PR NEO 0055 – Planet der Stürme
geriet, wenn sie sich einen Fahrer nahm. Ihr Auftrag war brisant. Auf unliebsame Überraschungen wollte sie verzichten.
Julef war im internen Firmennetz verzeichnet. Arkonide, voller Name Julef da Gantur, knapp achtzig Jahre, was einem mittleren arkonidischen Alter entsprach. Er arbeitete seit fünfzehn Jahren freiberuflich für die Firma, war seit sechzehn auf Thersunt mit freiwilliger Registrierung bei DesdoarMoan. Derzeit keine eingetragene Partnerschaft. Hobbys: Glücksspiel, Carthur-Rennen mit Schwebeflitzern, Jonglieren, im Netz informieren oder Freizeitformate rezipieren. Aber was er zuvor gemacht hatte, blieb ein Rätsel.
»Die Farbe des Wassers ist faszinierend«, sagte Tineriaan aus dem Laderaum. Der Naat saß im Schneidersitz auf dem Boden, die Schultern eingezogen, damit sein Kopf nicht gegen das Dach stieß. Sein Gesicht war der Felsseite zugewandt, wo ein Bach in einer Rinne neben ihnen floss.
»Ja«, sagte Julef. »Ich liebe diesen violetten Schimmer. Sind Algen. Man kann sie essen, aber sie schmecken beschissen. Es gibt wenig auf Thersunt, was sich zu ernten lohnt, aber dafür auch wenig, was wirklich giftig ist.«
Ageare richtete den Blick nach vorn. Auf ihrer rechten Seite fiel der Berg steil ab, zum Meer hin, das in mehreren Kilometern Entfernung glitzerte. Unter ihnen wuchs Senkgras entlang der Hänge. Der Wald duckte sich im Wind unter tief hängenden Wolken wie ein sprungbereites Tier.
Hin und wieder sah Ageare eine Thersu am Rand des Bachs hocken, die ihre Schallblase mächtig aufblähte. Die Panzerung des Wagens sperrte die schrillen Laute ebenso aus wie das Gurgeln des Wassers. Im Inneren hörte sie lediglich das sirrende Geräusch des Antriebs.
Sie kamen in eine weite Ebene, auf der sich ein Senkgraswald ausbreitete. Zweikopfvögel nisteten in breiten Trichtern am Boden. Einige der Tiere hatten sich zu Kolonien von bis zu fünfzig Exemplaren zusammengeschlossen.
»Warum hängt ein Kopf dieser Tiere eigentlich immer nach unten?«, fragte Ageare.
»Er schläft«, sagte Tineriaan. »Sie haben eine Menge Fressfeinde wie die Faltechsen und den Schnappmaulbasilisken. Die wollen vor allem ihre Brutwürfel stehlen. Deswegen schläft ein Kopf, während der andere auf die Umgebung achtet. So sind sie immer wachsam.«
»Praktisch.«
Julef grinste. »Das Wischnu ist praktischer. So ein eingebautes Flugorgan, das hat schon was.«
Ageare berührte den Wulst an ihrem Hals. »Sie verstehen das Interesse unseres Auftraggebers an den Xirdor?«
»Durchaus. Aber was hat Ihr Auftraggeber davon, wenn Sie beide sie fangen? Die Tiere werden sterben, ehe Sie den Planeten verlassen haben.«
»Nein. Es gibt eine Lösung für das Problem. Meine Geshur hat die Studien aus den Laboren von DesdoarMoan genauestens analysiert. Xirdor bewegen sich charakteristisch. Sie sind in einer Gruppe unterwegs, die je neun Tiere umfasst. Falls die Forschungsergebnisse korrekt sind, schlafen sie zusammen in einer Höhle. Wenn es uns gelingt, dieses Rudel einzufangen und alle neun Tiere zu fassen zu bekommen, dann sollte es möglich sein, die Xirdor in Gefangenschaft zu halten, ohne dass sie sterben.«
»Eine schöne Theorie.«
»Treten wir den Beweis an. Dort vorn könnte eine geeignete Stelle sein.« Ageare deutete auf ein Wäldchen aus Rotsenkgras. Die Wedel überragten die sie umgebenden Pflanzen um mehrere Meter. Über dem Wald trieb ein kleinerer Xirdorschwarm in den launigen Böen.
Inzwischen brach die Dämmerung an. Ein durchdringender violetter Schimmer legte sich über Thersunt. Einer der Monde war bereits zu sehen.
»Sie treiben tatsächlich über dem Naatgras.« Julef klang überrascht. »Vielleicht ist an Ihrer These ja was dran.« Er bremste den Wagen ab.
Sie parkten nahe einem zerfressenen Perlmuttschirm, dessen eine Hälfte in Brocken am Boden lag. Handtellergroße Insekten krochen geschäftig über die zerfurchte Oberfläche der Pilzpflanze und trugen weitere Brocken ab.
Tineriaan reichte Ageare den Tornister mit ihrem Fluganzug.
Sie zogen sich neben dem im Boden verankerten Fahrzeug um. Julef half Ageare, Tineriaans Fluganzug zu schließen.
Ageare setzte ihren Falthelm auf und schaute in das Waldstück. Ein Kribbeln breitete sich in ihrem Magen aus, aber dieses Mal war es keine reine Vorfreude. Sie hatte die Gewalt des Windes am Raumhafen zu spüren bekommen. Auch wenn derzeit für Thersunt ein laues Lüftchen wehte, wusste sie, wie schnell das Wetter umschlagen konnte.
Nach einer letzten Absprache
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