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Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)

Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enric Balasch
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Initiationsriten schon immer eine bedeutende Rolle gespielt haben, waren sie doch das Symbol für den regressus ad uterum , also die Rückkehr in den Mutterschoß, was nichts anderes heißt als Rückkehr zum Beginn des Kosmos. Aus diesem Grund wird die Geburt Christi in der Kunst der Ostkirche oft in einer Höhle dargestellt. Damit verwandelt sich die Höhle in die matrix mundi , den Ort, an dem die Welt entstand, das Element der kosmischen Befruchtung.«
    Munárriz schwieg eine Weile. Der Priester, der sich denken konnte, was in seinem Gast vorging, fuhr fort: »Für all das und noch viel mehr hat sich Begoña interessiert. In erster Linie aber war sie auf der Suche nach der Wahrheit. Am vorigen Dienstag sind wir hergefahren, weil sie die Kragsteine und die Rosette sehen wollte.«
    »Ist das die da?«, fragte Munárriz mit ausgestrecktem Arm.
    »Ja. Sie ist eine der symbolträchtigsten Rosetten in ganz Europa.«
    »Mir kommt sie vor wie eine Abfolge ineinander verschlungener Herzen.«
    »Ich freue mich, dass Sie die Kunst mit offenen Augen in sich aufnehmen«, sagte der Priester befriedigt. »Der ursprüngliche Zweck der Rosetten enthält bereits in sich ein Symbol: die Darstellung des leuchtenden Steins, die Kristallisierung der Materie, das Auge des Tempels, das mystische Auge, das imstande ist, das Ende des Weges zu sehen, den der Lernwillige, der Adept, geht.«
    »Ein Symbol für die Bündelung von Kräften, das die Kapelle als wichtigen tellurischen Ort kennzeichnet.«
    »Bei einer Rosette«, fuhr der Geistliche fort, »wird gleichsam das Licht mit einbezogen, um die Vorstellung des Kreises zu verstärken. Es ist eben derselbe Kreis, der im Mittelpunkt der Gralslehre steht. Denken Sie nur daran, dass deren Tische rund waren.«
    »Ich kann mich noch genau an Ihre Worte erinnern.«
    »Diese Rosette besteht, wie Sie so treffend bemerkt haben, aus fünf Herzen. Schon von alters her hat man das Herz als lebenswichtigstes Organ angesehen, als Kraftzentrum des menschlichen Körpers. Aus diesem Grund hält man in Indien das Herz für die Stelle, von der aus der Mensch mit Brahma in Verbindung tritt, dem Schöpfer des Universums und Vater aller Götter. Bei den Juden und Christen ist es der Sitz der Weisheit. Die Zahl fünf steht für die Mitte der ersten neun Ziffern in unserem Zahlensystem. Denken Sie daran, dass man Jesus am Kreuz fünf Wunden zugefügt hat und im Islam die Zahl der Säulen der Frömmigkeit fünf beträgt. Im Übrigen«, schloss er, »ist fünf die Zahl, die mit Maria in Verbindung steht.«
    »Offenbar unterliegt nichts dem Zufall.«
    »So ist es in der Tat. Alles auf dieser Welt und in ihren unterschiedlichen Kulturen greift so genau ineinander wie die Teile eines Uhrwerks. In Indien beispielsweise ist die Fünf das Symbol für das Lebensprinzip. Schiwa, der Dritte in der Triade der Hindu-Götter, wird gelegentlich mit fünf Gesichtern dargestellt, wobei das fünfte zum Himmel blickt, als Symbol für die Erdachse. Diese Glaubensgrundsätze haben die Alchemisten dazu veranlasst, nach dem fünften Element zu suchen, denn nichts anderes bedeutet das Wort ›Quintessenz‹, das es gestatten würde, die vier bereits bekannten, nämlich Erde, Luft, Wasser und Feuer, zu vereinen. Dahinter steht der Gedanke an das Unsterblichkeitselixier, den Schöpfergeist, der dem Leben Dauer zu verleihen vermag. Aus diesem Grunde findet sich die Zahl Fünf bei Verzierungen einer großen Zahl von Kirchen und Kathedralen des Mittelalters immer wieder.«
    »Eine Botschaft für jene, die nach dem Stein der Weisen oder der Quintessenz suchen«, vermutete Munárriz, »der alchemistischen Element-Umwandlung.«
    Der Priester begnügte sich mit einem zustimmenden Nicken.
    »Und was war Begoñas Meinung dazu?«, fragte Munárriz unvermittelt.
    »Sinngemäß nichts anderes, als was Sie eben selbst gesagt haben, nämlich dass sich auf den Steinen dieser Kapelle bedeutende alchemistische Symbole finden. Ich schließe mich dieser Überzeugung nebenbei bemerkt an. Kommen Sie doch bitte einmal mit.«
    Er nahm Munárriz beim Arm, um zu verhindern, dass sein Gast auf dem unebenen Boden einen Fehltritt tat und das Gleichgewicht verlor, und führte ihn zur halbkreisförmigen Apsis. In ihrem oberen Teil wies er ihn dort, wo Mauer und Dach aufeinandertrafen, auf eine Anzahl von Kragsteinen in Gestalt sonderbarer Figuren hin. Es waren Kreuze, Tiere und schwer einzuordnende andere Elemente.
    »Lassen Sie uns einmal um das Gebäude herumgehen«,

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