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Portrat in Sepia

Portrat in Sepia

Titel: Portrat in Sepia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Neuvermählte. Als ich
dann mit Diego allein war und mir auch noch einfiel, daß
draußen sich jetzt jemand vorstellte, wie wir uns liebten,
schämte ich mich so sehr, daß ich mich im Bad einschloß, zumal
mir übel wurde, bis eine ganze Weile später mein
neugebackener Ehemann sacht an die Tür klopfte, um
festzustellen, ob ich noch lebte. Er führte mich an der Hand ins
Zimmer, half mir, den komplizierten Hut abzunehmen, zupfte
mir die Haarnadeln aus dem Knoten, befreite mich von meinem
Jäckchen, knöpfte die tausend Perlenknöpfchen der Bluse auf,
zog mir den schweren Rock und den Unterrock aus, bis ich nur
noch das dünne Batisthemd anhatte, das ich unter dem Korsett
trug. Je weiter er mich von meinen Sachen befreite, um so mehr
war mir, als zerflösse ich wie Wasser, löste mich in Rauch auf,
wäre nichts weiter mehr als Gerippe und Luft. Diego küßte mich
auf den Mund, aber nicht, wie ich mir das in den vergangenen
Monaten viele Male vorgestellt hatte, sondern kräftig und
drängend; dann wurde der Kuß herrischer, während seine Hände
an meinem Hemd zerrten, das ich festzuhalten suchte, weil die
Vorstellung, er würde mich dann nackt sehen, mich einfach
entsetzte. Bei seinen hastigen Liebkosungen, sein Körper an
dem meinen, begann ich mich zu wehren, und das so
angestrengt, daß ich zitterte, als fröre ich. Er fragte mich
ärgerlich, was ich denn hätte, und befahl mir, mich zu
entspannen, aber als er sah, daß er damit die Dinge nur noch
verschlimmerte, wechselte er den Ton und sagte
beschwichtigend, ich solle keine Angst haben, er verspreche
mir, rücksichtsvoll zu sein. Er löschte das Licht, und irgendwie
gelang es ihm, mich zum Bett zu führen, das übrige geschah
sehr schnell. Ich tat nichts, um ihm zu helfen. Ich blieb starr wie
ein hypnotisiertes Huhn und versuchte völlig nutzlos, mich an
Niveas Ratschläge zu erinnern. Dann drang sein Glied in mich
ein, ich konnte einen Schrei eben noch zurückhalten und
schmeckte Blut im Mund. Die genaueste Erinnerung an diese
Nacht ist Ernüchterung. War das die große Leidenschaft,
derentwegen die Dichter soviel Tinte vergeudeten? Diego
tröstete mich, so sei es immer beim ersten Mal, mit der Zeit
würden wir lernen, zueinander zu finden, und alles werde besser
gehen. Dann gab er mir einen keuschen Kuß auf die Stirn, drehte
mir ohne ein weiteres Wort den Rücken zu und schlief ein wie
ein Säugling, während ich im Dunkeln wach lag, ein Tuch
zwischen den Beinen und brennenden Schmerz im Unterleib
und im Herzen. Ich war zu unwissend, um den Grund für meine
Enttäuschung zu erraten, ich kannte nicht einmal das Wort
Orgasmus, aber ich hatte meinen Körper erforscht und wußte,
irgendwo versteckte sich diese erdstoßähnliche Lust, die das
ganze Leben verändern kann. Diego hatte sie in mir genossen,
das war offensichtlich, aber ich hatte nur Jammer empfunden.
Ich fühlte mich als Opfer einer ungeheuren biologischen
Ungerechtigkeit: für den Mann war die körperliche Liebe so
einfach - er konnte sie auch mit Gewalt erzwingen -, während
sie für uns kein Entzücken barg, nur ernste Folgen. Würde ich
dem göttlichen Fluch, unter Schmerzen zu gebären, den des
Liebens ohne Genuß hinzufügen müssen?
    Als Diego am nächsten Morgen erwachte, hatte ich mich
schon lange vorher angezogen und beschlossen, nach Hause
zurückzukehren und mich in die sicheren Arme meiner
Großmutter zu flüchten, aber die frische Luft und der Gang
durch die Straßen des Zentrums, die an diesem Sonntagmorgen
fast leer waren, beruhigten mich. Mir brannte die Vagina, wo ich
noch Diegos Gegenwart spürte, aber Schritt für Schritt zerging
meine Wut, und ich nahm mir vor, der Zukunft wie eine Frau
gegenüberzutreten und nicht wie eine ungezogene Göre. Ich war
mir bewußt, wie sehr ich in den neunzehn Jahren meines Lebens
verwöhnt worden war, aber diese Phase war abgeschlossen; die
vergangene Nacht hatte mich in den Stand der verheirateten
Frau versetzt, und von nun an mußte ich wie ein reifer Mensch
handeln und denken, entschied ich und schluckte die Tränen
hinunter. Nur ich selbst war dafür verantwortlich, ob ich
glücklich sein würde oder nicht. Mein Mann würde mir die
Seligkeit nicht in Seidenpapier gewickelt schenken, ich würde
sie mir Tag um Tag mit Intelligenz und Kraft erarbeiten müssen.
Wie gut nur, daß ich diesen Mann liebte und ihm glaubte, was er
mir versichert hatte: daß mit der Zeit und ein bißchen Übung die
Dinge

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