Schattenkrieger: Roman (German Edition)
schmächtig. »Frostwehr verfügt über einen starken Zirkel. Schickt so viele Hexen, wie ihr könnt.«
»Einschließlich Yllandris sind sieben in Herzstein«, erklärte der König. »Damit haben wir insgesamt fünfzehn, wenn man die Zirkel aus der Ostmark und der Seemark einschließt.« Er blickte zu den Häuptlingen, die neben ihm saßen. Beide nickten zustimmend.
»Das sollte reichen«, entschied der Schamane. Er blickte zur Decke und hob die mächtigen Arme. »Durchsucht die Hohen Klippen. Findet alle Männer, die den Funken der Magie in sich tragen, und holt sie her. Ich will noch mehr Brüder erschaffen.« Damit begann er zu flimmern, und sein Körper streckte sich und wurde schmaler. Schließlich fiel die ganze Gestalt in sich zusammen, bis nur noch eine winzige Lichtkugel über dem Boden schwebte.
Sie verblasste, und plötzlich flog ein schwarzer Rabe auf. Der verwandelte Schamane krächzte noch einmal und flatterte nach oben, um durch den Rauchabzug in der Holzdecke zu verschwinden.
Magnar, der König der Hohen Klippen, blickte Yllandris mit geschürzten Lippen an. »Du solltest dich auf die Reise vorbereiten. Sag auch den anderen deines Zirkels Bescheid. Die Nordmark ist mindestens zehn Tagesmärsche entfernt, und der Weg ist beschwerlich. Wir sehen uns, wenn du nachher zurückkehrst.«
Yllandris fluchte lautlos und schoss giftige Blicke auf Krazka und Orgrim ab, die amüsiert grinsten. »Ja, mein König«, antwortete sie eine Spur zu liebenswürdig. Er kniff die Augen zusammen. Sie gab jedoch nichts auf sein Missvergnügen, deutete einen Knicks an, drehte sich um und marschierte zum Ausgang.
Sie hatte damit gerechnet, längst in seinem Bett zu liegen, wie es in den letzten paar Monaten so oft geschehen war. Stattdessen musste sie sich nun auf eine beschwerliche Reise in die eiskalte Nordmark vorbereiten und sich mit einem feindseligen Hexenzirkel herumschlagen.
Eines wusste sie genau. Wenn sie und König Magnar von den Hohen Klippen erst ihre Vereinigung beschworen hatten und als Mann und Frau lebten, würde sie nicht untätig auf dem Thron sitzen und sich von einem halb wahnsinnigen Unsterblichen herumkommandieren lassen.
Ein Magierfürst konnte sterben wie jeder andere, so viel war sicher.
Die Reise des Helden
Cole erwachte eine Weile nach dem zehnten Stundenschlag. Sein Kopf pochte, und er hatte einen üblen Geschmack im Mund. Ein Blick auf die von Erbrochenem bedeckte Kleidung, die auf dem Boden seines engen Schlafquartiers verstreut war, bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen.
Wie spät war es gewesen, als er das Gorgo verlassen hatte und im Regen nach Hause gestolpert war? An den kurzen Rückweg in seine bescheidene Behausung konnte er sich nicht erinnern, und von den mehr als vier Stunden davor, die er damit verbracht hatte, sich sinnlos zu betrinken, waren nur noch Bruchstücke vorhanden. Alles in allem hatte er großes Glück gehabt, dass er überhaupt heil zu Hause angekommen war. Der Koben war eines der übelsten Stadtviertel, und ein Mann, der mitten in der Nacht betrunken allein nach Hause schlurfte, war ein willkommenes Opfer für Diebe und Halsabschneider.
Diesen Ausgang hatte er nicht beabsichtigt. Nach seinem dramatischen Abschied im Tempel der Großen Mutter hatte Cole vorübergehend davon geträumt, einen wagemutigen Raubzug zu unternehmen, einem mächtigen Magistrat die Taschen zu plündern und triumphierend zu seinen beschämten Gefährten zurückzukehren. »Seht her!«, hätte er gerufen. »Eine fürstliche Beute und genug Gold und Edelsteine, um einen vernichtenden Schlag gegen Salazars Macht zu führen!«
Leider hatte er nur ein paar Hundert Schritte vom Tempel entfernt schreckliche Schmerzen in den Rippen bekommen und beschlossen, seine Heldentaten auf einen anderen Abend zu verschieben. Lieber wollte er nach Hause gehen, doch war er auf dem Heimweg aus unerklärlichen Gründen abgeirrt.
Cole runzelte die Stirn. Nach und nach schälten sich einige Einzelheiten aus den diesigen Abgründen der Erinnerung: Zwei Frauen, die ihn anstrahlten, ein freundlicher alter Mann, der ihn in den Arm genommen, ihn »mein Junge« genannt und ihm erklärt hatte, alles werde gut. Wieder betrachtete er seine Kleidung. Hoffentlich hatte er sich nicht in Verlegenheit gebracht.
Cole warf die Decke ab und rutschte vorsichtig von der Strohmatratze herunter. Wacklig stand er auf und blieb eine Weile völlig reglos stehen, weil sich das Zimmer um ihn drehte und die plötzlich aufwallende
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