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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Hinter den Nephilim, die ihm entgegenströmten, dort, wo die Straßen verlassen waren und die Trümmer der Häuser auf dem Pflaster lagen, trat ein Schatten aus der Dunkelheit eines flirrenden Portals, ein Schatten mit bleichem Gesicht und pechschwarzen Augen – der Oberste Dämon der Hölle.
    Bhrorok.

45
    Nando rührte sich nicht, als Bhrorok über die Trümmer auf ihn zutrat. Er wusste, dass eine Flucht unmöglich war, und er spürte noch immer die Präsenz des Teufels in seinen Gedanken und dessen Blut in seinen Venen. Luzifer würde ihn zu Stein erstarren lassen, wenn er auch nur eine falsche Bewegung machte, das stand außer Zweifel.
    Bhrorok blieb dicht vor ihm stehen. Er errichtete einen Bannkreis um sie herum, der mit schwarzen Flammen aufloderte und die Angriffe der Engel fernhielt, die nun vereinzelt über die Dächer und aus den Gassen näher kamen. Sie hatten den Dämon erkannt, doch ihre Zauber glitten an seinem Wall ab wie Wasser an Felsen.
    Bhroroks Kälte nahm Nando den Atem. Etwas wie Achtung flammte in dessen Augen auf, und er legte die linke Hand an die Brust. Erstaunt stellte Nando fest, dass der Dämon ihm Respekt zollte, doch gleich darauf erlosch jedes Feuer in dessen Augen, und er begriff, dass Bhrorok den Fürsten der Hölle in ihm erkannt hatte. Seinem Herrn gebührte seine Ehrfurcht. Dem Teufelssohn jedoch zollte er nichts als Verachtung.
    Du hast noch immer die Wahl, raunte Luzifer, und Nando schien es, als wären es seine eigenen Gedanken, die zu ihm sprachen. Du kannst hier sterben – oder du kannst mir folgen. Es liegt ganz bei dir.
    Die Kälte wich aus Nandos Körper, und er rang nach Atem, als würde er aus einem tiefen Meer an die Oberfläche gezogen. Er hustete und wäre beinahe gefallen, so heftig fühlte er auf einmal die Erschöpfung in seinen Gliedern, und doch schien es ihm, als würde er erstmals wirklich die Farben Bantoryns sehen. Die schwarzen Häuser, die flackernden Lichter der Laternen, der rote Staub des Mohns erschienen ihm so eindringlich und schön, als hätte er sie noch nie zuvor erblickt – oder als sähe er sie zum letzten Mal.
    Der Teufel hatte seinen Körper verlassen. Aus Bhroroks schwarzen Augen starrte er auf ihn herab. Nando erwiderte seinen Blick. Noch einmal wallte das Triumphgefühl in ihm auf, die Hitze in den Adern, als er höchste Magie mit solcher Kraft gewirkt hatte und über die Dächer der Stadt hinweggerast war. Doch er erinnerte sich auch an die Finsternis, in die er gestürzt war, an den Zweifel, die Furcht, das Entsetzen und vor allem an die Gleichgültigkeit und die Kälte, die ihn in dieser Leere umfangen hatten. Langsam schüttelte er den Kopf.
    Nein , flüsterte er. Lieber sterbe ich, als dass ich in deine Schatten falle.
    Luzifer sah ihn an, reglos und mit versteinertem Lächeln auf den Lippen. Dann wurden seine Augen schwarz, und ihre Dunkelheit zerfraß sein Gesicht und verschmolz es mit den Augen Bhroroks. Sofort packte der Dämon ihn an der Kehle und riss ihn zu sich heran.
    »Teufelssohn«, grollte er. »Dein Tod wird qualvoll für dich sein. Du wirst leiden – so wie mein Wolf gelitten hat!«
    Verächtlich stieß Nando die Luft aus. »Ich hätte nicht gedacht, dass du um einen Wolf trauerst«, presste er hervor. »Du, ein Geschöpf der Hölle, das nichts in sich trägt als Finsternis – und den Willen deines Herrn!«
    Er wollte noch mehr sagen, doch noch während er Bhrorok musterte, tauchten Bilder in dessen Augen auf, verwaschen und unscharf wie aus einem halb vergessenen Traum. Nando sah das Tappen des Wolfs im Dickicht, ehe er zu Bhroroks Gefährten geworden war, er sah ihn durch einen Wald aus Asche jagen und auf einsamen Felsen stehen, den Kopf zum Heulen in den Nacken gelegt, und er sah kalkweiße Hände, die sich in pechschwarzes Fell gruben, wärmesuchend und beinahe sanft. Das alles erkannte Nando in Bhroroks Blick, zäh und kalt kroch das Erstaunen hinter seine Stirn. Unverhohlener Zorn flammte über das Gesicht des Dämons, als dieser merkte, dass Nando ihn erkannt hatte, gepaart mit heillosem Schrecken.
    Bhrorok riss die Augen auf, sie vereisten mit leisem Knacken, bis sie nichts mehr waren als gesprungene schwarze Kristalle. Schwer legte sich der Zauber um Nandos Kehle, und ein Kältestoß durchfuhr ihn, sodass er aufschrie. Wie ein Speer schoss er in seine Kehle bis hinunter in sein Herz. Er bekam keine Luft mehr, gleißendes Licht floss aus seinem Körper in Bhroroks Klaue, bis sie beide von silbernen Flammen

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