Priester des Blutes
glauben, dass diese junge Frau auf ewig eine Ordensschwester bleiben könnte, da sie mir so wild und lebenslustig erschien, als sie auf ihrem Pferd durch das Sumpfland ritt, der Straße folgend, bis wir zur Grotte der heiligen Gwynned und ihrer Quelle kamen.
Wir erreichten den Eingang zu der in den Felsen gemeißelten Höhle, in der die Klausnerinnen lebten. Ihr Leben verlief in asketischer Dunkelheit innerhalb einer Höhle, aus der eine Reihe von Unterkünften und Kapellen zum Zweck des Gottesdienstes herausgemeißelt worden waren und die nur gelegentlich von Sonne
und Mond erhellt wurde. Die Grotte der heiligen Gwynned war von einem dünnen Nebel umhüllt, der das volle Mondlicht einfing, das zwischen den Wolken hervordrang. Es war ein Licht von einem metallischen Blau, das den Eingang der Magdalenenhöhle - die weniger wie eine Höhle, eher wie eine steinerne Kapelle aussah - in einem mitternächtlichen Regenbogen aus Purpurrot und Weiß beleuchtete. Die Gräser um die Quelle herum waren zu einer beträchtlichen Höhe herangewachsen, und wir streckten uns wie Kinder bei einem Picknick dort aus, am Rande des Wassers. Ich beugte mich zu ihr, um ihre Wange zu küssen, doch sie entzog sich meiner Liebesbekundung.
Sie gestattete mir nicht, sie zu berühren, und ebenso wenig ließ sie es zu, dass ich von Plänen sprach, sie ihrer Familie zu entführen. Sie tauchte einfach ihre Hände ins Wasser und nippte davon. Dann beugte ich mich über ihre zu einer Schale geformten Hände und trank den Rest des eisigen Wassers, bevor es zwischen ihren Fingern zerronnen war.
»Würden wir nicht in dieser Welt leben«, sagte ich, »so würde ich dich zu meiner Braut machen. Wir würden zum Meer reiten, zu anderen bretonischen Ländern reisen und frei leben. Wir würden Kinder auf ziehen, ich würde ein Lehmhaus bauen und das Feuer am Brennen halten, so dass du niemals Not oder einen Mangel an Begehren kennen lernen müsstest.«
»Wenn wir nicht in dieser Welt leben würden«, entgegnete sie, »so würde ich mit dir gehen. Ich würde Juwelen von den Pelzen meiner Mutter nehmen, um unsere Überfahrt zu diesen Ländern, von denen du sprichst, zu bezahlen. Und dort würden wir, wie die Liebenden aus der Legende, unser Leben damit verbringen, uns gegenseitig Glück und Freiheit von den Sorgen zu bescheren, die unser sterbliches Leben ausmachen. So soll es im Jenseits sein, wenn unsere Augen am Tage des Jüngsten Gerichtes geöffnet werden. « Da wusste ich, dass ich sie bereits verloren hatte. Verloren an
einen Freier, gegen den ich nicht kämpfen konnte, den ich nicht einmal herauszufordern vermochte. Ich hatte sie an Gott verloren. Zu mindest hatte ich damals dieses Gefühl. Doch noch immer hielt ich die Hoffnung aufrecht, sie möglicherweise von ihrer Entscheidung abbringen zu können, die Welt gegen die Beengtheit dieses felsigen Nonnenklosters einzutauschen. Aber ich wusste auch, dass ich sie erst einmal gehen lassen musste.
Wir ritten zu rück zum Schloss, das Herz war mir schwer. Ich hatte Ewen Glyndon zu dem Haus meiner Mutter geschickt, und mit ihm kam die Barmherzigkeit von der Frau des Barons zu meinen Brüdern und Schwestern. Er kehrte zurück und teilte mir mit, dass viele meiner Geschwister verschwunden waren. Jedoch hatte die Nachbarin zwei der jüngsten Kinder aufgenommen und versprochen, sie als die ihren aufzuziehen.
Ich besaß keine Familie, und bald würde ich auch keine Liebe mehr besitzen.
Und ich hatte auch keine Hoffnung mehr in meinem Herzen, der Tod meiner Mutter bedrückte mich schwer.
Vor Kurzem war ich achtzehn Jahre alt geworden, und es fühlte sich für mich so an, als hielte das Leben nichts als Elend für mich bereit. Außer meinem gegenwärtigen Schmerz sah ich nichts, obwohl ich von dem heiligen Wasser getrunken hatte, das der Legende nach Liebende auf ewig miteinander verband.
Auf dem Schloss wurden wir von Wachtposten überrascht, die mich gefangen nahmen und Alienora von ihrem Pferd zerrten. Sie wehrte sich und schrie nach mir, so wie ich nach ihr, doch es war zu spät für uns. Ich wusste, sie würden ihr kein Haar krümmen, sondern sie einfach in die Obhut ihres Vaters zurückbringen. Und trotzdem machte ich mir Sorgen um ihren Ruf und ihre Sicherheit.
Ich wurde in einen Raum gebracht, den ich noch nie zuvor gesehen
hatte. Er lag unter der Erde und roch übel nach Dung und Blut. Darin befanden sich Foltergeräte und Hilfsmittel zum Fesseln. Der Kerker. Drei Wachen befestigten Ketten aus
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