PR TB 187 Duell Der Unsterblichen
förmlich
überschlagende Stimme Befehle erteilen. Langsam und kreischend
schwangen die bronzenen Torflügel auf. Die Wachen öffneten
das ganze Tor, obwohl die kleine Mannpforte völlig gereicht
hätte, uns durchzulassen.
„Ehre, wem Ehre gebührt", spottete Jana.
Die Wachsoldaten erschienen im Eingang, klapperten mit den Waffen
und nahmen Haltung an. Der Offizier - prächtig gewandet, sehr
jung und vermutlich von Adel -schrie weiter Befehle. Er war sehr
aufgeregt. In den Gesichtern der Wachsoldaten spiegelte sich die
Empfindung, die ich so oft bei Kolonialvölkern hatte sehen
können. Es war eine Mischung aus Angst und Wut. Angst vor den
Launen der hohen Herren, denen man zu gehorchen hatte, und eine
gehörige Portion Wut angesichts von soviel Arroganz und
Überheblichkeit.
Ich ging nicht durch das Tor - ich schritt. „Benehmen Sie
sich, wie es sich in diesem Fall gehört - hoheitsvoll!"
raunte ich Jana zu.
„Pah", machte Jana und schnitt dazu ein verächtliches
Gesicht - also genau die Grimasse, die in diesem Augenblick gebraucht
wurde.
Die Wachsoldaten präsentierten ihre Speere und sahen sich
gegenseitig in die Augen. Wir stolzierten durch die Gasse, die für
uns gebildet worden war. Ich gönnte dem jungen Offizier eine
huldvoll-herablassende Handbewegung, dann ging ich einfach weiter.
Das lärmende Zeremoniell vollzog sich noch zwei weitere Male.
Allerdings fiel die Begrüßung von Mal zu Mal weniger
demütig aus - es gab eine sorgsam abgestufte Rangordnung
innerhalb der Festungstruppen, und die Wachen der inneren Abschnitte
waren etwas selbstbewußter als ihre Kollegen am äußeren
Tor.
Zwischen den einzelnen Mauern lagen weite, offene Plätze.
Hier wurden an den dafür bestimmten Tagen die großen
Märkte abgehalten, hier wurden Sklaven verkauft, hier rollten
die Köpfe, wenn es der Laune des Fürsten gefiel, wieder
einmal Blut fließen zu lassen. Der Boden zwischen den Mauern
war grob gepflastert, das Muster ergab eine große Sternkarte
der Umgebung der Sonne Apon. Im Hintergrund sah ich Soldaten beim
Exerzieren; die heiseren Rufe der Ausbilder hallten in den Torbögen.
„Ich komme mir vor", murmelte Jana plötzlich, „als
hätten wir uns im Jahrtausend geirrt. So muß es früher
einmal auf der Erde ausgesehen haben, damals, als Babylon die Welt
beherrschte und die Pharaonen Ägyptens den Göttern
ähnlicher schienen als den Menschen."
Ich preßte die Lippen aufeinander.
Mit ungeheuerer Wucht bestürmten mich Bilder, Klänge,
Gerüche - Erinnerungen an Menschen, Orte und Ereignisse der
Vergangenheit. Ich hatte unendlich viel erlebt auf der Erde. In
vielen Fällen hatte ich Wendepunkte der Menschheitsgeschichte
erlebt, wenn nicht gar mitgestaltet. Auch jetzt, hier in diesem
Augenblick auf Aponti II, wurde wieder Menschheitsgeschichte
geschrieben - besser noch: sie wurde gemacht. Von dem, was mir gelang
oder fehlschlug, würde vieles abhängen für die
Menschen des Planeten Terra.
„Der Vergleich stimmt", sagte ich mühsam
beherrscht. War es Absicht, daß Jana mein fotografisches
Gedächtnis ansprach, oder Zufall? Das Extrahirn schwieg zu
diesem Problem. „Er stimmt aber nur teilweise. Die Hochkulturen
der Antike wußten es nicht besser. Hier aber steht ein
hochtechnisiertes Imperium hinter dieser malerischen Kulisse."
„Arkon?"
„Das Große Imperium", korrigierte ich.
Eine zehnköpfige Wache nahm uns in Empfang am Tor zum
eigentlichen Palast. Urlinnas Unterkunft sah im Innern erheblich
freundlicher aus, als die Mauern vermuten ließen. So wehrhaft
und uneinnehmbar, so schroff und abweisend die Festung auch wirkte -
der Zentrumsbereich erinnerte stark an Puthors Unterkunft. Wir
schritten durch ausgedehnte Gärten und hörten Wasser
plätschern. Es gab Nischen und Winkel, Lauben und künstliche
Grotten. In einigen Bereichen wurde musiziert; der Klang erinnerte an
orientalische Musik, an indische Lieder, wie ich sie einige Male
hatte hören können.
Auf Schritt und Tritt umgab uns Luxus. Teilweise konnte man den
Aufwand nur abschätzen, wenn man die Lebensbedingungen dieses
Planeten kannte. Nur wer wußte, wo die dazu nötigen
Steinbrüche lagen, konnte die Pracht des marmornen Bodens in
einer Laube bewundern - er wußte, daß das Gestein auf
Lastgämmeln durch die Wüste geschleppt worden war. Und
dabei war sicherlich nicht nur viel Schweiß vergossen worden.
„Ist der Fürst in seinem Palast?"
Der Anführer unseres Begleitkommandos nickte eifrig. Er hatte
sichtlichen Respekt vor mir.
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