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Opferzeit: Thriller (German Edition)

Opferzeit: Thriller (German Edition)

Titel: Opferzeit: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Cleave
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drei Tagen beginnt dein Prozess, ich habe also drei Tage Zeit, um mir zu überlegen, ob ich dich töten will oder nicht«, sagt er. »Ich sitze so oder so für zwanzig Jahre ein. Wenn ich dich umbringe, werden es nicht mehr. Vielleicht verringert sich dann sogar meine Haftzeit. Ich werd’s mir überlegen. Du wirst es bald erfahren«, sagt er und geht fort.
    Ich schaue ihm nach. Als Einziger. Und es schaut auch niemand zu mir, die Häftlinge haben sich alle wieder ihrem Essen zugewandt. Mein Essen liegt über den Boden verstreut, und Caleb hat seins kaum angerührt. Also mache ich mich darüber her. Ich denke über die drei Tage nach, von denen er gesprochen hat, und frage mich, ob er das, was er gerade gesagt hat, tatsächlich tun könnte. Drei Tage, um mich zu töten. Aber ich betrachte die drei Tage als Chance, ihn auf meine Seite zu ziehen. Ihn mit Joes Charme zu umgarnen und zum Reden zu bringen. Ich sehe das so, weil ich eine grundsätzlich positive Lebenseinstellung habe – darum bin ich so beliebt. Trotzdem zittern meine Hände ein wenig, während ich esse.
    Der Donnerstagnachmittag geht dahin, und wie an jedem Donnerstag und Montag kriege ich Besuch. Es scheint, als könnten die Leute heute nicht genug von mir kriegen. Und von Montag an wird das ganze Land nicht genug von mir kriegen können. Die Leute werden vor den Fernsehschirmen kleben und Nachrichten schauen.
    Dieselben Arschloch-Wärter wie vorhin bringen mich in den Besucherbereich hinunter. Das Zimmer ist sehr viel größer als die Räume, in denen meine letzten zwei Besucher mit mir gesprochen haben. Es hat die Größe eines geräumigen Konferenzzimmers und bietet Platz für etwa ein Dutzend Häftlinge sowie für deren Besucher und einen Wärter. Heute ist das Zimmer fast leer. Ein paar Häftlinge unterhalten sich mit ihren Frauen. Und mit ihren Kindern. Sie umarmen sich und weinen, während die Wärter alles mit Argusaugen im Blick behalten. Ein Baby in einem Kinderwagen starrt mich die ganze Zeit an, und für einen Moment frage ich mich, wie es wohl wäre, Kinder zu haben. Wenn ich einen Sohn hätte, könnte ich ihm beibringen, wie man angelt, wie man einen Ball richtig wirft und wie man sich mit einer Nutte vergnügt, ohne dafür zu bezahlen. Mir fallen das Windelwechseln und die schlaflosen Nächte ein, und für ein paar Sekun den stelle ich mir vor, wie dieses Leben wäre. Dann wende ich mich der Person zu, die gekommen ist, um mich zu sehen.
    Meine Mutter.
    Sie hockt in einer Ecke des Zimmers und hält die Handtasche auf ihrem Schoß umklammert, neben ihr sitzt ein alter Mann. Sie scheint kein bisschen gealtert zu sein. Wenn überhaupt, dann wirkt sie jünger. Auf jeden Fall ist sie besser gekleidet als sonst. Und sie wirkt glücklicher. Ich hoffe, das liegt an Walt und nicht daran, dass ihr einziger und liebster Sohn im Knast hockt.
    Sie lächelt, als ich ihr gegenüber Platz nehme. Das ist ungewöhnlich. Wenn meine Mutter es schafft zu lächeln, dann kann ich auch im Lotto gewinnen.
    »Hallo Joe«, sagt sie und beugt sich vor, als wollte sie mich umarmen, doch sie kann sich beherrschen und tätschelt nur meinen Arm. »Du siehst gut aus«, sagt sie, und irgendwas kann mit ihr nicht stimmen, wenn sie es schafft, gleichzeitig zu lächeln und mir ein Kompliment zu machen. Ich tippe auf einen Gehirntumor. Oder einen Schlaganfall. Ich frage sie nicht, wie es ihr geht.
    »Hallo Sohn«, sagt Walt, obwohl ich nicht sein Sohn bin, aber so was sagen alte Leute eben, so wie sie vergessen, ihr Gebiss wieder reinzutun, oder versuchen, ihren Pudel in der Mikrowelle zu trocknen. Ich antworte ihm nicht, und er wendet den Blick ab; offensichtlich hat die Beschaffenheit der Betonsteinwand hinter meiner Schulter sein Interesse geweckt, vielleicht denkt er, wie ich vorhin, dass Betonsteine zeitlos sind.
    »Mom, du hast mir gefehlt«, sage ich, obwohl das nicht unbedingt stimmt.
    »Ich wollte dir etwas Hackbraten mitbringen«, sagt sie, »aber man hat es mir nicht erlaubt.«
    »Ich glaube schon, dass man das darf«, sage ich.
    Walt sagt nichts. Ja, für ein paar Sekunden sagt keiner etwas. Bis meine Mutter wieder das Wort ergreift; ihr strahlendes Lächeln geht mir langsam auf den Keks, denn es weckt in mir das Bedürfnis, ebenfalls zu lächeln.
    »Wir haben wunderbare Neuigkeiten«, sagt sie, und die Tatsache dass sie wir haben sagt, legt den Schluss nahe, dass es dabei nicht um mich geht und um meine mögliche Entlassung, sondern um sie und Walt, und wenn

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