Normal: Gegen die Inflation psychiatrischer Diagnosen (German Edition)
Dollar zu verhindern, aber darauf verzichten, mit derselben Technologie arzneimittelbedingte Todesfälle zu verhindern?
Der Handel mit illegalen Drogen ist, wie sich gezeigt hat, trotz entschiedener und kostspieliger staatlicher und polizeilicher Maßnahmen unmöglich zu kontrollieren. Im Vergleich dazu wäre die Kontrolle verschreibungspflichtiger Medikamente ein Kinderspiel, denn deren Vertrieb erfolgt über Apotheken, die digital vernetzt sein könnten. Es könnten Richtlinien erstellt werden, wie sich alle verdächtigen Transaktionen (z. B. zu viele verschiedene Medikamente auf einem Rezept oder zu hohe Dosierungen, zu häufige Rezepteinreichung und/oder Einreichung von Rezepten verschiedener Ärzte für ein und dasselbe Medikament) herausfiltern und Ärzte, die gewohnheitsmäßig zu viel verschreiben, identifizieren ließen. Sonderfälle müssten nachvollziehbar begründet werden (so wie gegenüber MasterCard der Grund der Abbuchung erklärt werden muss, die den Betrugsalarm ausgelöst hat); andernfalls würden tödliche Arzneimischungen und fahrlässige Ärzte aus dem Verkehr gezogen.
Mir fallen nur drei mögliche Gründe ein, die gegen dieses System sprechen, und keiner ist wasserdicht. Der erste ist die Kostenfrage – wer soll das bezahlen? Ganz einfach: Wir geben ein Vermögen aus, um den Import illegaler Drogen zu stoppen, der sich natürlich nicht stoppen lässt, denn unsere Grenzen können wir nun mal nicht hermetisch abriegeln. Aber unsere Apotheken, die als Vertriebsstelle für legale Drogen das Äquivalent der Landesgrenze sind, wären mit Computern, die niemals schlafen, ohne großen Aufwand zu überwachen. Die Kosten dafür wären mit einer winzigen Steuer auf die immensen Einnahmen der Pharmabranche gedeckt.
Zweiter Einwand: Wie sollen wir sämtliche Arzneimittelhersteller und Apotheken zum Mitmachen bewegen – sind Verschreibung und Vertrieb von Medikamenten nicht viel zu fragmentiert für eine zentrale Kontrolle? Keineswegs. Apothekenketten, wie sie in manchen Ländern erlaubt sind, und vor allem Versandapotheken könnten ohne Weiteres gezwungen werden, sich einem System zur Vorbeugung gegen Missbrauch verschreibungspflichtiger Medikamente zu fügen.
Der dritte Einwand ist der einzige, der sich weniger leicht entkräften lässt: Ist ein Warnsystem nicht eine potenzielle Big-Brother-Verletzung der Privatsphäre, das in falschen Händen seinerseits zu Missbrauch führen kann? Dieses Argument hätte mehr Gewicht, wenn das Problem des Missbrauchs verschreibungspflichtiger Medikamente nicht so gravierend wäre und die Privatsphäre aufgrund der von den Krankenkassen bereits praktizierten Dokumentation und Überwachung nicht ohnehin schon verletzt würde. Die Einführung eines effizienten, universalen Alarmsystems wäre ein großer Vorteil, der nur mit einem geringen zusätzlichen Risiko verbunden wäre.
Welche Auswirkungen hätte dies für die diagnostische Inflation? Erhebliche: Dieser Schwanz wedelt mit dem Hund. Sobald eine Diagnose mühelosen Zugang zu einem gewünschten Medikament verschafft, wird sie häufiger gestellt. Großzügig diagnostizierende und verschreibende Ärzte werden auf beiden Gebieten mehr Zurückhaltung üben, wenn sie wissen, dass sie elektronisch überwacht werden.
Dies ist die eine Schlacht im Krieg gegen Drogen, die wir gewinnen können und müssen.
Schlachtung schwarzer Schafe
Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA und die Europäische Arzneimittelagentur EMA bzw. die Europäische Kommission nehmen einige (allerdings nicht annähernd ausreichende) Mühen auf sich, um neue Medikamente vor der Zulassung zu prüfen und zu bewerten. Aber ist ein Arzneimittel erst einmal zugelassen, hat es mehr oder weniger für alle Zeiten freie Fahrt. Sofern ein Medikament nicht haarsträubende Nebenwirkungen hat oder tatsächlich Patienten umbringt, fällt es oft Jahrzehnte nicht weiter auf, denn in Ermangelung eines ausreichenden Budgets findet nach der Zulassung praktisch keine Kontrolle mehr statt, die alle nutzlosen und/ oder schädlichen zugelassenen Medikamente wieder vom Markt nähme.
Zum Beispiel Alprazolam (unter den Handelsnamen Xanax, Xanor, Tafil auf dem Markt). In den Achtzigerjahren als Wundermittel und Ersatz für Valium und Librium eingeführt, wird es von den Patienten geliebt und häufig von Hausärzten eingesetzt. Aber ein Wunder sind Xanax & Co. weniger als nützliches Medikament als vielmehr in puncto Rentabilität und Langlebigkeit. Die therapeutische
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