Puppen
Welt in die psychische. Das Knistern und Summen der Energie hörte
ebenfalls auf, verflüchtigte sich wie ein angenehmer Traum.
Nach und nach löste es sich von Paris’ Selbst, Schicht um Schicht, bis er sich wieder bewegen konnte und den Kopf schüttelte. Er versuchte, Ordnung in seine Gedanken und Empfindungen zu bringen.
Er reckte den Hals und beobachtete, wie die letzten Wesen weit oben verschwanden. Der Glanz jener wundervollen
Schwingen verlor sich in den Wolken, und Stille erfaßte den ganzen Planeten.
Kes stand reglos. Tränen füllten ihre Augen, quollen daraus hervor und hinterließen salzige Spuren auf den Wangen. Sie schloß die Hand so fest um die Flanke des Shuttles, daß sich die Fingerknöchel weiß abzeichneten, und sie zitterte.
Paris merkte, wie fest seine eigene Hand um die Schulter der Ocampa geschlossen war. Er ließ sie los und drückte die junge Frau behutsam an sich. Sie lehnte sich dankbar gegen ihn, während ihr Blick nach wie vor den Wolken galt. Sie bebte noch immer am ganzen Leib, und Schweiß ließ ihr Haar am Nacken festkleben.
Wie eindrucksvoll mochte das Erlebnis für sie gewesen sein?
Immerhin verfügte sie über die Fähigkeit, an den Gedanken und Gefühlen anderer Lebensformen teilzuhaben. Ihre
Verbindung mit dem Gemeinschaftsselbst – der Lebenskraft, die ihnen seit der Ankunft auf dem Planeten so viele Probleme bereitet hatte – mußte weitaus enger und intensiver gewesen sein. Kein Wunder, daß sie so stark darauf reagierte.
»Kes«, sagte Paris leise.
Zuerst antwortete sie nicht, aber dann wich sie ein wenig fort von ihm und hob den Blick. Sie lächelte, hob eine Hand und wischte sich die Tränen von den Wangen.
»Es ist alles in Ordnung mit mir, Tom«, erwiderte sie
schließlich. »Die Wesen… Sie waren so wundervoll. Und so alt. Sie haben viel gesehen und viel erlebt, doch jetzt erfahren sie einen neuen Anfang.«
»Ja, darauf wiesen die Empfindungen hin«, meinte Paris. »Es fühlte sich an, als stünde ihnen etwas Großartiges bevor, etwas, das sie mit Aufregung erfüllt.«
»Sie vernehmen einen Ruf und folgen ihm«, sagte Kes
geistesabwesend. »Ich konnte ihn nicht in dem Sinne hören, spürte nur, wie er an ihren Gedanken zupfte. Die Wesen werden davon angezogen, und auf diese Weise erfüllt sich ihr Schicksal. Jetzt sind sie fort.«
»Aber…« Paris runzelte die Stirn. »Ich nehme an, sie sind zu einer anderen Region des Planeten geflogen.«
»Nein«, widersprach Kes. »Sie sind fort. Ihre Zeit auf dieser Welt ist abgelaufen.«
»Aber wie können sie im All fliegen?« fragte Paris
verwundert. »Dort nützen ihnen die Flügel doch gar nichts.«
»Sie sind mächtig«, entgegnete Kes. »Sie verfügen über mehr Macht als alle anderen Geschöpfe, die ich kenne. Und sie haben auch mehr Wissen. Sie brauchen die Flügel nicht, um zu fliegen.«
Paris sah noch ein letztes Mal zu den Wolken hoch und
prägte sich den Anblick fest ins Gedächtnis ein. Dann wandte er sich wieder dem Shuttle zu.
»Wir sollten jetzt Tuvok holen und dann zur Voyager zurückkehren. Auch für uns wird es Zeit, diesen Planeten zu verlassen.«
Tuvok beobachtete fasziniert, wie Hunderte, vielleicht sogar Tausende von großen, schlanken Wesen den Wolken
entgegenflogen. Ihre Schwingen glitzerten, und die
Selbstsphären der Geschöpfe waren weit geöffnet. Im mentalen Äther erklangen Rufe, die immense Freude verrieten.
Der Vulkanier fühlte Leben, Träume und Erinnerungen der Aufsteigenden. Ohne irgendwelche Einschränkungen teilten sie ihre Erfahrungen mit allen, die daran teilhaben wollten –
und auch mit jenen, die sich davor zu verschließen versuchten.
Ban stützte sich an der Schulter des Außenweltlers ab und zitterte. Die Stimmen riefen ihn; das spürte Tuvok ganz deutlich. Er nahm die überwältigenden Emotionen wahr, die von den geflügelten Wesen hervorgerufen wurden, und bei Ban kam als verstärkender Faktor hinzu, daß er jetzt etwas bestätigt sah, woran er ein Leben lang geglaubt hatte. Tuvok spürte diese Empfindungen zwar, aber er wußte auch: Tief in Ban reagierte etwas und erwiderte den Ruf der Geschöpfe auf eine Weise, die allein Urrythanern vorbehalten blieb.
Der Vulkanier fühlte auch Vok und die Sehnsucht in ihm, als er beobachtete, wie seine Vorfahren zu einer neuen Existenz aufstiegen. Damit einher ging ein Gefühl des Verlustes: Die verbindende und Einheit schaffende Stimme verklang immer mehr. Sie verschwand nicht völlig, wurde jedoch zu einem
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