig, dann mach mit mir, was du willst. Es wird dich erleichtern, glaub mir. Und im Übrigen muss ich mich jetzt auch ganz dringend erleichtern, sonst passieren hier in diesem engen Raum Dinge, die du wirklich nicht sehen willst.«
    Es blieb lange Zeit still. Lorenz bildete sich ein, aus dem Lautsprecher so etwas wie hektisches Atmen zu hören. Dann meldete sein Entführer sich wieder. »Du kannst aufs Klo gehen. Aber erst wenn ich weiß, warum du das alles getan hast.«
    »Was getan?«
    »Diese Morde natürlich. Der alte Naas, die Studentin, das ergibt doch alles keinen Sinn!«
    Lorenz schüttelte verwirrt den Kopf. »Ja, bist du denn des Teufels? Hast du etwa in den Spiegel geschaut und darin mein Frätzchen gesehen? Verwechselst du da nicht etwas?«
    Erneut waren hektische Atemzüge zu vernehmen, dann knackte es im Lautsprecher, und das Licht erlosch. Lorenz saß wieder im Dunkeln, noch verwirrter als vorhin. Selbst Kommissar Wollbrand war verdutzt und bot keinerlei Kommentare an.
    Der

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