Panther
von Lkws im Stau.
»Wie lange dauert es, bis sie ihr Junges vergessen hat?«, fragte Nick.
»Die Chancen stehen mit jedem Tag schlechter.«
Ein Streifenwagen raste in der Gegenrichtung vorbei. Nick fiel auf, dass Twilly zehn Kilometer langsamer als erlaubt fuhr und ordnungsgemäß angeschnallt war.
»Was haben Sie denn überhaupt da draußen gemacht, an dem Tag, als Sie den kleinen Panther gefunden haben?«, fragte Marta.
»Ich hab mich um meinen eigenen Kram gekümmert«, antwortete Twilly. »Kann ich dir nur empfehlen.«
»Mrs. Stark sagt, Sie sind reich.«
»Ich hatte nur Glück mit meinen Eltern, das ist alles.«
»Also definitiv kein Hayduke«, stellte Nick fest.
Twilly steuerte den Wagen von der Straße und parkte neben einer Reihe von Zeitungsständen. Er riss sich die Skimütze vom Kopf, rieb sich über die Stirn und hieb dann so fest aufs Armaturenbrett, dass Nick und Marta zusammenzuckten.
Dann drehte er sich nach hinten um, schob sich die Sonnenbrille auf den Kopf und sah die Kinder mit wundem, schmerzvollem Blick an.
»Ich sage euch jetzt was, was selbst die gute Tante Bunny nicht weiß«, sagte er. »Aber danach fragt ihr mich nie mehr, wer ich bin oder nicht oder wieso ein Mann wie ich in einem Zelt wohnt. In mir kocht die Wut über das, was diesem Land und allem, was hier draußen lebt, zugefügt wird. Mehr müsst ihr nicht wissen.«
Aber er klang eher traurig als zornig. »An manchen Tagen ist es schlimmer als an anderen.«
Nick und Marta wussten nicht, wie sie reagieren sollten.
Twilly hob zwei Finger. »So viele waren es.«
»So viele was?«, fragte Marta verwirrt.
»Pantherjungen«, sagte Twilly. »So viele habe ich gefunden. Die Mutter hatte zwei zur Welt gebracht.«
Nick schloss die Augen.
»Eins ist gestorben«, sagte Twilly. »Ich habe alles versucht, aber das kleinere hat die erste Nacht nicht überlebt. Bunny oder Duane habe ich nie davon erzählt. Niemand weiß davon.«
Marta schlug die Hände vors Gesicht.
Twilly setzte seine Brille wieder auf. »Noch Fragen?«
»Nein«, sagte Nick leise. »Keine mehr.«
22
Duane Scrod senior quälte sich aus dem Bett und stolperte zur Tür. Es war Sonntagmorgen.
»Wie kannst du so schnell hier sein?«, fragte er Millicent Winship.
»Mit dem Flugzeug. Ich hab eins gechartert. Und jetzt mach endlich die Tür auf.«
Mit einem gekünstelt fröhlichen Lächeln bat Duane Scrod senior seine Schwiegermutter herein.
Sie stieß ihn fast um, als sie an ihm vorbei ins Haus rauschte. Ihr eleganter grauer Hosenanzug wies nicht das kleinste Fältchen auf, und nicht eines der silbernen Haare auf ihrem Kopf lag anders, als es sollte.
»Hast du mit diesem albernen Hut auf dem Kopf geschlafen?«, fragte sie.
»Vermutlich.« Duane senior machte sich mehr Sorgen, wie sie seine Boxershorts mit dem Logo des Motorsportverbandes kommentieren würde.
Sie runzelte die Stirn und sah an ihm vorbei. »Geh und zieh dir um Himmels willen was an. Und sorg dafür, dass dieser grässliche Papagei mir nicht zu nahe kommt, sonst rupf ich ihm jede Feder einzeln aus.«
»Millie, Nadine ist kein Papagei, sie ist ein Ara.«
»Eine Nervensäge ist sie. Beeil dich.«
Duane Scrod senior zog sich eine Jeans über und sperrte die sich sträubende Nadine in ihren Käfig. Als er ins Wohnzimmer zurückkehrte, erwartete ihn Mrs. Winship mit verschränkten Armen.
»Mein Enkel ist also auf der Flucht«, sagte sie. »Sein Schulleiter hat mir die ganze Geschichte berichtet. Dass D.J. zudem vom Unterricht suspendiert ist, dürfte seine geringste Sorge sein.«
»Die Polizei macht einen gewaltigen Fehler.«
»Wo steckt er jetzt?«
»Ich weiß es nicht, ganz ehrlich«, antwortete Duane senior. »Er kommt und geht, wie eine Art Geist.«
»Und du kannst ihn nicht erreichen? Was ist mit dem Handy, das ich ihm gekauft habe?«
»Er geht nie dran, Millie. Hast du seiner Mutter von diesem ganzen Mist erzählt?«
»Natürlich. Ich habe sie sofort angerufen.«
»Und – kommt sie zurück?«
»Nein, Duane. Was würde das auch bringen?« Mrs. Winship bürstete einige alte Crackerkrümel von einem Stuhl, bevor sie sich setzte. Ihre Tochter hatte angeboten, den Jungen anzurufen und ihn zu drängen, sich zu ergeben, aber sie hatte nicht angeboten, nach Hause zu kommen und direkt mit ihm zu sprechen.
»So ein Flug ist wohl nicht ganz billig«, sagte Duane senior. »Ist ja ganz schön weit von Frankreich.«
»Mit Geld hat das nichts zu tun. Ich hätte ihr ein Ticket für die erste
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