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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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England und Schottland zu Großbritannien vereinte?«
    »Tatsächlich, du hast Recht.«
    »Könnte das nicht ein Hinweis sein?«, fuhr Jonathan aufgeregt fort. »Du erzähltest doch gerade eben, dass die alte Weissagung über unsere Familie von einer Vereinigung sprach und jetzt findet sich dieses Pergament genau zwischen den Seiten, die das Datum einer anderen Vereinigung enthalten. Findest du nicht, dass das ein seltsamer Zufall ist?«
    Lord Jabbok runzelte die Stirn. »Das ist wirklich merkwürdig. Vielleicht hast du tatsächlich Recht und das da ist wirklich das verschollene Familienvermächtnis.« Nach einer Weile fügte er hinzu: »Sei’s drum, ich werde diese vorausgesagte Vereinigung nicht mehr erleben, wie sie auch immer aussehen mag. Aber du bist noch jung. Bei deinem klugen Kopf wirst du vielleicht einmal ein großer Gelehrter und kannst der Menschheit einen Dienst von solchen Ausmaßen erweisen, wie ihn diese alte Prophezeiung verheißt.«
    »Ja«, hatte Jonathan nachdenklich erwidert. »Vielleicht.«
    Später hatte er noch lange vor der Handschrift gesessen unddarüber nachgegrübelt. Schließlich war er zu der Überzeugung gelangt, dass er das Pergament als eine Aufforderung ansehen musste, ja, eine Ermahnung sich um die Geschehnisse seiner Träume zu kümmern. Diese Träume waren wichtig! Denn warum sonst gab es hierzu eine zwei Jahrtausende alte Prophezeiung?
    Im Traum der folgenden Nacht stellte Kaiser Zirgis an Yonathan die etwas merkwürdige Forderung Speiseeis herzustellen. Damit war Jonathans Entschluss endgültig gefallen: Er musste Yonathan helfen!
    Doch wie sollte er das anstellen? Sicher, schon einmal war er mit seinem Traumbruder zusammengetroffen, aber das hatte sich ohne sein Zutun ergeben; vielleicht war es auch ein Hinweis jener Macht gewesen, die sein anderes Ich in die Welt seiner Träume gepflanzt hatte. Doch damals hatte dieses Ereignis nur noch mehr zu Jonathans Verwirrung beigetragen. Er erinnerte sich an den zehnten Sohn in der Geschichte des Erzählers von Meresin. Immer wieder war dieser Sohn seinem eigenen Weg ausgewichen, war erfolglos vor ihm geflohen und beinahe daran zugrunde gegangen. Bis er endlich merkte, dass er nur dann, wenn er diesem Weg folgte, das Glück finden konnte, das er sich so sehnlich erhoffte.
    Auch er, Jonathan, wollte von nun an seinem Weg folgen. Er wollte nicht mehr länger zuschauen, sondern daran mitwirken, dass Yonathan den Garten der Weisheit erreichte. Denn er wusste, dass er so eins werden konnte mit jenem gesunden, starken Yonathan, dass diese Hilfe und Unterstützung sie beide für immer verschmelzen würde.
    Deshalb war er vor acht Tagen mit seinem Stuhl lautlos über die Steinfliesen in die Küche gerollt. Dabei hatte er der Köchin Elma einen gehörigen Schrecken eingejagt.
    »Ich hab Euch gar nicht gehört, Master Jonathan. Was wollt Ihr denn hier in der Küche? Geht Euch wohl endlich wieder besser, und Ihr wollt ‘n bisschen naschen, so wie früher, als Ihr noch klein wart?«
    »Nein, vielen Dank, Elma. Ich habe keinen Hunger. Ich komme, weil ich dich etwas fragen wollte.«
    »Wollt Ihr etwa mein Rezept für gefüllten Truthahn ausspionieren?« Elma hob mit gespielt strenger Miene den Zeigefinger und fügte hinzu: »Ich sag Euch, Lord Jabbok, das bekommt Ihr nicht – und wenn ich mein Leben dafür geben müsst!«
    Jonathan schmunzelte. »Eigentlich wäre es mir lieber, wenn du noch lange lebst, Elma. Sonst habe ich ja niemanden mehr, der mir so köstliches Erdbeer-und Schokoladeneis macht. Es sei denn, du verrätst mir, wie ich dieses Eis selbst herstellen kann…«
    Elma straffte die Schultern. Sie fühlte sich geschmeichelt. Doch dann erinnerte sie sich des zweiten Teils seiner Bemerkung: »Wenn’s Euch nur darum geht, nun gut. Nehmt das Speiseeis-Rezept und zieht von dannen. Ich aber werde mich in meinen Kochlöffel stürzen und das Gefüllter­Truthahn-Geheimnis wird mit mir ins Grab gehen!«
    Jonathan hatte erfahren, was er wissen wollte.
    Aber nun hatte er ein ganz anderes Problem: Wie sollte er es an Yonathan, seinen Traumbruder, weitergeben?
    Lange wälzte er in seinem Kopf alle erdenklichen Möglichkeiten. Als plötzlich die Lösung in seinen Gedanken wie ein Gewitterblitz aufleuchtete, fragte er sich, warum er nicht früher darauf gekommen war.
    Die Schranke zwischen Neschan und der Welt, in der er lebte, war in seinem Kopf, dort, wo Träume entspringen und wo Glaube und Zweifel entstehen. Nachdem er alle Zweifel bezüglich

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