Prinzessin meines Herzens
manchmal mit meinem Bruder gewesen. Deshalb wusste ich von der Höhle. Sie liegt ziemlich weit entfernt vom Badestrand. Eigentlich durften wir nicht herkommen. Wir haben es aber trotzdem getan.“
Lily stellte sich vor, wie die beiden lachenden Jungen vom Foto ungeachtet der Verbote in die Höhle rannten. „Seid ihr oft hier gewesen?“
„Nein, nicht oft.“ Nico lehnte sich gegen die Felswand. „Eines Sommers haben wir das Schiff hier entdeckt. Du kannst dir sicher denken, dass so etwas auf Jungs eine starke Anziehungskraft hat. Irgendwann haben wir dann diese Höhle gefunden.“
Draußen peitschte der Regen gegen den Fels. Der Sturm war so stark, dass er sogar den Sand im Innern der Höhle aufwirbelte. Lily zitterte bei der Vorstellung, dass sie beinahe mitten in dieses Unwetter hineingeraten wären.
„Komm her!“ Nico streckte ihr die Hand hin, und Lily setzte sich zu ihm. Sanft zog er sie an sich. Sie genoss es, ihm so nah zu sein. Vielleicht hätte sie Nein sagen sollen, aber das wollte sie gar nicht. Dieses Mal nicht.
Als Nico sein Kinn auf ihren Kopf legte, schlang sie die Arme um seine Taille. Es kam ihr ganz natürlich vor, unvermeidlich. Hätten sie nur für immer so zusammensitzen können!
„Gaetano ist hier in der Gegend gestorben“, sagte Nico leise.
Lily zuckte zusammen. Sie hob den Kopf und sah ihn forschend an. Der Schmerz darüber war ihm deutlich anzusehen. „Nico, ich …“
„Schh.“ Mit einem Finger verschloss er ihre Lippen, und Lily erschauerte. Schließlich fügte er hinzu: „Schon okay, cara mia. Es war seine Entscheidung.“
„Wie ist es passiert?“
„Er hat sein Auto über eine Klippe ganz in der Nähe gelenkt.“
„Warum bist du mit mir herkommen, wenn es dich traurig macht?“, fragte Lily betroffen.
Nico sah ihr lange in die Augen, bevor er sich wieder gegen die Felswand lehnte. „Manchmal denke ich, er wartet hier auf mich. Ich weiß natürlich, dass er es nicht tut. Aber der Gedanke tröstet mich.“
Unwillkürlich streichelte Lily seine Wange. Hier fühlte er sich seinem Bruder nahe. Dass er diesen Ort nun mit ihr besuchte, berührte sie sehr. „Es ist doch gerade erst passiert“, sagte sie einfühlsam. „Du musst dich noch daran gewöhnen.“
Nico drückte ihre Hand. Dann beugte er sich vor und berührte ihre Lippen mit seinen, vorsichtig und ganz sacht. Auch Lily lehnte sich nach vorn. Sie wollte mehr. Er sollte sie noch einmal so küssen wie an ihrem Hochzeitsabend. Seit Tagen hatte er keine Annäherungsversuche mehr unternommen. Sie selbst war zu schüchtern, um den ersten Schritt zu tun.
„Du hast etwas an dir, Liliana“, meinte Nico, wobei sein Atem über ihre Wange strich. „Aber ich weiß nicht genau, was es ist.“
„Vielleicht kennst du mich einfach nicht besonders gut“, antwortete sie mit klopfendem Herzen.
Als er ein wenig von ihr abrückte, hätte Lily am liebsten protestiert.
„Dann rede mit mir, Lily“, forderte er sie auf.
Erstaunt sah sie ihn an. „Ist es nicht normalerweise die Frau, die reden will?“
Nico lachte laut auf, und auch Lily musste lachen. Es war ein gutes Gefühl. Noch vor einer Woche hatte sie geglaubt, niemals einen entspannten Moment mit Nico verbringen zu können. Doch während der vergangenen Tage hatte sie eine ganz andere Seite an ihm kennengelernt.
War das der echte Nico? Oder wollte sie etwas in ihm sehen, das eigentlich nur in ihren Träumen existierte?
„Erzähl mir etwas von dir, Liliana.“
„Ich weiß nicht, was.“ Sie senkte den Blick. Was konnte sie ihm erzählen, das ihn nicht entsetzen würde? Immerhin war er ein Prinz – und er war vollkommen anders aufgewachsen als sie in Louisiana.
„Da gibt es bestimmt irgendetwas.“
„Ich bin Einzelkind.“
„Das weiß ich.“ Als sie aufsah, lächelte Nico freundlich. „Die Fakten kenne ich alle, cara. Ich weiß nur nicht, wie du dazu stehst.“
Wusste er wirklich alles über sie? Eine beängstigende Vorstellung. Nervös spielte Lily an ihrer Jacke herum. Durfte sie sich ihm offenbaren? „Ich hatte eigentlich nie genug Zeit, um mir allzu viele Gedanken über mich und mein Leben zu machen.“
„Hast du dich ohne Geschwister einsam gefühlt?“
„Manchmal. Aber ich hatte ja Freundinnen … Carla zum Beispiel“, erwiderte sie stirnrunzelnd.
„Mach ihr keinen Vorwurf, Lily. Nur sehr wenige Leute hätten der Verlockung des Geldes widerstehen können.“
„Ich mache ihr keinen Vorwurf. Du hättest sowieso nicht
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