Rheinsteigmord - Kriminalroman
Kriminalinspektion. Wenn es um einen Unfall geht, sind Sie hier falsch.«
»Ich glaube nicht, dass es ein Unfall war.«
Steingräber seufzte.
»Entschuldigen Sie.« Fred, der immer noch in der Tür stand, deutete auf eine Steckdose neben Steingräbers Schreibtisch. »Mein Handyakku hat mich im Stich gelassen. Dürfte ich es aufladen, während wir uns unterhalten?«
»Ich hoffe, die Unterhaltung wird zu kurz dafür sein«, sagte Steingräber. »Aber von mir aus.«
Fred installierte das Ladegerät, steckte das Handy an und berichtete, dass er Daniela Hecht auf der Ley gesehen hatte. Und er erklärte, dass er derjenige gewesen war, der den Notruf abgesetzt hatte.
»Wissen das die Kollegen, die den Unfall aufgenommen haben?«
»Ja, sicher. Aber es geht mir um etwas anderes.«
Der Kripomann hörte konzentriert zu, als ihm Fred die Zusammenhänge erklärte. Dass Professor Friesdorf verschwunden war und Daniela Hecht zuvor bei ihm angerufen hatte. Dabei konnte er nicht verschweigen, dass er sein Geld als Privatdetektiv verdiente. Fred hatte bisher kaum mit der Polizei zu tun gehabt. Charly ermittelte nicht in Mordfällen wie die berühmten Kollegen in Romanen oder im Fernsehen, sondern arbeitete für Anwälte oder betrogene Ehepartner, und Fred hatte immer geglaubt, dass zwischen der Polizei und den sogenannten Privatschnüfflern so etwas wie Abneigung bestand. Falls dem so war, ließ sich Steingräber davon nichts anmerken. Während er zuhörte, machte er sich auf einem Blatt Notizen.
Als Fred fertig war, traf ihn durch die Brillengläser ein ruhiger Blick des Hauptkommissars.
»Und nun?«, fragte Steingräber.
»Ist das denn kein Hinweis darauf, dass Frau Hecht vielleicht ermordet wurde?«
»Sie wollen sagen, jemand hat sie von der Ley geschubst? Und auch diesen Professor umgebracht?« Steingräber hob die Schultern und nahm die Brille ab. »Was Sie mir berichtet haben, Herr Bleikamp, nehme ich zur Kenntnis. Aber bevor nicht ganz klar ist, wo sich Herr Friesdorf aufhält, ist das pure Spekulation. Das sollte Ihnen als Privatermittler eigentlich klar sein. Und was Frau Hecht betrifft … Dass sie sich mit jemandem treffen wollte, sagt ja nichts.« Er beugte sich vor. »Ist Ihnen schon mal der Gedanke gekommen, dass Herr Friesdorf derjenige gewesen sein könnte?«
»Professor Friesdorf wollte aber doch längst wieder zurück sein. Er hätte dementsprechend eher vor drei, vier Tagen mit Frau Hecht verabredet gewesen sein müssen.«
Steingräber nickte. »Dennoch. Friesdorfs Frau … Sie beschäftigt sich nicht mit denselben Themengebieten, die ihren Mann interessieren, sagten Sie?«
»Das stimmt. Ich habe den Eindruck, sie ist eher der Typ Heimchen am Herd. Während der Herr Professor historische Schauplätze, Kollegen oder Archive besucht und forscht. Ganz für sich allein. Und ohne seiner Frau genau zu sagen, nach welchen Vorgaben. Wahrscheinlich ändert er den Plan auch unterwegs immer wieder mal.«
»Vielleicht ist er ja noch immer auf seiner Reise, und sie hat einfach vergessen, dass er das von Anfang an geplant hatte?«
»Vergessen?«
»Die Frau ist alt. Sie kann es missverstanden haben. Bei der Planung hat sie nicht hingehört, es interessierte sie nicht so sehr. Ihr Mann hat es ihr vielleicht noch mal am Telefon gesagt, aber es kam nicht richtig rüber. Und da, wo er jetzt ist, kann er schlecht telefonieren.«
»Glaube ich nicht. Hätte er dann nicht längst wieder bei seiner Frau angerufen? Es macht doch Sinn, dass er sich alle paar Tage bei ihr meldet, oder nicht?«
»Sind Sie verheiratet?«
»Gewesen.«
Steingräber nickte und setzte seine Brille wieder auf. »Dann haben Sie keine Ahnung, was es heißt, so lange verheiratet zu sein wie Herr Friesdorf und seine Frau. Glauben Sie mir. In diesem Stadium sagt man sich nicht mehr viel.«
Fred stand auf. Er hatte seine Pflicht getan. Er hatte die Polizei informiert. Wie er selbst weiterermittelte, war seine Sache.
»Vergessen Sie ihr Handy nicht«, sagte Steingräber. »Auf Wiedersehen.«
Der grüne Balken war zu einem haarfeinen Strich gewachsen. Wie lange konnte man damit telefonieren? Höchstens ein paar Minuten. Er würde sich bald eine weitere Steckdose suchen müssen, wenn er das Handy heute noch benutzen wollte.
Er stöpselte die Kabel aus, rollte sie zusammen und ging.
»Schönen Tag noch«, rief Steingräber ihm nach. »Und tun Sie nichts Ungesetzliches.«
* * *
Fred folgte der B42 in Richtung Koblenz. Auf der linken Rheinseite
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