Ruhe Sanft
beleidigte Smith. Smith’ Blick verlor sich in der Ferne. Sie hatte abgeschaltet. »Smith?«
»Wetzon?« Smith war wieder da, wo immer sie gewesen sein mochte. »Du mußt mich anrufen, sowie du Arleen verläßt. Wo eßt ihr überhaupt?«
» Le Refuge .«
»Hm. Ich mag das Lokal. Sie hat mich nie dorthin mitgenommen.«
Eigenartig, wie sie das sagte. Auf wen war Smith wirklich eifersüchtig, auf Arleen oder Leon? »Smith...«
»Ja?« Smith hatte sich wieder an ihren Schreibtisch gesetzt und kehrte Wetzon den Rücken.
»Spricht Arleen Russisch?«
»Weshalb willst du denn das nun wissen?« Smith drehte sich unwirsch nach ihr um. »Du hast wohl nur noch Russen im Kopf. Warum sollte sie Russisch sprechen? Sie ist Amerikanerin wie du und ich.«
B. B. klopfte an und brachte ihren Lunch in kleinen Taschen von Zaro’s.
»Die Telefone sind heute still«, sagte Wetzon, während sie die obere Hälfte des Brötchens hochhob und das Roastbeef untersuchte. Gut, blutiger als blutig. Sie preßte den gelben Senf aus dem Plastiktütchen auf die untere Brötchenhälfte. Wahrscheinlich alles Chemie. Sie warf einen Blick auf ihre Nachrichten. »Ich muß wirklich einige von diesen Leuten anrufen.« Sie fing Smith’ Blick auf. »Sag’s nicht.« Sie hielt eine Hand hoch. »Ich weiß, daß es Zeitverschwendung ist.«
Smith runzelte die Stirn. »Woran hat Howie Minton dich erinnern wollen?«
Wetzon biß herzhaft in das Sandwich. »Ich soll versuchen, etwas für diesen Makler in seinem Büro zu tun.«
Smith schien ahnungslos. »Welcher Makler?«
»Du weißt doch. Der für das FBI arbeitet.«
»Wie konnte ich das nur vergessen.« Smith reckte sich. »Mir ist heute nicht sehr nach Arbeit zumute.«
»Warum nimmst du dir nicht einen freien Nachmittag und machst auf dem Heimweg einen Abstecher zu Bloomie’s?«
Smith schürzte die Lippen. »Vielleicht tu ich’s. Aber du mußt versprechen, mich nach dem Essen anzurufen.«
»Ach so, darum geht es. Du willst nur sicher sein, daß ich dir alles erzähle, was ich von Arleen erfahre, und dir die Kassette gebe, bevor ich in die Nacht hinausgehe und beraubt oder ermordet werde.«
»Wetzon...« Smith ließ die Plastikgabel in ihren Salat fallen. »Du bist wirklich furchtbar. Du willst einfach nicht wahrhaben, daß ich dich liebe und mir Sorgen um dich mache. Manchmal glaube ich, daß wir eine sehr einseitige Beziehung haben.« Sie sah verletzt aus, und Wetzon hatte plötzlich Gewissensbisse. Es endet immer so, dachte sie reumütig. Und wer hatte recht? Wahrscheinlich Smith. Smith war exzentrisch, und es war schwer, aus ihr schlau zu werden. Wetzon versuchte, die Beziehung auf der geschäftlichen Ebene zu halten, aber Smith ließ es nicht zu.
Das Telefon läutete.
»Okay, okay. Ich verspreche, daß ich dich anrufe.«
»Und wir gehen zusammen zu Teddy Lanzman.«
B. B. klopfte an die Tür. »Leon für dich, Smith.«
Danke, Leon, dachte Wetzon erleichtert. Sie stand auf und ging in die Toilette.
»Hmm.« Smith nahm den Hörer ab, als Wetzon gerade die Tür schloß. »Vielleicht sollte Leon auch mit uns kommen. Hallo, Schatz«, hauchte sie ins Telefon. »Bleib dran... Wetzon, ich finde, Leon sollte mitkommen.«
Wetzon knallte die Toilettentür hinter sich zu.
Vor der Trattoria, wo im Frühling, Sommer und Herbst ein lebendiges Straßencafe war, sah es trostlos aus, als Wetzon hinkam. Von der weiten Fläche, nun ohne die bunten Tische und Stühle, war der Schnee weggeschippt worden, aber der Boden war eisglatt und feucht. Dahinter schienen die hellen Lichter des Restaurants.
Wetzon ging durch das PanAm-Gebäude in die Trattoria. Männer und Frauen, größtenteils jung, standen und saßen in mehreren Reihen um die Bar. Die Menge war ausgelassen, fast flegelhaft. Ohne den Mantel und die Baskenmütze abzunehmen, schlenderte Wetzon um die U-förmige Bar, musterte die Gäste, bemühte sich um einen gleichgültigen, aber freundlichen Gesichtsausdruck. Sie ärgerte sich darüber, daß sie hier eine geschäftliche Besprechung haben würde.
Ein Mann mit angegrauten Koteletten, der etwas Bourbonfarbenes trank, zog ihren Blick auf sich und zwinkerte ihr geflissentlich zu. Sie nickte unverbindlich und ging weiter. Er war zu alt für De Haven, aber man mußte vorsichtig sein. Die Leute schilderten sich oft ganz anders, als sie ihr erschienen, wenn sie sich dann kennenlernten.
Als Wetzon langsam um die rechte Seite des >U< kam, sah sie zwei Männer und drei Frauen in den Zwanzigern, die
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