Schatten des Schicksals
Achseln zuckte. Nun bereute der Arzt dass er Sabrina versichert hatte, sie würde sich bald erholen. »Das Dinner wird ihr wohl kaum schaden«, murmelte er.
»Wie kannst du dich mit den Sklavinnen vergleichen, Sabrina?« schimpfte Skylar.
»Soeben haben wir einen Krieg ausgefochten, um diese armen Menschen zu befreien - weil wir vor Gott alle gleich sind.«
»Trotzdem besitzt du nicht die Konstitution einer Feldarbeiterin.«
Ungläubig musterte Sloan das lächelnde Gesicht seiner Frau. Also waren alle Menschen gleich. Abgesehen von den Indianern.
»Darf ich mich setzen, Sloan?« fragte sie. Als er sich nicht rührte, flüsterte sie: »Bitte! Ich ertrag's einfach nicht, allein in meinem Zimmer, allein mit meinen Gedanken ... «
Resignierend führte er sie zum Tisch und rückte ihr den Stuhl neben seinem zurecht. Myer eilte herbei, um ihr Weinglas zu füllen. Dann zögerte er und schaute James McGregor an, der fast unmerklich nickte. Platten mit Fleisch und Brot und Anne-Maries frischem Herbstgemüse wurden herumgereicht. Dabei beschränkte sich das Tischgespräch auf: »Würdest du mir bitte das Brot reichen?« und: »Vielen Dank.«
Sabrina aß nur wenig und nippte an ihrem Wein. Erleichtert beobachtete Sloan, wie allmählich etwas Farbe in ihre Wangen zurückkehrte. Nach einer Weile bemerkte sie das drückende Schweigen, die angstvollen Blicke, die ihr alle Anwesenden zuwarfen. »O Gott, hätte ich geahnt, dass ich euch den Abend verderben würde, wäre ich nicht heruntergekommen.«
»Sei nicht albern«, erwiderte Skylar hastig, »wir machen uns nur Sorgen ... « Verlegen räusperte sie sich und ,wandte sich zu Sloan. »Ist es wirklich nicht gefährlich, um diese Jahreszeit zu reisen?« fragte sie höflich.
»Auf einem guten Schiff, unter dem Kommando eines tüchtigen Kapitäns kann nichts passieren - nicht einmal bei einer stürmischen Überfahrt. Außerdem muss ich zurückfahren, weil mein Urlaub zu Ende geht.«
»Willst du ihn nicht verlängern?« schlug Skylar vor.,
»Bitte, Skylar, er weiß, was er zu tun hat«, mahnte Hawk. »In der Army gilt man als Deserteur, wenn man nicht rechtzeitig aus dem Urlaub zurückkehrt. Deshalb wurden schon einige Soldaten erschossen.«
»Aber .. . « , begann Sabrina und verstummte abrupt.
»Was wolltest du sagen, meine Liebe?« fragte Sloan.
»Nichts.«
»Würdest du's bitte verraten?«
Sie holte tief Atem. »Also erschießt deine Army nicht nur Indianer, sondern auch Deserteure. Irgendwie verwirrt mich das.«
Grabesstille erfüllte die Halle.
»Erklär doch etwas genauer, was du meinst«, bat Sloan.
»Nun - ich stelle mir vor, in welch schwieriger Lage du bist. Da du der Kavallerie angehörst, reitest du an der Seite von Männern, die zahllose Indianer getötet haben. Was für ein grauenhaftes Dilemma! Gewiss , du redest mit den Weißen, du redest mit den Sioux und versuchst zu erklären, was sie einander mitteilen wollen. Und was geschieht nach den Gesprächen? Was tust du auf dem Schlachtfeld? Umarmen dich alle wie einen Freund? Oder schießen sie auf dich?«
Bedächtig legte Sloan seine Gabel beiseite, stand auf und lächelte die bestürzte Tischgesellschaft an. »Entschuldigt uns bitte. Ich glaube, Sabrina ist doch noch nicht so stark, wie sie glaubt und einem Dinner in größerer Gesellschaft nicht gewachsen.«
» Was ich sage, hat Hand und Fuß«, betonte sie.
»Mag sein«, erwiderte er leise, »aber das sollten wir unter vier Augen erörtern.«
»Sloan, das sind deine Freunde und Blutsbrüder. Sie machen sich Sorgen wegen der Sioux-Kämpfe. Und vielleicht erklären sie dir, dass du im Dakota Territory deines Lebens nicht sicher bist - und deine Frau nicht dorthin bringen solltest. «
Obwohl er sich zu beherrschen suchte, zerrte er sie unsanft von ihrem Stuhl hoch und berührte ihre Stirn. »Die Ärmste fühlt sich wirklich noch nicht wohl.«
»Ja, es ist sehr schlimm, ein Kind zu verlieren«, meinte Gawain MacGinnis mitfühlend.
»Sicher wird es eine Weile dauern, bis diese seelische Wunde heilt«, fügte James McGregor leise hinzu.
»Oh, ich fühle mich sehr gut ... « , begann Sabrina, und Sloan fiel ihr hastig ins Wort.
»Jetzt solltest du dich nicht über das Sioux-Problem aufregen, meine Liebe. Du brauchst Ruhe.« Mit einem Lächeln wandte er sich zu den anderen. Entschuldigt uns und genießt euer Dinner«, bat er, dann führte er Sabrina die Treppe hinauf und drückte sie so fest an sich, dass niemand ihre Gegenwehr bemerkte. In ihrem
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