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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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die braune Brühe und nassen, grauen Beton. Ein Meter noch, ein lächerlicher Meter zwischen Leben und Tod, zwischen einem Morgen und einem ewigen Gestern. Der unterirdische Bunker füllte sich wie ein steinernes Aquarium, langsam, aber mit unerbittlicher Stetigkeit.
    Die Decke kam schnell näher und die Masse aus toten Ratten schien sich langsamer zu drehen. Nach drei Anläufen gelang es Marzin endlich, unter den Schwimmer des Flutventils zu kommen, und entschlossen klammerte er sich daran, dann drückte er ihn so weit nach oben, wie er nur konnte. Die Kugel berührte die Decke und Marzin wartete, aber nichts geschah. Das Wasser stieg weiter. Er bewegte den Schwimmer auf und ab, um damit den möglicherweise eingerosteten Mechanismus zu lösen. Vergebens. Marzin resignierte und legte sich auf den Rücken, als jemand ihn anstieß. Wolle war neben ihm in der Dunkelheit, seine Stirnlampe leuchtete nur mehr schwach.
    »Nimm deinen Helm und halte ihn an die Decke.« Wolle zeigte Marzin, wie er aus dem orangefarbenen Helm seine kleine persönliche Taucherglocke schaffen sollte. »Das wird uns einige Augenblicke länger Luft verschaffen«, keuchte der grauhaarige Mann und dann war das Wasser auch schon da, stieg stetig weiter und drückte sie an den Beton über ihnen. Und dann wurde es schlagartig dunkel, als beide Stirnlampen verlöschten.
    Marzin fühlte, dass der Augenblick der Entscheidung näher rückte. Er atmete flach, spürte aber gleichzeitig, wie die Luft im Helm trotzdem zur Neige ging. Was war mit dem verdammten Mechanismus los? Warum floss das Wasser nicht ab? Hatten die Jahrzehnte das Flutventil blockiert? Er versuchte verzweifelt, die Luft anzuhalten. Die ersten weißen, blitzenden Sterne tauchten vor seinen Augen auf, dazwischen rote Feuerräder, die in allen Regenbogenfarben explodierten.
    Da spürte er plötzlich, wie sein Körper nach unten gezogen wurde. Er riss den Helm vom Gesicht und tauchte in einer vollkommenen Dunkelheit aus der Brühe auf, spürte kühle Luft und atmete dankbar tief durch, den Mund so nahe wie möglich an der Decke. Der Gestank war verschwunden.
    »Wolle!« Marzin schrie, so laut er konnte. »Wolle, wo bist du?«
    »Schrei nicht so, ich bin halb ertrunken und jetzt gleich völlig taub, wenn du weiterhin in mein Ohr brüllst«, tönte es aus der Dunkelheit, keine Armeslänge von Marzin entfernt. »Sie haben einen Verzögerungsschalter in das Flutventil eingebaut, damit auch alle tatsächlich ersaufen, bevor das Wasser abrinnt. Wahre Menschenfreunde! Jetzt bin ich richtig wütend. Ich sprenge diese verdammte Kiste in die Umlaufbahn!«, keuchte Wollner.
    Marzin lächelte in die Dunkelheit und versuchte, die Körper der toten Ratten zu ignorieren, die immer wieder an seine Arme und Hände stießen. Der Wasserspiegel sank noch schneller, als er zuvor gestiegen war. Es gurgelte und rauschte und Marzin kam sich vor wie in einer riesigen Badewanne, aus der jemand das Wasser ausließ.
    »Ich würde gerne irgendetwas sehen«, meinte Wolle und versuchte vergebens, die Lampe auf seinem Helm wieder in Gang zu bringen. »Hier ist es so dunkel wie im Ar…«
    »Gut, gut, erspar mit das, ich mach schon Licht«, erwiderte Marzin und plötzlich schnitt ein bleistiftdünner Strahl durch die Dunkelheit. »LED-Taschenlampe, fünf Euro, Flohmarkt am Ostbahnhof, wasserdicht.«
    »Angeber«, grinste Wollner dankbar und schaute sich rasch um. Die Plattform mit der Kiste tauchte wieder aus den Fluten auf, das Wasser rann in schmalen Bächen entlang der Metallscharniere und Beschläge. »Ich hoffe, sie haben den Inhalt eingeschweißt, sonst war alles umsonst«, murmelte Wolle.
    »Darauf kannst du Gift nehmen«, antwortete Marzin, der neben ihm schwamm. »Hier hat niemand etwas dem Zufall überlassen. Wer immer diese Kiste da oben abgestellt hat, der hatte einen tödlichen Plan. Sogar der Wasserschacht war genau so ausgerichtet, dass der Strahl die Tür treffen und zuschlagen würde. Das ist übrigens etwas, das mir noch Kopfzerbrechen bereitet.«
    »Deine Genies haben nicht mit mir gerechnet«, sagte Wolle, als er sich zur Plattform mit der Kiste hochzog und Marzin hinaufhalf. »Ich habe vorsorglich den Mechanismus der Tür blockiert, mit einem ganz gewöhnlichen Streifen Textilklebeband. So konnte er nicht einrasten. Ein einziger Ausgang ohne Alternative macht mich immer nervös …«
    »Gott erhalte dir deine Nervosität«, gab Marzin zurück und wandte sich der Kiste zu. Er ging in die Knie und

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