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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Fingernägeln kaute.
    Harold hatte noch ein paar Neuigkeiten in Erfahrung gebracht. »Ich habe gehört, daß der Große Weiße Häuptling persönlich darauf bestanden hat, daß den Relgan in den Club aufgenommen wird.«
    »Lord White?« Ich war überrascht.
    »Der Alte Schneesturm persönlich.«
    Pamphlets junger Besitzer schnippte mit den Fingern und sagte: »Hey, Mann, wie wär’s mit ein paar flotten Tönen auf das Baby hier?«
    »Einen Zehner auf Sieg oder Platz«, schlug Harold vor, der mit der Sprache des Popstars vertraut war. Der Popstar benutzte das Pferd für seine Publicity und ließ es nur laufen, wenn das Rennen vom Fernsehen übertragen wurde. Und wie immer wußte er genau, wo die Kameras standen und achtete stets darauf, daß er nicht unvorsichtigerweise von mir oder Harold verdeckt wurde, wenn sie in seine Richtung zeigten. Ich bewunderte sein diesbezügliches Geschick und überhaupt die ganze Show, die er abzog, denn er hatte, wenn er sozusagen hinter der Bühne war, eine starke Tendenz zum kleinbürgerlichen Spießer. Das aufgepeppte Proletarierimage war seine Masche.
    Er war heute mit dunkelblauen Haaren zum Rennen erschienen. Rund um den Führring machten sich Anzeichen für leichte Schlaganfälle bemerkbar, aber Harold tat, als fiele ihm nichts auf, getreu dem Grundsatz, daß Besitzer, die ihre Rechnungen bezahlten, so exzentrisch sein konnten, wie sie wollten.
    »Philip, Schätzchen«, sagte der Popstar, »bringen Sie das Baby für Daddy gut über die Runden.«
    Er mußte das aus alten Filmen haben, dachte ich. Bestimmt redeten heutzutage nicht einmal Popmusiker so. Er kaute wieder an den Nägeln, und ich schwang mich auf Pamphlet und ritt hinaus, um zu sehen, was ich in Sachen ›ein Zehner auf Sieg oder Platz‹ tun konnte.
    Ich galt allgemein nicht als besonders gut am Hindernis, aber vielleicht hatte Pamphlet es sich heute genau wie ich in den Kopf gesetzt zu gewinnen. Er flog nur so dahin, in überschäumender Lebensfreude, und überholte in der Zielgeraden sogar den Favoriten. Bei unserer Rückkehr mußten wir dem Fernsehen zuliebe die Umarmungen von Blauhaar über uns ergehen lassen, und ein besorgt wirkender Schmalspurtrainer fragte mich, ob ich im fünften Rennen als Ersatz einspringen könne. Jockey verletzt … wäre das möglich? Aber sicher ist das möglich. Das mache ich gern. Prima, der Bursche hat den Renndress, bis später dann im Führring. Wunderbar.
    Steve brütete immer noch unter meinem Kleiderhaken.
    »Ist der Schuppen abgebrannt?« fragte ich.
    »Was?«
    »Der Schuppen. Die Tiefkühltruhe. Die Fotos von deinem Vater.«
    »Ach so, ja … aber das Zeug war nicht mehr drin.«
    Ich streifte die orangerosa Popstar-Farben ab und machte mich auf die Suche nach dem gedeckteren grünbraunen Dress für den Ersatzritt.
    »Wo war es denn?« sagte ich, als ich wiederkam.
    »Ich habe meiner Mutter erzählt, daß du gesagt hast, daß die Leute vielleicht was gegen die Bilder haben, die Dad von ihnen gemacht hat, und sie hat gedacht, daß du meinst, daß es den Einbrechern um die Fotos gegangen ist und nicht um ihren Pelz und alles, und sie wollte die Dias nicht dort lassen, wo sie immer noch gestohlen werden konnten, also hat sie mich am Montag gebeten, sie zu den Nachbarn zu bringen. Und da sind sie jetzt, in einem Nebengebäude.«
    Gedankenverloren knöpfte ich das grünbraune Hemd zu.
    »Soll ich sie im Krankenhaus besuchen?« sagte ich.
    Es lag praktisch auf meinem Heimweg. Kein großer Aufwand. Trotzdem dankte er mir so überschwenglich, daß es schon fast peinlich war. Er sagte, er sei mit dem Kneipenwirt aus dem Dorf in Sussex gekommen, wo er in einer Bude in der Nähe des Stalls wohnte, für den er ritt, und wenn ich seine Mutter besuchen würde, könne er wieder mit dem Wirt zurückfahren, eine andere Möglichkeit habe er wegen seines Schlüsselbeins nämlich nicht. Ich hatte seine Mutter eigentlich nicht alleine besuchen wollen, aber wenn ich es mir recht überlegte, machte es mir auch nichts aus.
    Nachdem er seine Last abgeladen hatte, hellte sich Steves Miene etwas auf und er bat mich, ihn anzurufen, wenn ich wieder zu Hause war.
    »Ja«, sagte ich abwesend. »War dein Vater oft in Frankreich?«
    »Frankreich?«
    »Nie davon gehört?« sagte ich.
    »Oh …« Er war nicht zum Scherzen aufgelegt. »Natürlich. Longchamps, Auteuil, St. Cloud. Überall.«
    »Auch rund um die Welt?« sagte ich und steckte Bleigewichte in den Sattel.
    »Wie?« Er war entschieden verblüfft. »Wie

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