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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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zweimal …«
    »Und dann ging’s ab nach London, oder?«
    »Genau. Wegen dieses Mannes mussten wir überstürzt und klammheimlich umziehen, ohne Spuren zu hinterlassen. Das war gar nicht so einfach, sag ich dir.«
    »Jetzt verstehe ich, warum du es so eilig hattest«, murmelte Oksa. »Aber das ändert nichts daran, dass Carter tot ist …«
    »Er war ein skrupelloser, geldgieriger Schuft, und ich kann nicht behaupten, dass es mir um ihn leidtut. Aber man soll sich niemals über den Tod eines Menschen freuen«, sagte ihr Vater.
    Oksa kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Papa?«
    »Ja, Oksa?«
    »Wer hat ihn umgebracht? Wer hat Carter umgebracht? Weißt du das? Warum hat Baba gesagt, dass zwangsläufig einer von euch dahintersteckt?«
    Pavel Pollock verzog das Gesicht. »Carter hat ein Pulmonis abbekommen, eine Substanz, die nur die Rette-sich-wer-kann herstellen können«, erklärte er. »Mehr weiß ich nicht, außer, dass weder deine Großmutter noch ich für seinen Tod verantwortlich sind.«
    »Immerhin etwas!«, rief Oksa. »Oh, Papa, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie erleichtert ich bin! Ich habe mir wegen dieser Sache die wildesten Dinge ausgemalt. Glaubst du denn, dass es Abakum oder Leomido gewesen sein könnten?«
    »Nein, das würden sie nicht fertigbringen. Keiner von uns würde das! Und das macht es noch rätselhafter. Es scheint fast, als wolle derjenige, der es getan hat, uns beschützen.«
    Pavel Pollock erhob sich und schenkte sich ein Glas Wasser ein, das er zitternd in einem Zug austrank. Er stellte das Glas so heftig auf dem Kaminsims ab, dass es fast zerbrochen wäre. Oksa zuckte zusammen und musterte ihren Vater besorgt. Er warf ihr einen so ernsten Blick zu, dass sie endgültig darauf verzichtete, die Fragestunde fortzusetzen.
    »Wir sind ziemlich oft geflohen, weißt du?«, sagte er. »Erst aus Edefia, dann aus Sibirien, aus der Schweiz, aus Frankreich …«
    Oksa hing an seinen Lippen. »Wie seid ihr in Frankreich gelandet?«, fragte sie.
    »Ein bisschen ist Malorane daran schuld, stell dir vor. Erinnerst du dich, dass Dragomira dir von den Kräften der Huldvollen erzählt hat?«
    »Meinst du die Kraft, Edefia zu verlassen?«
    »Die meine ich nicht. Es stimmt zwar, dass die Huldvollen die sicherlich beneidenswerte Kraft haben, das Tor zu öffnen und hinauszugehen. Doch Malorane kannte Frankreich auch, weil die Huldvollen die Fähigkeit haben, träumzufliegen.«
    »Träumfliegen?«, unterbrach ihn Oksa.
    »Träumfliegen heißt, in Gedanken zu reisen, ohne dass dein Körper den Ort verlässt, an dem er sich befindet. Eine Art Transmutation des Geistes oder des Bewusstseins, wenn du so willst. Malorane war ein neugieriger Mensch, sie ist oft träumgeflogen, um zu sehen, wie die Von-Draußen lebten. Sie wollte lieber wissen, was im Da-Draußen geschah, als die Augen zu verschließen und so zu tun, als wäre Edefia der einzige Ort auf der Welt. Anschließend gab sie öffentliche Filmaugenvorführungen von ihren Reisen nach Da-Draußen. Sie ist mehrmals nach Frankreich träumgeflogen, es gefiel ihr dort sehr gut, und für Dragomira gab sie Privatvorführungen, bei denen sie ihr Frankreich zeigte, wie andere Mütter ihren Kindern Fotos von Reisen zeigen. Darum sind wir in dieses Land aufgebrochen, das mir so ans Herz gewachsen ist. Eine merkwürdige Geschichte, oder?«
    »Merkwürdig? Absolut phänomenal, meinst du wohl! Aber eigentlich ist es nicht das Allerunglaublichste – in den letzten Tagen habe ich von bestimmt hundert extrem seltsamen Sachen gehört!«, entgegnete Oksa. »Aber, Papa … ich hätte da noch eine Frage.«
    »Schieß los, meine Große!«
    »Wenn die Huldvollen die Fähigkeit haben, träumzufliegen, habe ich sie dann auch?« Sie sah ihren Vater unsicher an.
    Pavel seufzte tief, streckte seine langen Beine aus und ließ sich einen Moment Zeit mit seiner Antwort. »Du hast vollkommen recht. Diese Kraft ist in dir. Doch um sie einsetzen zu können, müsstest du erst in der Kammer des Umhangs gewesen sein. Es ist der Umhang, der diese Kraft aktiviert.«
    Als er Oksas enttäuschte Miene sah, nahm Pavel sie in den Arm. »Weißt du, ich würde auch liebend gern träumfliegen können. Und ich glaube fast, dass ich nicht der Einzige bin. Aber es geht nun mal nicht. Dafür gibt es eine Menge anderer Kräfte, in die wir dich einweihen werden. Oder besser gesagt, in die dich vor allem deine Großmutter und Leomido einweihen werden. Sicher wird auch Abakum ein guter Lehrmeister

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