Rebellin der Leidenschaft
wütend zu verteidigen: »Elizabeth war immer sehr freundlich zu mir, anders als alle anderen in dieser Stadt - Anwesende nicht ausgenommen -, die nur grob und beleidigend waren.«
»Es fällt mir schwer zu glauben, dass du vom karitativen Geist beseelt hier auftauchst.«
»Das, was du glaubst, hast du mir nur allzu deutlich zu verstehen gegeben.« Sie funkelte ihn an. Am liebsten hätte sie ihn übelst beschimpft und ihm an Ort und Stelle mitgeteilt, was sie von ihm hielt. Aber sie tat es nicht. Die arme Elizabeth war schwer krank, das war ganz klar, und gewiss lauschte der Diener an der nächsten Ecke mit großen Ohren auf jedes Wort, das hier gesprochen wurde. Irgendwelche Gerüchte über sie und den Herzog durften jetzt auf keinen Fall zu Elizabeth Vordringen. »Es ist mir inzwischen egal, was du denkst«, sagte sie steif und wie betäubt. »Wenn sie keine Gäste empfängt, wärst du dann bitte so freundlich, ihr dieses Geschenk zu bringen und ihr zu sagen, dass es mir sehr Leid tut?«
Der Herzog machte keine Anstalten, das Päckchen in Empfang zu nehmen, das sie ihm entgegenstreckte. Tränen brannten in Nicoles Augen. Sie wandte sich rasch ab, um ihm nicht zu zeigen, wie verletzt sie war, legte das Konfekt auf einen Stuhl und ging zur Tür.
Doch er stellte sich ihr in den Weg. »Sobald es - sobald es Elizabeth besser geht, verlasse ich London«, sagte er schneidend.
»Deine Pläne interessieren mich nicht im Geringsten«, erwiderte sie schroff und wollte an ihm Vorbeigehen.
»Und Elizabeth wird mitkommen. Wir werden mit unserer Hochzeit nicht bis Juni warten. Wir werden sofort heiraten.«
Nun hob sie den Kopf und stellte sich seinem wütenden Blick, auch wenn seine Worte sie so heftig verletzten, wie kein Messer es hätte tun können. War das derselbe Mann, der sie noch vor zwei Tagen im Wald von Maddington so leidenschaftlich umarmt hatte? Jetzt schien er sie nur noch zu hassen. Nicole erschauderte. Was hatte sie getan, dass sein Begehren in puren Hass umgeschlagen war? Gab er ihr die Schuld daran, was auf der Jagd passiert war?
Doch so verletzt sie auch war, sie hatte nach wie vor ihren Stolz. Irgendwie schaffte sie es, ihre Gefühle zu verbergen. »Dann wünsche ich euch beiden viel Glück!«
In diesem Moment, als sie sich wie die schlimmsten Feinde anstarrten, schoss eine rasche Folge von Bildern durch Nicoles Kopf, von ihnen beiden, von ihr in seinen Armen. In seinen Armen hatte sie gedacht, ihm läge wirklich sehr viel an ihr. Aber das hatte sie sich nur eingebildet, denn dem Mann, der jetzt vor ihr stand, lag nichts, rein gar nichts an ihr. Wenn er denn etwas für sie empfand, dann Verachtung.
Der Herzog schien mit ihrer höflichen Erwiderung nicht zufrieden, er wirkte nur noch wütender. Brüsk wandte sich Nicole von ihm ab.
William stand schon an der Tür, und wieder betete Nicole, dass keine üblen Gerüchte an Elizabeths Ohren dringen mochten. Doch kurz bevor sie über die Schwelle trat, hieb der Herzog noch einmal mit seinem Schwert aus Worten auf sie ein. »Ich möchte dir noch einmal ausdrücklich sagen, dass du hier nicht willkommen bist! Komm nie wieder hierher!«
Sie erstarrte und lief tiefrot an. Sie hätte hunderte von Erwiderungen gewusst, aber keine war geeignet für das Ohr des Butlers und all das Dienstbotengerede, das sich daraus ergeben würde. Dem hatte sie nun wahrhaftig genügend Futter gegeben. Doch dann befand sie, dass keine ihrer möglichen Erwiderungen besonders ins Gewicht fallen würde angesichts dessen, was ihr bisheriger Wortwechsel mit Sicherheit auslösen würde. »Im Gegensatz zu dem, was du denkst - und offenbar hast du dir vorgenommen, nur das Schlechteste von mir zu denken: Elizabeth ist meine Freundin. Sie verdient es, glücklich zu sein. Mir fällt niemand ein, der es mehr verdient hätte.«
An der vom Butler aufgehaltenen Tür hielt Nicole noch einmal inne. »Aber eins hat sie nicht verdient: dich. Und du hast eins ganz gewiss nicht verdient: sie.«
Der Herzog schäumte vor Wut.
Dem Butler blieb der Mund offen stehen.
Und Nicole beschloss, dass es an der Zeit wäre zu gehen.
*
Elizabeth starb noch in derselben Nacht. Ihr Vater, der Marquis von Stafford, fand sie am nächsten Morgen tot in ihrem Bett. Die Nachricht von ihrem Ableben drang erst einige Stunden später an Nicoles Ohren, und am Mittag wusste bereits ganz London, dass die wunderbare, freundliche junge Lady entschlafen war.
Nicole war zutiefst erschüttert. Elizabeth Martindale tot? Die
Weitere Kostenlose Bücher