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Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Titel: Parrish Plessis 01 - Nylon Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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geboten? Dicke Schleimfäden, die von mutierten Fängen hinabtropften? Vielleicht war es doch besser, nichts zu sehen.
    Ich zielte tief.
    »Lass mich vorbei. Ich will dir kein Leid zufügen«, rief ich in die Dunkelheit.
    Kanratten konnten nicht wirklich sprechen, aber die meisten von ihnen konnten zumindest einige Worte verstehen – des Menschen bester Freund und der Natur größter Aasfresser in einem Wesen kombiniert.
    Die Ratte knurrte tief und bedrohlich.
    Wie viele andere lauerten noch hinter dieser einen? Ich spürte ihre starke Präsenz in meiner Nähe wie einen dichten Nebelschleier, der langsam durch die Röhren in meine Richtung kroch.
    Ich suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, sie zu überlisten. Es war sicherlich nicht sonderlich klug, meine gesamte Munition für die ersten Kanratten zu verschwenden, die mir über den Weg liefen. Wer konnte denn ahnen, welche Gefahren noch auf meinem Weg lauerten?
    Ich gab einen Schuss auf Entfernung ab. Eine ziemlich verzweifelte Idee.
    Kanratten waren ein organisiertes Kollektiv. Es gab eine Hackordnung und eine Art Kommunikationsnetzwerk. Vielleicht hatte sich inzwischen herumgesprochen, dass ich ›Die Große‹ erledigt hatte.
    »Ich habe Die Große getötet!«, rief ich.
    Das Knurren wuchs zu einer Kakophonie erschütterter Geräusche. Zähnefletschen. Knurren. Wie eine Meute, die sich auf die in die Enge getriebene Beute stürzte.
    Aus der einen Kanratte – so viel verrieten mir meine Geruchsverstärker – waren mittlerweile Dutzende geworden. Ich konnte ihren Hunger riechen.
    Und sie rochen ihre Beute: mich.
    Ich schrie so laut ich konnte, um den Lärm zu übertönen.
    »Die Große. Ich habe Die Große getötet.«
    Das Knurren wurde zu einem Erdbeben.
    Dann kam mir ein Geistesblitz.
    »Oya. Ich bin Oya!«
    Stille. Absolute Ruhe. Binnen einer unheimlichen Sekunde.
    Zu meinem Erstaunen fühlte ich, wie ihre Präsenz schwächer wurde. Nach gut fünf Minuten konnte ich selbst mit meinen Geruchsverstärkern keine einzige Kanratte mehr ausmachen.
    Ihre Reaktion amüsierte mich. Sie gab mir aber auch zu denken. Wieder stieg in mir das Gefühl von Hunger und Durst auf, diesmal sogar noch stärker als zuvor. Auch der Schmerz in meinem Rücken meldete sich zurück.
    Ich musste häufig Rast machen. Der Boden der Leitungen war rau und körnig, und das Laufen darauf fiel mir sehr schwer – oder war ich nur der Ohnmacht nahe?
    Ich dachte daran, zu Gwynn zurückzukehren; aber ich war bereits seit sechs, sieben oder gar acht Stunden hier unten – auf jeden Fall zu lange, um jetzt noch umzukehren. Auf der Oberfläche würde es jetzt bereits Nacht sein.
    Eine endlose Zahl kleinerer Röhren zweigte von der Hauptleitung ab. Ich fürchtete, mich verlaufen zu haben und hier unten so lange herumirren zu müssen, bis ich starb.
    Dann geschah dasselbe wie in den Wasserleitungen von M’Grey. Etwas oberhalb von mir erregte meine Aufmerksamkeit. Eine Öffnung war zwar nicht direkt zu erkennen, aber an einer Stelle der Röhrendecke war deutlich weniger Schmutz und Pilzbewuchs zu sehen. Ich konzentrierte meinen Blick darauf.
    Mit der einen Hand rieb ich kräftig über die Stelle, und mit der anderen schützte ich meine Augen vor herabfallendem Schmutz. Meine Finger fuhren über ein scharf ausgefeiltes Quadrat. Es schien, als hätte jemand versucht, hier einen Eingang zu schneiden, und dann aufgehört.
    Oder war es ein Ausgang?
    Mit letzter Kraft kratzte ich an dem Viereck, versuchte, etwas zu finden, das meine Finger packen konnten, und drückte verzweifelt dagegen.
    Das Ding rührte sich keinen Zentimeter.
    Ich dachte daran weiterzugehen. Wenn andere diesen Weg benutzten, dann musste es einen einfacheren Ausgang geben; aber Gwynn hatte nichts davon erwähnt, und ich hatte ihn dummerweise nicht danach gefragt.
    Wenn man müde und erschöpft ist, kommen einem manchmal die idiotischsten Ideen. Deshalb wollte ich hinaus. Sofort.
    Ich werde ganz bestimmt nicht hier unten verrecken!, sagte ich mir.
    Ich zog ein Messer aus meiner Tasche und ließ es über die einförmigen Seiten des Quadrats gleiten. Dann schob und drückte ich, bis meine Arme bleiern wurden und ich sie nicht mehr über den Kopf heben konnte.
    Hatte es sich bewegt? Wenigstens einen Millimeter? Eine klitzekleine Winzigkeit?
    Angetrieben von eisernem Überlebenswillen legte ich mich auf den Rücken, stemmte meine Füße gegen den Ausschnitt und trat einige Male mit meinen kräftigen Beinen zu.
    Es fühlte sich an, als

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