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Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Titel: Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Unterschied und können uns danach richten. Wir wissen, dass es unrecht ist, den Geist eines Menschen so sehr zu verwirren, dass er sich in den Tod stürzt!« Sie blickte Raika anklagend an. »Das warst du, nicht wahr? Unerklärliche Selbstmorde, seltsame Unfälle. Geht das alles etwa nicht auf dein Konto?«
    Sie konnte den Blick nicht ganz deuten, mit dem Raika sie betrachtete. Es war so etwas wie Stolz darin, aber auch Erschrecken.
    »Wie kommst du auf den Gedanken? Du wusstest ja bis vorhin nicht einmal, dass es mich und die anderen gibt.«
    Lorena schüttelte den Kopf. »Nein, ich wusste es nicht, doch die Fälle haben mich nachdenklich gemacht, und nun weiß ich es. Du hast diese Menschen getötet. Sag mir, warum? Was haben sie dir getan?«
    Raika zuckte gelangweilt mit den Schultern. »Das ist die falsche Frage. Wir Nachtmahre töten nicht aus Rache. Normalerweise. Ich meine, was tut das denn zur Sache? Wie du selbst schon gesagt hast, sind wir keine Menschen, und deshalb langweilt es mich außerordentlich, über ihre Moral und ihre Sitten nachzudenken. Wir sind Nachtmahre, und wir leben, wie die Natur es für uns vorgesehen hat. Und meine Natur sagt mir jetzt, dass ich dieser Unterhaltung leid bin und mich amüsieren will. Hamburg ist nah. Komm, wandle dich und lass uns einen Ausflug nach St. Pauli machen. Ich wette, wir werden uns großartig amüsieren.«
    »Nein!«
    »Warum nicht?«
    »Weil mir im Augenblick nicht nach Zerstreuung auf dem Kiez ist.«
    Raika schnitt eine Grimasse und schüttelte den Kopf. »Nach was ist dir denn? Hier an einem kalten See grübelnd in der Einsamkeit abhängen? Ein tolles Programm, das muss ich schon sagen. Ich dachte, du hast dich danach gesehnt, nicht mehr allein zu sein. Nun hast du jemanden deiner Art getroffen, willst ihn aber nicht an dich ranlassen. Du hast mich in deine Moralschublade geworfen und entschieden, es lohnt sich nicht, mich kennenzulernen. Nach Offenheit und Toleranz klingt mir das nicht gerade. Aber gut, wenn du nichts mit mir zu tun haben willst, dann gehe ich allein. Ich wünsche dir erfolgreiches Grübeln. Wer weiß, vielleicht laufen wir uns in ein paar Jahren mal wieder über den Weg.«
    Sie wandelte sich vor Lorenas Augen. Es ging blitzschnell, und Lorena konnte im ersten Moment gar nicht genau sagen, was sich an ihr verändert hatte, so sehr glichen sich ihre menschliche und ihre Nachtmahrgestalt. Sie ahnte, dass dies nicht immer so gewesen war.
    Dann konnte man also mithilfe der Magie auch sein menschliches Aussehen formen? Sie spürte ihr eigenes Begehren nach dieser Schönheit, verdrängte den Gedanken aber und konzentrierte sich wieder auf Raika, die nur äußerlich unverändert schien. Ihre Ausstrahlung war eine andere. Lorena spürte die hypnotische Wirkung jeder ihrer Bewegungen. Die Faszination ihres Blicks. Mit träger Anmut entfaltete sie ihre Schwingen.
    »Leb wohl, Lorena.«
    »Halt!«
    Raika bewegte die Flügel, sodass ihre Füße nur noch die Spitzen der Grashalme streiften.
    »Ja?«
    »Du hast recht. Ich sollte nicht so vorschnell in meinem Urteil sein. Ich will dich kennenlernen, und ich habe so unendlich viele Fragen.«
    Raika rollte mit den Augen, doch dann lächelte sie. »Dann wandle dich, auf! Die Nacht verrinnt.«
    Lorena hatte sich noch nie vor den Augen eines anderen gewandelt. Sie schielte nach beiden Seiten, ob sie sich nicht hinter einen Busch zurückziehen konnte.
    »Was ist?«, erkundigte sich Raika ungeduldig. »Du kannst dich doch nach Einbruch der Dunkelheit wandeln. Ich weiß, dass du nicht immer bis Mitternacht warten musst, um dich deiner natürlichen Wandlung zu überlassen.«
    »Ja, schon, aber …« Lorena spürte, wie sie errötete.
    Raika starrte sie verblüfft an. »Es ist dir peinlich? Himmel und Hölle, Schwester! Es ist das Natürlichste für uns auf dieser Welt!« Sie ließ sich ins Gras zurücksinken und trat auf Lorena zu. Mit einer flinken Bewegung streifte sie ihr die Jacke ab. Ihre Finger schlossen sich um ihre Handgelenke. Sie waren kühl, und doch spürte Lorena, wie ein heißer Fluss in ihre Arme überging und bis in ihre Schultern hinaufschoss. »Konzentriere dich!«
    Lorena schloss die Augen und stellte sich ihre Nachtmahrgestalt vor. Wie eine Welle kam die Wandlung über sie, so schnell und so heftig, dass sie aufkeuchte. Sie riss die Augen auf und sah an sich hinunter.
    »Recht nett«, kommentierte Raika. »Und nun komm!«
    Sie breiteten ihre Schwingen aus und flogen gemeinsam auf den

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