Pralinenherz
dich um unser Geschäft kümmerst, habe ich auch nicht mehr soviel Angst, dich hier alleine zu lassen. Mir wäre es aber lieb, eine Aushilfe einzustellen, zumindest für den Verkauf.“ Da hatte sie ganz genaue Vorstellungen.
„ Das muss nicht sein. Ich mache die Pralinen am Wochenende und vor der Arbeit, das passt schon. Es ist ja auch nicht so viel los.“
Doch ihre Mutter schnalzte energisch mit der Zunge.
„ Nichts da! Heute kommen zwei junge Frauen, die für die drei Monate helfen können. Sie werden nur an der Kasse stehen, damit du in Ruhe die Pralinen machen kannst!“
Hanna hielt sich zurück und lächelte.
„Gut, dann mach das, Hauptsache, sie ist nett. Wann fliegt ihr denn?“, fragte Hanna beiläufig. Eigentlich rechnete sie damit, dass sie noch einige Wochen Zeit hatte, um alles gut durchzuplanen.
„ Eigentlich ja morgen ...“, murmelte Elke.
„Was?!“, Hanna war außer sich. Das passte überhaupt nicht in ihre Planung.
Hanna lächelte ihren Vater dankend an, hätte er seine Frau nicht überredet, erst später und für längere Zeit zu fliegen, hätte Hanna nun ein großes Problem!
„Aber dein Vater hat mich überredet, erst am Freitag zu fliegen, Gott weiß warum.“ Sie zuckte mit ihren Schultern und lief zu einer Kundin, die eine Schachtel Nugatpralinen kaufen wollte.
„Danke Papa ...“, flüsterte Hanna zu ihrem Vater, der lächelnd in der Küche verschwand. Hanna folgte ihm und fiel ihm um den Hals.
„ Tausend Dank! Ich bin fast fertig mit der Planung, dann können wir gleich am Freitagabend anfangen!“ Sie rieb sich die Hände und kicherte.
„Mama wird ausflippen, wenn sie das neue Design sieht!“ Sie lief zu den Pralinenformen und bereitete sie vor.
„Aber das ist doch nicht das Einzige, was dich so glücklich macht?“ Ihr Vater kannte sie einfach zu gut.
„Naja, was Finn angeht, da hast du den richtigen Riecher gehabt. Er ist nicht schwul. Und vor ein paar Tagen, da haben wir uns geküsst.“ Mit verklärtem Blick starrte sie ein Loch in die Luft, während sie noch immer die Formen in der Hand hielt.
Ihr Vater lachte und gab ein paar Pralinen in die Verpackungen.
„Wusste ich es doch. Wann stellst du ihn uns offiziell vor?“ Vielleicht schenkte sie ihm ja doch endlich ein paar Enkelkinder.
„ Noch nicht, Mama würde ihn ja gar nicht mehr in Ruhe lassen. Und wie sagt man so schön? Wie die Mutter, so die Tochter, Finn würde sicherlich Angst bekommen und dann wäre ich ihn wieder los, ehe es richtig begonnen hat.“ Sie grinste frech und erntete einen skeptischen Blick ihres Vaters.
„ Wenn ihr wiederkommt, dann stelle ich ihn euch beiden vor. Ich will mir sicher sein, dass es klappt. Ich mag ihn sehr. Er ist toll, so liebevoll und … warum erzähle ich dir das eigentlich alles?!“ Hanna kicherte wie ein Schulmädchen und goss dann die Schokolade in die Formen.
Volker zuckte mit den Schultern.
„Ich stehe nur hier, das sprudelt alles aus dir heraus, mein Kind.“ Er lachte laut los, was Elke in die Küche lockte.
„Liebling, ich habe dir hier eine Liste geschrieben, mit den wichtigsten Nummern und möchte, dass du sie auch benutzt!“
„Das Geschäft wird schon nicht den Bach runtergehen, nur weil ihr mal drei Monate weg seid. Vertrau mir doch!“ Hanna nahm die Liste an sich und sah sie durch.
„ Du hast ja wirklich keine Nummer ausgelassen.“ Hanna seufzte und steckte die Liste mit einer Pin-Nadel an die Wand.
„Wir haben dich noch nie alleine gelassen und ...“
„Doch, natürlich! Das ist zwar schon ein paar Jahre her und auch nur für eine Woche, aber da lief es auch gut!“, antwortete Hanna ihrer Mutter schroff.
„Ja, aber das waren nur sechs Arbeitstage. Drei Monate, das ist eine ganz andere Hausnummer!“
„Hallo?“, rief jemand aus dem Geschäft.
„Elke, würdest du bitte zu dem Kunden gehen?“, meinte Volker ruhig und seine Frau verließ die Küche.
„Ganz ruhig, Hanna. Du kannst dich ja bald austoben und ich muss sagen, ich finde deine Entwürfe toll. Du machst das schon ganz richtig.“ Er sah stolz zu seiner Tochter, die sich wieder beruhigte.
Erst spät am Abend kam Hanna zurück. Sie hatte zuvor eine Nachricht von Finn erhalten, dass sie nichts zu essen mitbringen sollte. Als sie in den Flur kam, standen dort viele Teelichter, die einen beleuchteten Weg in die Küche bildeten. Die kleinen Kerzen waren in weiße Rosenblätter gebettet, die Hanna auf ihrem Weg begleiteten. Sie lief neben den Teelichtern her und
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