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Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog

Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog

Titel: Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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wurde sogar noch schlimmer. Als Tero in der Pubertät war, brach endgültig alles um ihn herum zusammen. Aus dem Jetset-Kind, das die ganze Welt gesehen hatte, wurde ein Wohnblockjunge, der schnell die Gesetze der Straße zu lernen hatte: Er musste sich einen Platz unter den knallharten anderen Jungen erobern oder sich damit abfinden, gemobbt zu werden. Er erkämpfte sich seine Position, bezahlte dafür jedoch einen hohen Preis.
    Das Gerangel der Gangs auf den Hinterhöfen war aber ein Kinderspiel gegenüber dem, was innerhalb der eigenen vier Wände passierte. Tero musste sich ständig um seinen massiv alkoholkranken Vater kümmern. Erschwerend kam hinzu, dass sich nun Saufkumpane aus der Gegend bei ihnen herumtrieben, vom freigebigen Charakter des Vaters angezogen wie Fliegen vom Kuhfladen. Tero versteckte das Haushaltsgeld, aber sein Vater war unglaublich geschickt darin, es ausfindig zu machen. In der Stadt schämte er sich für seinen Vater, und als der Vater das merkte, wurde er gegenüber sich selbst und seinem Sohn immer verbitterter.
    Boxen, Gewichtheben und Laufen wurden für Tero zum Ventil. Das körperliche Training und sein scharfer Verstand halfen ihm, schnell in der Rangordnung der Straßengang aufzusteigen. Die Schlägereien wurden brutaler, die Diebstähle immer dreister. Auch bei den Saufkumpanen seines Vaters schlug er eine harte Linie ein. Wie er diese Männer hasste, ihr Gegröle in der Küche! Er selbst konnte nie Freunde mit nach Hause bringen, daher fühlte er sich zusehends wohler in der Stadt. Weil er ein kluger Kopf war, kam er in der Schule einigermaßen gut durch. Aber die Konflikte zwischen Vater und Sohn wuchsen, der Druck nahm zu, bis eines Tages nach der Schule alles aus dem Ruder lief.
    In Gedanken versunken schaute Tero über die von weißen Steinsäulen getragene Balustrade und sah unten auf dem terracottafarbenen Pflaster im Schatten der Palmen einen roten Ferrari stehen. Marcus war ein eitler Mensch, der Autos und den Motorsport liebte. Und das war gut so. Routiniert kippte Tero den Weißwein in den riesigen Übertopf eines Magnolienbaums auf der Terrasse. Dann ging er zu der bogenförmigen Türöffnung, zog den vom Wind leicht bewegten, seidendünnen weißen Vorhang zur Seite und trat ein.
    Marcus saß im dezenten Sommerhemd auf der Couch, die Arme auf der Lehne ausgebreitet und ein Bein über das andere geschlagen. Die Strahlen der Nachmittagssonne, die durch die hölzerne Jalousie fielen, ließen seinen gebräunten, halb kahlen Kopf glänzen. Auf seinem Gesicht lag ein breites Lächeln, während er sich mit Roni unterhielt. Zufrieden registrierte Tero, dass auch Marcus' viertes Glas schon fast leer war.
    »Roni hat mir gerade erzählt, wie gut das Training gelaufen ist«, sagte Marcus und zwinkerte Roni zu, der im Sessel gegenüber saß. An der Wand hinter ihm hing ein großes, eingerahmtes Schwarzweißfoto, das einen Ferrari-Rennwagen aus den Fünfzigerjahren mit Alberto Ascari zeigte.
    Tero lächelte zurück. Marcus' großer Traum war es, in der Formel 1 mitzumischen. Und durch Roni bot sich ihm endlich die Möglichkeit dazu. »Alles ist ideal gelaufen. Roni ist für die Formel 1 noch besser bereit, als wir dachten«, sagte Tero und richtete einen strengen Blick auf seinen Sohn. »Wenn Callaghan sich nicht in nächster Zeit meldet, würde ich mich sehr wundern«, sagte Marcus und wandte sich wieder Roni zu, mit noch breiterem Grinsen als zuvor. »Oder ist dir McLaren nicht gut genug?«
    Roni begnügte sich mit einem Lächeln als Antwort.
    »Es gibt da nur ein kleines Problem«, sagte Tero.
    »Was für ein Problem?«, fragte Marcus, sofort hellwach. Sein Blick und seine Stimme verrieten die steigende Hilfsbereitschaft bei einem gehobenen Alkoholspiegel.
    Tero seufzte. »Wie gesagt, sind wir gestern Abend in Marbella gelandet. Roni ist noch mit einem Freund weggegangen. Ich dachte, das hat sich der Junge verdient. Er ist spät nach Hause gekommen, und heute Morgen hat er mir dann erzählt, was passiert ist.«
    »Nämlich?«, fragte Marcus, der sich interessiert nach vorne lehnte und dabei ganz leicht schwankte.
    »Die beiden waren im Casino.«
    »Ahaa«, lachte Marcus großspurig. »Wie viel hast du verloren?«, wollte er von Roni wissen.
    »Achttausend Euro«, sagte Roni verlegen, ohne aufzublicken.
    »Roni hat einen schweren Fehler gemacht«, sagte Tero. »Aber das war das erste und das letzte Mal. Stimmt's Roni?«
    Roni nickte, den Blick noch immer zu Boden

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