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Opferschrei

Opferschrei

Titel: Opferschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lutz
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angestrengt nachdachte. Dann rollte er den Schreibtischstuhl hinüber zu Luther und setzte sich so vor ihn, dass ihre Gesichter ganz dicht beieinander waren. »Du musst zur Polizei gehen und dich stellen«, sagte er. »Ich komme mit und sorge dafür, dass du einen guten Anwalt bekommst.«
    »Ich kann nicht. Ich hab dir erzählt, was ich getan habe. Sie werden mich entweder hinrichten oder für den Rest meines Lebens ins Gefängnis stecken. Du weißt, dass es so ist, Tom. Du hast versprochen, dass du ehrlich zu mir bist.«
    »Ja, du hast recht, genau das wird passieren, wenn alles, was du mir erzählt hast, wahr ist.«
    »Es ist wahr. Ich gebe mich nicht auf!«
    »Dann musst du zusehen«, sagte Wilde, »dass du so weit wie möglich von Hiram wegkommst. Aber nicht mit Milfords Wagen. Die Highway-Polizei wird danach suchen und dich innerhalb weniger Stunden schnappen, nachdem sie die Leichen entdeckt haben.« Er schüttelte den Kopf, so als ob er unerwünschte Gedanken loswerden wollte. »Du musst in eine große Stadt in einem anderen Bundesstaat gehen, wo du einen anderen Namen annehmen und ein neues Leben anfangen kannst. Ich weiß, das wird nicht einfach sein, doch solange du dich dem Gesetz nicht stellen willst, ist das deine einzige Chance. Du musst ein anderer Mensch werden. Ein anderes Du. Mag sein, dass es nicht gerade ein schönes Leben wird, nach dem, was passiert ist, aber es ist besser als nichts.«
    »Mehr will ich ja gar nicht! Im Moment habe ich überhaupt nichts. Mir ist egal, wie groß meine Chancen sind, Tom. Wenn es hart auf hart kommt, schnappen sie mich, und dann bin genau da, wo ich wäre, wenn ich jetzt gleich aufgeben würde.«
    Wilde lächelte traurig. »Das klingt logisch, Luther.«
    »Ist es doch, oder?«
    »Es wird noch eine Weile dunkel sein. Du fährst mit Milfords Wagen ein paar Meilen zur Stadt hinaus und parkst ihn ein gutes Stück von der Straße entfernt. Ich folge dir mit dem Pick-up und dann fahren wir den Rest des Wegs zusammen.«
    »Den Rest des Wegs wohin?«
    »Zu meinem Fischerboot. Sie werden nach Milfords Wagen suchen, aber nicht nach einem Boot.«
    Die Vorstellung, ganz allein in einem kleinen Boot auf dem breiten, dunklen Fluss zu sein, behagte Luther überhaupt nicht. Doch wenigstens war die einzige Gefahr, die ihm dort drohte, der Fluss selbst.
    »Du fährst mit dem Boot flussabwärts. Ich gebe dir Angelzeug und eine Rute, damit es so aussieht, als würdest du fischen, falls dich jemand bemerkt.«
    Ein Boot … Allmählich fand Luther Gefallen an dem Gedanken. Zum ersten Mal verspürte er einen Funken Hoffnung. Vielleicht konnte er dem, was er getan hatte, doch entfliehen und sauber aus der Sache herauskommen, irgendwie neu anfangen, alles wiedergutmachen. Sein ganzes Leben gut machen.
    »Du fährst mit der Strömung, also kannst du ziemlich weit kommen vor Sonnenaufgang. Wenn es dann hell ist und du eine gute Stelle siehst, legst du an und …«
    »Und was?«
    »Dann bist du auf dich allein gestellt, Luther. Dann habe ich alles für dich getan, was ich konnte.«
    »Was ist mit dir, Tom? Ich will dich nicht in Schwierigkeiten bringen. Werden sie dich nicht als Komplizen verdächtigen?«
    »Das glaube ich nicht. Niemand wird merken, dass mein altes Boot weg ist. Und ich werde sie ganz bestimmt nicht darauf aufmerksam machen. Und wenn es gefunden werden sollte, wird es so aussehen, als hätte es sich losgerissen und wäre flussabwärts getrieben. Wäre nicht das erste Mal.«
    Luther schluckte. Er sah so aus, als würde er gleich wieder anfangen zu schluchzen. »Tom …«
    »Du brauchst mir nicht zu danken, Luther. Tu es, indem du irgendwo hingehst und dir ein gutes Leben aufbaust. Das genügt mir als Dank.«
    Wilde stand von seinem Schreibtischstuhl auf.
    »Wenn wir es nicht zulassen, bedeutet es nicht das Ende der Welt, Luther. Lass uns gehen, solange es noch dunkel draußen ist.«
    Wildes kleines hölzernes Ruderboot lag auf der Uferböschung in der Nähe einer verlassenen Hütte, die ein Wochenend-Angler vor Jahren gebaut hatte. Die Hütte war nicht mehr benutzt worden, seit sie vom Hochwasser beschädigt worden war. Als das Wasser zurückgewichen war, hatte es die Überreste eines kleinen Holzstegs hinterlassen und eine schmale unbefestigten Straße, die vom Highway bis fast hinunter ans Flussufer führte. Die Straße war zugewuchert und verschwand an manchen Stellen komplett, und obwohl es nur leicht geregnet hatte, war sie matschig und beinahe unbefahrbar.
    Als Wilde

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