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Nur dein Leben

Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Klaessons von Journalisten umlagert gewesen. Naomi konnte es noch immer kaum fassen. Die Polizei hatte den Zufahrtsweg abgesperrt, aber schon eine gute Stunde nach Ankunft des ersten Streifenwagens standen Fotografen mit Teleobjektiven auf den angrenzenden Feldern und machten Aufnahmen vom Tatort. Die Straße hinunter parkten an die zwölf Medienfahrzeuge und ein Kameramann schwebte auf einem Hubkran von Sky TV über dem Geschehen.
    Der Polizist schaltete das Aufnahmegerät auf dem Tisch ein. »Freitag, sechzehnter Januar …« Er pausierte kurz und sah auf die Uhr. »… zehn Uhr zwölf. Vernehmung von Mrs. Naomi Klaesson, durchgeführt von Detective Sergeant Tom Humboldt und Detective Constable Jo Newman.«
    Seine Stimme klang angestrengt freundlich. »Mrs. Klaesson, zunächst möchte ich Sie bitten, mir ganz genau die Ereignisse des heutigen Morgens zu schildern, die dazu führten, dass Sie die Polizei gerufen haben.«
    Der förmliche Ton der Vernehmung machte die fassungslose Naomi noch nervöser. Stockend erzählte sie den Hergang so detailliert, wie sie konnte.
    »Was hat Sie heute Morgen schon so früh aus dem Bett getrieben?«, fragte die Polizistin. »Sie sagten, normalerweise stünden Sie an Werktagen erst gegen sieben auf.«
    Naomi trank einen Schluck heißen, süßen Tee und fragte: »Haben Sie Kinder?«
    »Ja.«
    »Dann wissen Sie also, was mütterliche Intuition bedeutet.«
    Sie nickte. Naomi warf Humboldt einen Blick zu, der ihr mit den Augen bedeutete, dass er sie ebenfalls verstand.
    »Ich habe einfach gespürt, dass irgendetwas nicht stimmte, deutlicher kann ich es nicht ausdrücken – außerdem musste ich zur Toilette.« Für einen Moment herrschte Schweigen. Naomi spielte mit ihrer Tasse. »Man würde uns doch benachrichtigen, oder? Falls sie gefunden würden, während ich hier bin?«
    »Wir erfahren sofort, wenn es etwas Neues gibt«, versicherte ihr Detective Newman.
    »Danke.«
    Naomi kamen die Tränen. Sie weinte mit erstickten Schluchzern, die tief aus ihrer Brust kamen. Schließlich murmelte sie eine Entschuldigung, versuchte, sich zusammenzureißen, holte ein Taschentuch aus ihrer Handtasche und wischte sich die Augen.
    »Vernehmung unterbrochen um 10 : 21  Uhr«, hörte sie den Polizisten sagen.
     
    Eine halbe Stunde später, als sich Naomi wieder beruhigt hatte, setzte sie sich erneut auf den Stuhl im Vernehmungszimmer und das Aufnahmegerät wurde wieder eingeschaltet. In Gedanken sah Naomi die Videoaufnahmen von Luke und Phoebe in einer Endlosschleife. Sie sah, wie sie über die Auffahrt auf diese vermummten Fremden mit den Infrarotbrillen zuliefen und ihnen in die Arme fielen, sie drückten und küssten, kurzum: sie so liebevoll begrüßten, wie sie es bei John und ihr nie, nicht ein einziges Mal getan hatten.
    Sie hatten sie begrüßt wie ihre Eltern.
    Und plötzlich ließ die eisige, betäubende Kälte, die in jeder Zelle ihres Körpers lauerte, sie erstarren.
    Angenommen, diese …
    Angenommen, diese …
    Angenommen, diese Leute waren ihre Eltern?
    Nein. Undenkbar. Außerdem ähnelten Luke und Phoebe ihr und John ausnehmend, das sagte jeder, und wenn sie Luke manchmal ansah, war es sonnenklar, wie viel von seinem Vater in ihm steckte.
    Dann kam ihr ein anderer, weit schlimmerer Gedanke, der ihr schon durch den Kopf geschossen war, als sie den Mann auf dem Kies liegen sah und bemerkt hatte, dass die Mäntel und Stiefel der Kinder fehlten. Sie starrte auf den Tisch und lauschte dem Rauschen der Klimaanlage. Sie hatte diesen Gedanken verdrängt, verzweifelt versucht, ihn in einen dunklen Winkel ihres Gehirns zu verbannen, während sie die Zufahrtsstraße entlang und über die sumpfigen Felder gestolpert war.
    Diesen Gedanken, den sie absolut nicht, auf gar keinen Fall …
    »Mrs. Klaesson?«
    Die Stimme von Detective Sergeant Humboldt, ruhig, aber bestimmt, riss sie aus ihren Grübeleien.
    Sie blickte ihn an.
    »Brauchen Sie noch etwas mehr Zeit, bis wir weitermachen können?«
    »Möchten Sie, dass ein Arzt Ihnen etwas zur Beruhigung gibt?«, fragte Jo Newman.
    Naomi schloss die Augen und schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich muss Sie etwas fragen. Manche Pädophile – besuchen gezielt Chatrooms, oder? Man hört doch immer wieder, dass sich solche Perverse mit kleinen Kindern unterhalten, sich mit ihnen anfreunden und sie zu Treffen locken. So etwas gibt es doch, oder?«
    Die Beamtin und der Beamte sahen einander an. Dann antwortete Humboldt: »Für ältere Kinder

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