Planet 86 - Abnett, D: Planet 86 - Embedded
das Blut abnehmen soll.«
Er kehrte in die Toilette zurück, damit er auf und ab schreiten und seine Hände daran hindern konnte zu zittern, während er auf den Sanitäter wartete. Eine Untersuchung, jede Untersuchung, würde Dinge ans Tageslicht bringen, zum Beispiel die Einstiche von den biologischen Tests, welche die Leute von der Firma an ihm durchgeführt hatten. Er wusste nicht, welcher Teil des Prozesses sich vielleicht bei einer Blutuntersuchung zeigte, aber sie hatten ihn mit allem möglichen Scheiß vollgestopft, als Vorbereitung auf die Reposition, und einiges davon wäre nachweisbar.
Er war am Ende. Er hatte gespielt, und er hatte verloren. Seine Karriere befand sich an einem Ort, der schlimmer stank als die Toiletten der Station.
Es war stickig. Der Gestank nach Feuchtigkeit und Exkrementen war ekelerregend. Er ging zu einem offenen Fenster und ließ etwas Frischluft herein. Das Drahtnetz, voller Schwirrerhüllen, war fest verschraubt.
Außer dem letzten. Die toten Schwirrer waren auf dem Boden darunter verstreut, weil das Drahtnetz lose war. Jemand hatte die Schrauben herausgedreht, sodass es aus dem Fenster herausgehoben werden konnte. Was die Ansammlung von Schwirrerleichen jedes Mal störte, wenn man es heraushob.
Er hob das Drahtnetz an und öffnete das Fenster.
Der Gestank wurde schlimmer. Überwältigend schlimmer. Die Schlange der Angst wand sich in seinen Eingeweiden, als er hinausspähte.
Das Toilettenfenster führte auf einen toten Winkel hinaus, eine Sickergrube oder einen Ablauf zwischen den Flügeln der Station. Direkt unter dem Fenster lagen fünf menschliche Leichen mit dem Gesicht nach oben. Die Kleidung klebte an ihnen, die Haut war käseweiß, und sie lagen so übereinander, wie sie aus dem Fenster gewälzt worden und hinabgefallen waren. Schwarze Schwirrer summten um bleiche, offene Münder und sammelten sich wie Pailetten um blicklose Augen oder die schwarz-roten Löcher harter runder Einschusswunden.
Er taumelte zurück, spürte den Panikanfall, der ihn traf wie ein Gigaliner. Das Fenster knallte zu, und er übergab sich auf das Fensterbrett, dann erneut auf den Fußboden.
Er spuckte, wandte sich zur Tür, versuchte die gesicherte Verbindung.
»Sergeant? Sergeant, Bloom hier. Antworten Sie. Stabler? Kilo Eins?«
Er trat in den Korridor hinaus.
Sie stand direkt vor ihm, die junge Frau, die sie – oh, so sanft! – aus der Grube gehoben hatten. Sie blieb wie angewurzelt stehen, als er aus der Toilette trat, ihr in den Weg. Ihr Gesicht zeigte Entschlossenheit, aber einen merkwürdigen Mangel an Gefühl. Geronnenes Blut klebte an ihrer genähten Hautverletzung.
In der Hand hatte sie eine Verteidigungswaffe des SO.
Die sie auf ihn abfeuerte.
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Jemand im Himmel lächelte auf ihn herab. Vielleicht war es Gott. Seine Mutter hätte ihm gesagt, es sei Gott. Gott, der vom Himmel herunterlächelte und auf ihn achtgab. Aber seine Mutter war nicht hier, und er wusste nicht, wohin sie verschwunden war.
Das Lächeln war ein großes Lächeln. Es erfüllte den Himmel. Es war ein fröhliches, glückliches Lächeln, ein Lächeln voller großer weißer Zähne, die so groß und poliert waren, dass auf einem davon tatsächlich das Licht funkelte, wie in einem Cartoon. In den Mundwinkeln waren Grübchen, Grübchen von einem Lächeln.
Er wollte wissen, wo seine Mutter war.
Kalter Regen fiel ihm aufs Gesicht, wie Nadeln einer Schneiderin. Das Lächeln änderte sich nicht. In der Ferne vernahm er Stimmen. Es war sehr seltsam. Seine Mutter war nirgendwo zu sehen.
Ihm wurde klar, dies war eine Gelegenheit, bei der er wirklich Angst gehabt hatte. Er hatte Angst gehabt, weil er nicht wirklich verstanden hatte, was los gewesen war, und er war verloren gegangen, und seine Mutter war nicht da gewesen, um ihn zu suchen oder ihm eine Erklärung zu bieten.
Allmählich wurde das Lächeln etwas enervierend. Niemand konnte ein Lächeln für eine derart lange Zeit beibehalten. Aber es gab Perioden, da wurde ihm schwarz vor Augen, und wie lange das dauerte, das konnte er nicht einschätzen. Jedes Mal, wenn er wieder etwas sehen konnte, war das Lächeln nach wie vor vorhanden. Es war nirgendwohin gegangen, es hatte nicht aufgehört, selbst wenn er es nicht hatte sehen können. Alles war nach wie vor da, das Lächeln, die Stimmen und der Regen auf seinem Gesicht.
Es hatte etwas zu bedeuten. Es hatte große Bedeutung, nicht bloß für ihn. Wenn es denn wirklich etwas zu bedeuten hatte.
Die Hüfte
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