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Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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durch die trüben, gesprungenen Scheiben der Telefonzelle nach draußen zu sehen. »Wissen Sie, wo ich einen möglichst hochrangigen Ermittler treffen könnte?«
    »Ich weiß nicht, wo Oberst Carrington untergebracht ist. Aber ein Vertreter des deutschen BFU wohnt im Hotel Adriatic. Er heißt Joachim Klein. Warum fragst du?« Christian schrieb den Namen auf einen Zettel und versuchte angestrengt, durch die Scheibe zu blicken. »Sonst etwas Neues?«
    »So gut wie nichts. Einige Kollegen haben Ermittler vom US-Armeegeheimdienst DIA gesichtet. Das hat für Wasser auf die Mühlen der Ufo-Eiferer gesorgt. Allmählich wird das hier zu einer Farce.«
    Christian hielt es nicht länger aus. Er konnte in der Telefonzelle von allen Seiten gesehen werden, aber selbst nicht richtig nach draußen blicken. »Ich muss aufhören.« » Warte . . . Jemand hat nach dir gefragt.«
    »Wer?«
    »Er hat seinen Namen nicht genannt. Ich war in der Lobby, als er mit dem Rezeptionisten sprach. Hat amerikanisches Englisch geredet, muss aber nicht unbedingt Amerikaner sein. Ein unfreundlicher Kerl mit dunklen Augenbrauen.« Christian hängte den Hörer in die verbogene Gabel. Sein Blick fiel auf ein durch die gesprungene Scheibe verzerrt aussehendes Auto, das zwanzig Meter weiter anhielt. Die Telefonzelle kam ihm wie eine Falle vor. Es war ein großer, alter Mercedes, der angehalten hatte. Die Türen blieben geschlossen. Warum stieg niemand aus? Christian schlüpfte aus der Telefonzelle und eilte mit schnellen Schritten auf den verwucherten Park zu, der sich linker Hand auftat. Er hatte Angst, jemand würde aus dem Auto steigen und ihm folgen, aber dann beherrschte er sich und setzte seinen Weg in betont ruhigem Tempo fort.
    Die rostige Pforte des Parks kam näher. Dahinter stieg das Gelände an und ging in die Berglandschaft über, von der die Stadt umgeben war. Bei dem Mercedes rührte sich nichts. Christian hatte nur noch wenige Schritte bis zum kühlen Schatten, in den er eintauchen konnte, um dann im Schutz der Bäume auf einem Umweg das Hotel Adriatic zu erreichen. Der Sand knirschte unter seinen Füßen.
    Da sprangen fünf Zigeunermädchen aus ihrem Versteck zwischen den Bäumen. Die zerlumpten, barfüßigen Mädchen wedelten mit Pappstücken, die sie von Kartons abgerissen hatten, schwindelerregend wirbelten sie um Christian herum und verdeckten ihm die Sicht auf den Platz und auf das Auto, das dort angehalten hatte. Mit flehenden Blicken bettelten die Mädchen ihn an; mit ihrem Lärm sorgten sie dafür, dass Christian die Lage nicht mehr überblicken konnte. Er gab sich alle Mühe, zu dem Auto hinüber zuschauen, aber der Kreis der Kinder mit den wedelnden Kartonstücken drehte sich wie ein hartnäckiges Karussell um ihn herum.
    Er versuchte die Kinder zu verscheuchen, doch sie griffen mit geradezu verdächtiger Verzweiflung nach seinem Arm. Er hielt nach dem Auto Ausschau, sah aber nur Pappe, große Augen und flinke, schmutzige Hände.
    Plötzlich stoben die Mädchen wie auf Befehl in alle Richtungen davon, und der verdutzte Christian blieb allein zurück und konnte nur noch zusehen, wie die letzte bloße Ferse um die Ecke verschwand. Warum waren die Kinder davon gestürmt, obwohl er in seiner Verwirrung noch gar nicht dazu gekommen war, ihnen auch nur eine einzige Münze zuzuwerfen ?
    Christians Blick fiel auf einen alten Mann, der mit seinem Hund direkt neben der Pforte stand. Der schnurrbärtige Alte sah amüsiert zu ihm hinüber. Er schüttelte den Kopf, schmunzelte leicht abfällig, sagte das Wort »zingari« und gab Christian mit einer Geste zu verstehen, er solle seine Taschen kontrollieren. Natürlich. Die Mädchen waren Taschendiebe gewesen. Christians Hände griffen in alle Jackentaschen. Münzen und ein Bündel zerknitterter Geldscheine waren noch da. Er langte in die Innentasche und spürte die harten Ränder der Kassette. Dann schob er die Hand in die rechte vordere Hosentasche. Sie war leer. Sie hatten ihm Pass und Portemonnaie gestohlen. Durch die aufsteigende Panik kam er in Bewegung, aber er wusste nicht, wohin er gehen sollte. Die Mädchen waren in verschiedene Richtungen davongerannt. Es war aussichtslos. Er würde sein Portemonnaie nicht wiederfinden. Ihm wurde immer deutlicher, dass es absolut verrückt war, die Kassette mit sich herumzutragen. Er verfluchte seine Dummheit, blickte sich um und sah den Mercedes noch immer an seinem Platz stehen. War jemand ausgestiegen, während Christian von den Zigeunermädchen

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