Schattenjahre (German Edition)
Oberschwester.“
„Ja“, bestätigte sie tonlos, dann vergaß sie ihren Stolz und ihre guten Vorsätze, warf sich schluchzend in seine Arme. „Du wirst mir doch schreiben, Kit? Es tut mir so leid, dass ich dich enttäuscht habe …“
Atemlos wartete sie auf seinen Widerspruch, auf ein tröstliches Wort. Stattdessen zuckte er nur die Schultern, befreite sich aus ihren Armen und entgegnete beiläufig: „Du gehörst eben zu diesen Frauen, die beim Sex nicht so gut sind. Gib mir deine Adresse. Ich schreibe dir lieber zuerst, denn wenn ich im Einsatz bin, kann es wochenlang dauern, bis mir deine Briefe nachgeschickt werden. Angeblich will man uns ins Ausland schicken.“
„Ins Ausland? Aber …“
Er schüttelte hastig den Kopf. „Mehr darf ich nicht sagen. Ich habe dir ohnehin schon zu viel verraten. Im Moment wird das alles noch geheim gehalten.“
Lizzie nahm ein kleines Notizbuch aus ihrer Handtasche, riss ein Blatt heraus und schrieb mit zitternden Fingern ihre Adresse darauf. Er steckte den Zettel ein und lächelte sie aufmunternd an. „Kopf hoch, Kleine! Mach dir keine Sorgen, sobald ich Urlaub kriege, sehen wir uns wieder.“ Normalerweise dachte er kaum über die Folgen seiner Aktivitäten nach und kannte keine Gewissensbisse. Aber als er jetzt in ihr bleiches Gesicht schaute, die tiefe Liebe in den unschuldigen Augen las, regte sich ein seltsames, fremdartiges Gefühl in ihm, das ihn irritierte und mit wachsendem Unbehagen erfüllte. Dieses dumme Ding! Merkte es denn nicht …? Er sah die Reinheit ihrer Gesichtszüge, das weiche blonde Haar, die klare Haut, und plötzlich stieg Reue in ihm auf.
Sie war so schön, ihr Körper biegsam und schlank. Erbost stellte er fest, dass er sie immer noch begehrte, und charakteristischerweise gab er ihr die Schuld daran. Nur ihre mangelnde Erfahrung hatte das erotische Abenteuer verkürzt. Aber obwohl er ihr grollte und sie verlassen wollte, zwang ihn ein unkontrollierbarer Impuls, ihr Gesicht in beide Hände zu nehmen und sie zu küssen.
Heiße Freude stieg in ihr auf. Für ein paar Sekunden hatte sie an ihm gezweifelt. Aber sie war dumm gewesen. Natürlich liebte er sie genauso wie sie ihn.
„Ich schreibe dir, sobald ich kann“, versprach er und wusste, dass er log. Sobald sie getrennt waren, würde er dieses eigenartige, ungewohnte, unerwünschte Gefühl vergessen. Plötzlich kam ihm ein anderer Gedanke. „Du darfst meinem Vetter Edward nichts erzählen …“ Als er ihre Überraschung sah, verbesserte er sich rasch: „Zumindest jetzt noch nicht.“
Verständnisvoll stimmte sie zu. Sicher hat er recht, dachte sie. Diese Liebe war noch zu neu, zu kostbar, um einem Dritten mitgeteilt zu werden.
Sie blickte dem Cabrio nach, bis sich die letzten hochgewirbelten Staubwolken senkten.
Eine halbe Meile entfernt, runzelte Kit die Stirn, weil ihm eine unerfreuliche Möglichkeit einfiel. Lizzie hatte sich zwar bereit erklärt, seinem Vetter nichts zu verraten – aber würde sie immer noch schweigen, wenn er nichts mehr von sich hören ließ?
Im Grunde kümmerte es ihn nicht, was Edward von ihm hielt. Aber es wäre äußerst unangenehm, wenn er sich wegen dieses albernen Mädchens an meinen Vorgesetzten wenden würde, überlegte er. Verdammt, das würde mir gerade noch fehlen …
Am besten schickte er ihr von der Kaserne aus einen kurzen Brief, mit der Erklärung, man würde ihn ins Ausland versetzen, er könne ihr seine neue Adresse nicht geben und auch keine Verbindung mit ihr aufnehmen. Ja, das müsste genügen. Oder er schrieb ihr noch ein paar Briefe, nur zur Sicherheit … Leise fluchte er vor sich hin. Hätte er sich doch bloß nicht mit ihr eingelassen!
Zum Teufel mit Edward, der sich immer in alles einmischen musste … Auf keinen Fall durfte Kit riskieren, dass der Vetter ihm Schwierigkeiten bereitete, so geringfügig diese auch sein mochten. Er war bereits zweimal verwarnt worden, und nach einer dritten Disziplinarstrafe würde er nie mehr am Steuer eines Kampfflugzeugs sitzen. Das wäre unerträglich.
Wenn er etwas liebte, dann war es das Fliegen. Und der Nervenkitzel während einer Kampfhandlung übertraf alles, was ihm sexuelle Erlebnisse bieten konnten.
Eine Mischung aus Glück und Kummer erfüllte Lizzies Herz. Sie war glücklich, weil sie Kit gefunden und sich ihm hingegeben hatte, um ihre Liebe zu beweisen. Die Erinnerung an die Qualen und den Schock verdrängte sie jetzt, selbstlos dachte sie nur an Kit, seine Freude, seine
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