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Nichts als Erlösung

Nichts als Erlösung

Titel: Nichts als Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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genauer vornehmen, vielleicht gibt es doch etwas darauf zu entdecken. Aber jetzt, hier, in dieser Sekunde geht es erst mal um die Geheimnisse des Felix Schmiedels.
    René Zobel streckt die Beine aus und gibt sich dem Panorama hin, das sich ihm bietet. Hinter Roswithas Minigärtchen ist Hürth zu Ende, da ist nur noch ein Feld mit Überland-Stromleitungen. Man kann das mögen, ja sogar schön finden, und so übel ist es tatsächlich nicht, zumindest nicht, während der Himmel sich allmählich so orange einfärbt wie Roswithas Hose.
    Sie lächelt noch immer, als sie wieder auf die Terrasse kommt. Reicht ihm ein eiskaltes Glas Sekt und platziert eine Platte sehr appetitlicher Schnittchen in der Mitte des Tischs, bevor sie mit einem zufriedenen Seufzer in den Sessel an seiner Seite sinkt. Roswitha Schmiedel, eine Frau über 40. Auf einmal bewundert er sie dafür, wie sie sich ihr Leben einrichtet und offenkundig auch zu genießen versteht. Als sie einst ihrem Felix das Jawort gab und mit ihm hier einzog, hat sie ganz sicher nicht davon geträumt, hier allein leben zu müssen.
    Der Sekt ist nur halbtrocken, passt aber erstaunlich gut zu dem dunklen Baguette mit Salami und Gurke. Es gibt auch Käseschnittchen mit Radieschen, aber Radieschen erinnern ihn an das Gemüsebeet des Kinderheims Frohsinn. Opfer der Nationalsozialisten seien die toten Kinder, die man darin geborgen habe, hat Reiermann gesagt, ob die Vollenweiders davon gewusst haben, sei wohl nicht mehr zu klären. Gemüseanbau auf einem Massengrab – man darf sich das nicht zu plastisch ausmalen, wenn man bei Verstand bleiben will. René Zobel schluckt den letzten Bissen herunter und säubert sich den Mund mit einer Blümchenserviette, die seine Gastgeberin für ihn bereitgelegt hat.
    Sie prostet ihm zu, lächelt, mustert ihn auf eine Weise, die ihm einen Hitzeschwall ins Gesicht jagt. Roswitha, verdammt, wer hätte das gedacht, entwickelt sich noch zur Venusfalle. Er schenkt ihr Sekt nach. Sie legt die Füße auf eine gepolsterte Fußbank. Hübsche Füße mit perfekt gepflegten, blutrot lackierten Nägeln, registriert er, während sie aus den Weiten ihres Gewands eine Lesebrille zutage fördert und sich in das Interview ihres treulosen Gatten vertieft.
    Der lügt. Wenn Roswitha das gleich bestätigt – und er ist sicher, dass sie das tun wird –, dann hat er vermutlich nicht nur eine Superstory, dann kann er vielleicht sogar einen völlig neuen Ermittlungsansatz für die Aufklärung eines Verbrechens liefern, an dem sich die Polizei seit zwei Jahrzehnten die Zähne ausbeißt. Oder haben sie Miriams Freund schon längst im Visier? Konzentration, René, Konzentration, ermahnt er sich stumm. Eins nach dem anderen, hier spielt jetzt die Musik. Er gönnt sich noch ein Schnittchen und betrachtet Roswitha. Sehr erbaulich scheint sie die Einlassungen ihres Gatten nicht zu finden, ihr Gesicht sieht wieder mopsig aus, zwischen den Augenbrauen steht eine steile Falte.
    »Wissen Sie, was ich glaube?« René Zobel senkt die Stimme, als gelte es, das, was er gleich sagen wird, gegen heimliche Mithörer zu schützen. »Ich glaube, Ihr Mann hat ein Problem mit Frauen.«
    »Exmann.« Sie lässt die Zeitung sinken.
    »Exmann, natürlich, ja.«
    Sie lächelt auf eine Weise, die ihn schon wieder verlegen macht. »Ein Problem mit Frauen. So. Das glauben Sie.«
    Er macht eine Geste, die Haus, Garten und Roswitha umfasst, deutet dann auf den KURIER. »Das wirkt doch alles gekünstelt und wird Ihrer Freundin Miriam überhaupt nicht gerecht. Ich bin sicher, sie selbst hätte etwas ganz anderes über ihre Jugendliebe zu erzählen, sie …«, er hält inne, lächelt. »Aber das brauche ich Ihnen ja nicht zu sagen, Sie waren ja ihre Freundin, und was Freundinnen sich so alles anvertrauen, davon können wir Männer ja nur träumen …«
    Sie nippt an ihrem Sekt und betrachtet das Feld, auf dem jetzt zwei kläffende Köter rumrennen und ihr Geschäft verrichten. Ein Hauch Gülle steigt ihm in die Nase, aber vielleicht bildet er sich das auch nur ein.
    »Es war damals bestimmt nicht ganz leicht für Sie und Felix, das schreckliche Drama loszulassen und nach vorn zu blicken und sich zu Ihrer Liebe zueinander zu bekennen. Man muss sich ja nur mal vorstellen, was geschehen wäre, wenn Miriam wie durch ein Wunder doch überlebt hätte und zurückgekehrt wäre und entdeckt hätte, dass ihr Freund und ihre beste Freundin …«
    »Sie waren doch gar nicht mehr zusammen, als das …« Roswitha

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