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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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er bei dem vierten Transport ein Fass der Pelze auf eigene Rechnung verkauft und sogar mit den entgangenen Löhnen ordentlich verrechnet. Doch Houwschild
hatte sich betrogen gefühlt und Fuhrer der Veruntreuung von Waren, des Betrugs bei den Frachtlöhnen und anderer Vergehen angeklagt.
    »Was für ein Idiot. Nicht Fuhrer, sondern Houwschild«, entfuhr es Alyss.
    »Das ist auch mein erster Eindruck, Frau Alyss, doch ich bin nicht befugt, daraus ein Urteil abzuleiten. Das können nur die Herren der Gerichtsbarkeit.«
    »Natürlich. Und dazu müsste Fuhrer Houwschild anzeigen.«
    »So ist es.«
    »Und dann müsste man Houwschild zu dem Fall befragen.«
    »Auch das ist richtig.«
    »Er wird sich im Recht glauben.«
    »Gewiss.«
    »Er ist es aber nicht.«
    »Vermutlich nicht.«
    »Weshalb man ihn womöglich ebenfalls peinlich befragt?«
    »Nicht auszuschließen.«
    »Mhm.«
    Während Alyss verschiedene hoch bemerkenswerte Folgen aus dieser neuen Erkenntnis durch den Kopf ratterten, nahm der Notarius einen der Honigkuchen und verspeiste ihn mit zierlichen Bissen.
    »Seid Ihr befugt, Meister Houwschild anzuklagen, Magister Jakob?«
    »Wenn ich dazu beauftragt werde.«
    Alyss lächelte ihn zufrieden an, und die Augen des Notars blitzten plötzlich auf. Gewohnt tonlos fragte er: »Habt Ihr ein Huhn mit Houwschild zu rupfen?«

    »O ja, Magister Jakob, o ja. Und da mein Bruder eben die Folgen einer Befragung unter Folter beseitigt hat, wird er nötigenfalls ein schönes Szenario zu entwerfen in der Lage sein.«
    »Es wäre mir ein ausgesuchtes Vergnügen, Frau Alyss, Euren inquisitiones beizuwohnen. Darf ich fragen, wessen Ihr Houwschild beschuldigt?«
    »Kindesentführung und Raub meiner Brautkrone, die, wie ich erwähnen möchte, einen beträchtlichen Wert darstellt und Teil meines Brautschatzes ist.«
    »Dammich!«
    »Wie Ihr sagt.«
    »Weshalb Ihr die Freiung desselben erst in Angriff nehmen möchtet, wenn Ihr wieder im Besitz Eures vollständigen Eigentums seid, nehme ich an, Frau Alyss?«
    »So ist es.« »Schickt mir Nachricht, wenn Ihr meine Hilfe benötigt. Eure Kuchen sind gut. Danke, ich finde alleine hinaus.«
    Verdutzt sah Alyss dem hurtigen Abgang des Notarius hinterher. Er hatte, neben seiner betulichen Nüchternheit, hin und wieder etwas ziemlich Sprunghaftes an sich, und langsam fragte sie sich, welches von beidem wohl seine wahre Natur war.
     
    In der Küche zankte Hilda mit Lore.
    Alyss sandte der Haushälterin einen mahnenden Blick zu, und die stellte grummelnd ihr Gezeter ein.
    »Gib dem Kind eine Schüssel Suppe, wir haben genug davon.«
    »Ist aber das gute Schmalz und Gänsefleisch drin.«
    »Das wird dem Mädchen nicht schaden.«

    Alyss setzte sich zu Lore an den Tisch und sah ihr zu, wie sie geschwind die heiße Suppe hinunterschlang, Als sie fertig war, sah der Rotschopf hoch und fragte: »Vorschuss für was?«
    »Alles, was du über Ebby und Heini hörst.«
    »Hat Susi schon gefragt. Kenn ich nicht.«
    »Alles, was eine kostbare Krone betrifft.«
    Jetzt bekam Lore riesengroße Augen.
    »Krone?«
    »Frau Alyss, seid still!«, fauchte die Haushälterin sie an.
    »Ich vertraue Lore, Hilda.«
    »Kronen tragen Könige. Mit denen hab ich nix zu tun.«
    »Bräute tragen Kronen.«
    »Oh, ähm, ja.« Und dann grinste das Mädchen. »Bräute, na ja. Also, so’ne Art kenn ich. Die haben auch feinen Putz, ja.« Und Lores Grinsen wurde noch breiter. »Von Euren Leuten besucht sie auch einer. Vielleicht hat der ihnen ja eine mitgebracht.«
    »Von meinen Leuten?«
    »Na, die hier manchmal essen.«
    »Erstens gehört Master John nicht zu ›meinen Leuten‹, und zweitens hat er gewiss den Schwälbchen keine Krone mitgebracht.«
    »Ich mein nicht den Tuchhändler. Ich mein den Pfaff.«
    Alyss blieb buchstäblich der Mund offen stehen.
    »Magister Hermanus? Bei den Dirnen?«
    »Ja, meint Ihr, die Herren Priester und Mönche würden wirklich keusch leben, wohledle Frau? Da kennt Ihr das Pack aber schlecht.«
    »Nein, Lore, so dumm bin ich nicht. Nur … mhm … bei Magister Hermanus kam es mir nie in den Sinn. Er ist ein solcher Moralapostel.«

    »Das«, betonte Lore mit dem ganzen Wissen ihrer Jahre auf den Gassen, »sind die, die’s am schlimmsten treiben.«
    Hilda schien von einem Hustenanfall gebeutelt, und Alyss war heilfroh, dass das Hauswesen nicht Zeuge dieser Unterredung war. Sie gab dem Mädchen noch zwei Käferwecken und bedankte sich für ihre Auskünfte. Die Höflichkeit schien Lore zu irritieren,

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