Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)
in der folgenden Stunde nicht ans Telefon ging, begann er, sich Sorgen zu machen. Was war da los?
Schließlich rief er in ihrem Büro an, wo eine ganz und gar in sich ruhende Sachbearbeiterin Schellander saß, die ihm zu verstehen gab, dass es wirklich keinen Grund, überhaupt keinen Grund gab, sich um die Chefinspektorin zu sorgen.
»Bleiben S’ ganz ruhig. Die wird sich schon melden, vielleicht braucht sie mal Ruhe und isst gerade am Würstlstand einen Käsekrainer.«
»Was ist das wieder für eine seltsame Wiener Erfindung?«
Auch über tausend Kilometer Entfernung spürte Thomas Bernhardt, wie die Gute einschnappte.
»Das ist eine schöne Brühwurst aus Schweinefleisch mit ordentlich Käse drin. Das haben Sie in Berlin mit Ihrer Currywurst nicht.«
»Ja, stimmt, es geht halt immer noch schlimmer.«
Es gelang ihm gerade noch, ihr aufzutragen, dass Anna Habel so bald wie möglich bei ihm anrufen solle.
»Was ist?« Katia Sulimma schaute Bernhardt leicht besorgt an. Der schüttelte den Kopf.
»Komisch, dass sich die Habel nicht meldet, das ist nicht ihre Art, die ist sonst immer auf Empfang. Und sie war ganz aufgeregt, sie wollte mir unbedingt was Wichtiges mitteilen – und dann plötzlich Sendepause.«
»Ach, lass sie doch auch mal Pause machen.«
»Nee, die war auf einer Spur, und da lässt die nicht locker. Da ist was passiert.«
Cellarius kam aus dem Nebenraum.
»So, endlich, wir haben die ersten Ergebnisse der Funkzellenabfrage. Also, am besagten Nachmittag, als sie starb, ist Sophie Lechner mehrmals von Sebastian Groß angerufen worden. Was sagst du dazu, Thomas?«
»Tja, er war ihr Freund, deshalb ist’s keine Sensation.«
»Okay, aber dann gibt’s eine österreichische Nummer, die mehrmals auftaucht. Und die hat einen besonderen Schutz, bis uns die Ösis da ranlassen, kann’s dauern. Ich bleib da aber dran. Kann nicht die Habel…?«
»Die ist irgendwie verschwunden, abgetaucht, ich weiß nicht, irgendwie beunruhigend.«
Er versuchte weiter beharrlich, Anna auf ihrem Handy zu erreichen. Aber es tat sich nichts, außer der Mitteilung »Der Teilnehmer ist zurzeit nicht zu erreichen, versuchen Sie es bitte zu einem späteren Zeitpunkt« war nichts zu hören. Er schickte zwei SMS , keine Reaktion. Spätestens da wurde ihm klar, dass etwas gewaltig schieflief. Verdammt, es würde ihr doch nichts passiert sein?
Anna Habel meldete sich auch in der nächsten Stunde nicht. Bernhardt ging zu Freudenreich, und es gelang ihm, ihn zu überzeugen, dass er nach Wien musste. Der Schlüssel zur Lösung liegt in Wien, das hatte er ihm immer wieder beschwörend gesagt, bis Freudenreich es wohl geglaubt hatte. Dann solle er halt den späten Flug nehmen, wenn es der Aufklärung dieses Falles diene. Natürlich sei eines unbedingt nötig: Diskretion, das habe er mit dem Kollegen, dem Hofrat Hromada, verabredet. Freudenreich sprach den Titel mit so viel Hochachtung aus, dass Bernhardt den Eindruck gewann, Freudenreich hätte solch eine Titelmonstranz gerne selbst vor sich hergetragen.
Mit Cellarius besprach er, wie es in Berlin weitergehen sollte. Cellarius sollte sich um die Ergebnisse der Funkzellenabfrage rund um die Kuno-Fischer-Straße und rund ums Windrad kümmern. Hoffentlich würde das was bringen, denn die Daten des Handys von Groß hatten bis jetzt keine auffälligen Verbindungen geliefert.
Hatten sie alles bedacht? Katia Sulimma hatte ihm, bevor sie nach Hause gegangen war, eine dicke Mappe in die Hand gedrückt, die Ergebnisse ihrer Recherche in Sachen Lechner. »Liest sich wie ein Roman«, hatte sie gesagt.
Bernhardt hatte noch ein bisschen Zeit, bis ihn Cellarius zum Flughafen fahren würde. Er ging in sein Büro und setzte sich in seinen Sessel, den er nach hinten kippte und in Richtung Fenster drehte, die Füße legte er auf den Schreibtisch. Es schneite schon wieder. Würde er überhaupt mit dem Flugzeug aus Berlin hinauskommen?
Das leise Klopfen an der Tür hätte er fast überhört.
»Hast du geschlafen?« Cornelia Karsunke stand außerhalb des Lichtkreises der Schreibtischlampe im Halbdunkel. »Entschuldige, wenn ich dich störe.«
»Du störst mich nicht.«
»Ich wollte dir nur sagen: Gestern, das war sicher sehr hart für dich. Ich wollte dir nicht weh tun, das sollst du wissen. Du wirst immer was Besonderes für mich sein. Aber so ging’s einfach nicht mehr weiter.«
»Ist in Ordnung, ich versteh dich, mit mir ist es wirklich zu unsicher.«
»Weißt du, dass dich die Kinder
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